Teamorientiert? Eine teamorientierte Organisation schaffen

Für den Erfolg von Teams ist entscheidend, dass die Mitarbeiter und ihre Arbeitsweise teamorientiert sind. Viele übersehen dabei, dass es für gute Teamarbeit auf wesentlich mehr als auf die Teams und ihre einzelnen Mitglieder ankommt. Erst eine ganzheitlich teamorientierte Organisation schafft ein gutes Umfeld für Teamarbeit. Manche Firmen und Führungskräfte lassen Teams aufblühen – andere ersticken die Zusammenarbeit. Der Schlüssel für Teamorientierung liegt nicht alleine bei den einzelnen Mitarbeitern.
Dieses Kapitel gibt daher eine breite Perspektive auf Aspekte der Teamorientierung. Es zeigt, worauf es ankommt bei Führung, Personalmanagement, Unternehmenskultur, Zielen, Anreizen und Ressourcen – damit Unternehmen Teams aufblühen lassen und nicht ausbremsen. Und der Text zeigt, was teamorientierte Mitarbeiter kennzeichnet.

Autor: Diplompsychologe Professor Dr. Florian Becker

Teamorientiertes Umfeld? Manchmal ist das Umfeld von Teams feindselig, erstickt die Zusammenarbeit, macht alles träge
Ist die Organisation teamorientiert? Manchmal ist das Umfeld von Teams feindselig, erstickt die Zusammenarbeit, macht alles träge

Teamorientierte Organisation: So stimmt das Umfeld

Höchstleistung von Teams ist ohne ein teamfreundliches Klima nicht möglich (Gladstein, 1984). Wann ist ein Unternehmen teamorientiert? Welche Aspekte sind zentral, damit eine Organisation teamorientiert wird? Das Umfeld ist ein sehr entscheidender Aspekt, damit Teams erfolgreich arbeiten können (Peters, O’Connor und Eulberg, 1985; Tesluk und Mathieu, 1999).

Ein teamorientiertes Umfeld als Basis für Leistung in Teams
Ein teamorientiertes Umfeld als Basis für Leistung in Teams

Manche Unternehmen schaffen (oft unbewusst) ein toxisches Klima für Teamarbeit – andere bieten einen super Kontext für Teams. Was sind die entscheidenden Aspekte? Das macht eine teamorientierte Organisation aus:

  1. teamorientierte Führung
  2. teamorientiertes Personalmanagement
  3. teamfreundliche Unternehmenskultur
  4. teamfreundliche Ziele und Anreize
  5. Ressourcen für Teamarbeit

Das Kapitel vertieft jeden dieser Aspekte in einem eigenen Abschnitt. Los geht es mit teamorientierter Führung.

Teamorientierte Führung

Teamorientierte Führung ist nicht selbstverständlich. Aber sie ist wichtig, damit Teams ihr Leistungspotenzial ausschöpfen (Druskat und Wheeler, 2003). Wie genau sieht ein teamorientierter Führungsstil aus?
Vor allem transformationale Führung und Führung, die darauf gerichtet ist, die Selbständigkeit von Teams zu erhöhen, zeigen positive Effekte auf die Leistung von Teams (Stewart, 2006). Ein angemessenes Ausmaß an Autonomie (Empowerment) für Teams hat sich daher als leistungssteigernd gezeigt (Seibert, Silver und Randolph, 2004). Zunehmend flache Hierarchien in Unternehmen, größerer Mitarbeiterzahl für einzelne Führungskräfte sowie steigende Autonomie in den Teams spiegeln diese Entwicklung.

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Solche weitgehend autonomen Teams, die sich zunehmend aus interdisziplinären Experten zusammensetzen, verlangen nach ganz anderen Führungssystemen. Anstelle des kontrollierenden Blicks über die Schulter von einem, „der es besser weiß und das Sagen hat“ stellen sich heute neue Anforderungen an Führungskräfte. Ein zeitgemäße Führung von Teams äußert sich in einer Rolle als Motivator, Moderator, Berater, Wegbereiter für das Team nach außen und Ansprechplattform nach innen: Sei dies bei der Bereitstellung von Ressourcen, Hilfe bei individuellen Problemen, Spannungen unter den Gruppenmitgliedern oder dem Erkämpfen von Handlungsspielraum für das Team. Wachsende Bedeutung hat daher für Führungskräfte die Rolle als Bereiter des Umfeldes in dem die Teamleistung gedeihen kann. Das bedeutet, die Führungskräfte von Teams orientieren sich mehr nach außen, um Hindernisse für erfolgreiche Teamarbeit zu beseitigen, nötige Ressourcen zu organisieren und Rahmenbedingungen zu schaffen. Führung ist also immer mehr ein Miteinander auf gleicher Augenhöhe und eine Dienstleistung für Teams, damit diese erfolgreich arbeiten können. Manche sprechen sogar von „servant leadership“, die Führungskraft als Diener des Teams. Zeitgemäße Führung von Teams fordert zwar die übergeordneten Ergebnisse ein, kontrolliert und steuert aber nicht die genauen Prozesse.

Teamorientiertes Personalmanagement

Auch Bereiche des Personalmanagements, insbesondere die Personalauswahl und Personalentwicklung können und sollten teamorientiert gestaltet sein (Kirkman und Rosen, 1999).
Geeignete Mitglieder in Teams brauchen eher breitere Qualifikationen, um sich mit den Teammitgliedern verständigen zu können, die andere Fachkompetenzen haben. Darüber hinaus bestehen erhöhte Anforderungen an soziale Kompetenzen und die Persönlichkeitsstruktur bei Mitarbeitern in Teams – dazu in späteren Kapiteln mehr. Zudem ist die Projektarbeit in Teams durch noch stärkere Veränderung geprägt als andere Tätigkeiten. Stichworte wie Wissensgesellschaft, lebenslanges Lernen und lernende Organisation spiegeln diesen Veränderungsbedarf wider.

Um die nötigen Generalisten mit dem aktuellen Fachwissen in immer neuen Tätigkeitsbereichen für Teams zur Verfügung zu stellen, ist eine Infrastruktur zur Kompetenzentwicklung oder zumindest die zeitliche und finanzielle Unterstützung der Mitarbeiter, um sich hier zu entwickeln, wichtig. Entscheidend ist entsprechende Möglichkeiten für die Einübung von Teamkompetenzen anzubieten.
Um das zu unterstützen ist bei der Personalauswahl vermehrt auf Lernfähigkeit und Lernwilligkeit zu achten, zudem auf Offenheit, sich auch in neue Themengebiete einzuarbeiten.

Ergebnis einer teamorientierten Personalauswahl und von entsprechenden Entwicklungsangeboten sind dann teamorientierte Mitglieder für Teams. Was kennzeichnet Personen, die sich teamorientiert verhalten? Das zeigt der Schaukasten.

Perspektive: Teamorientierte Arbeitsweise

Teamorientiertes Verhalten ist das Ziel einer teamorientierten Personalauswahl. Diese Punkte kennzeichnen eine teamorientierte Arbeitsweise:

  • Teamplayer sind eher extrovertiert und gerne in Kontakt mit anderen Menschen
  • Verträglichkeit ist ein wesentliches Persönlichkeitsmerkmal bei Teammitgliedern. Teamorientierte Arbeitsweise strebt gute und vertrauensvolle Beziehungen mit anderen Menschen an, ist empathisch und vermeidet Beziehungskonflikte.
  • Das zuverlässige Erledigen der eigenen Aufgaben ist wesentlich und zeichnet Person aus mit hohen Werten auf dem Persönlichkeitsmerkmal Gewissenhaftigkeit.
  • Emotionen stecken an (Barsade, 2002). Teamorientierte Teammitglieder strahlen positive Emotionen und Energie auf andere aus, die sie in sich tragen.
  • Geeignete Mitglieder in Teams sind intelligent (Bell, 2007). Auf dieser Grundlage helfen sie ihrem Team bei Herausforderungen diese effektiv zu lösen. Sie durchschauen Herausforderungen und geben konstruktive Orientierung zum Umgang damit.
  • Teamorientierte Mitarbeiter verhalten sich in kritischen Situationen ruhig und kontrolliert. Während andere ausrasten, herumschreien oder heulen würden, bleiben sie emotional stabil.
  • Eine teamorientierte Arbeitsweise berücksichtigt die Grundregeln der Teamkommunikation – wertschätzender Umgang, konstruktives Feedback geben und empfangen können, die eigenen Standpunkte fokussiert und verständlich vermitteln.

Teamfreundliche Unternehmenskultur

Eine teamfreundliche Unternehmenskultur ist ein weiterer zentraler Nährboden für erfolgreiche Teamarbeit (Mathieu et al., 2007). Wo Unternehmenskultur stark individualistisch und egomanisch am rein individuellen Erfolg orientiert ist, fällt es schwer, erfolgreiche Teams zu bilden. Bezeichnenderweise kommen zahlreiche frühe Ansätze der Teambildung aus skandinavischen und asiatischen Ländern mit starkem solidarischen oder kollektiven Denken – etwa autonome Arbeitsgruppen (Schweden) oder Qualitätszirkel (Japan). Wichtig ist, dass insbesondere das obere Management Teambildung unterstützt, ja sogar erwartet und idealerweise als Beispiel und Vorbild vorlebt.
Akzeptanz, Problembewusstsein und Unterstützung im Umfeld eines Teams sind wichtig, wenn es erfolgreich arbeiten soll. Dafür ist es bedeutend, dass Mitglieder oder deren Vorgesetzte und Abteilungen möglichst die Teilnahme an der Teamarbeit als Gewinn, zumindest nicht als Nachteil betrachten und auch Anreize entsprechend gestalten. Gleiches gilt für alle übrigen Entscheider, die den Erfolg des Teams beeinflussen können. Direkter Kontakt mit dem Team und die Einbeziehung dieser wichtigen externen Torhüter der Teamleistung ist hilfreich.

Teamorientierte Ziele und Anreize

Teamfreundliche Ziele und Anreizsysteme sind notwendig, um das Engagement in Teamarbeit nicht zu untergraben und zu fördern (Hyatt und Ruddy, 1997). Mit dem Einzug von Teamarbeit sind auch Anreizsysteme vor Herausforderungen gestellt. Anstatt lediglich Individualleistungen zu belohnen sind auch zunehmend Gruppenleistungen zu honorieren, ansonsten drohen Leistungseinbußen (Kleingeld, van Mierlo und Arends, 2011). Keinesfalls darf eine Leistung für die Gemeinschaft durch den Verlust individueller Belohnung bestraft werden. Eine Aufgabe ist also für Teams so zu gestalten, dass sich individuelle Bedürfnisse mit den Teamzielen und Belohnungssystemen möglichst decken. Denkbar sind in diesem Zusammenhang insbesondere Anreize, die in Form von Ressourcen das ganze Team belohnen und ihrerseits wieder der Teamleistung zugute kommen. Dieses könnten etwa gemeinsame Zeit miteinander im Team oder die Finanzierung von Qualifikationsangeboten sein. Darüber hinaus ist es in Teams wichtig, die Einzelleistung – wo möglich – sichtbar zu machen. Das spornt – gerade in individualistischen Kulturen – die Mitarbeiter an und erschwert es Leistungsvermeidern sich in der Gruppe als soziale Trittbrettfahrer zu verstecken.

Ressourcen für Teamleistung

In der unmittelbaren Umwelt von Teams bestehen Basisressourcen für Teamleistung – oder sie bestehen eben nicht (Ancona und Caldwell, 1992).
Das betrifft zum einen Zeit und Entscheidungsspielraum. Ohne entsprechende zeitliche Kapazitäten, die bei den einzelnen Mitgliedern im Team natürlich abgestimmt sein sollten, ist Leistung schwer möglich. So nützt etwa ein Qualitätszirkel wenig, bei dem die Teilnehmer nicht von ihren Abteilungsleitern unterstützt werden und die nötige freie Zeit bekommen. Zielführend sind hier Ansätze, die feste Zeitfenster für Teamaktivitäten freistellen. Besonders bekannt ist damit Google geworden, das seinen Programmierern 20 Prozent der Arbeitszeit für selbstgesteuerte Teamarbeit frei gab.
Auch weitere Ressourcen wie Finanzen, Räumlichkeiten und Infrastruktur spielen eine zentrale Rolle für den Erfolg eines Teams. Beispielsweise kann die Architektur von Gebäuden Zusammenarbeit im Team unterstützen, indem sie Kommunikationsräume und Rückzuggebiete für Teams schafft und physische Barrieren wie Einzelzimmer und große räumliche Distanzen zwischen den Mitgliedern eines Teams reduziert. Eine zentrale Ressource für Teamleistung sind die für die Aufgabe notwendigen Materialien. Ohne Material keine Leistung – und keine guten Ergebnisse. Diese eigentlich selbstverständliche Regel ist insbesondere in Zeiten von Teilemangel offensichtlich – etwa in der Automobilindustrie der Chipmangel im Jahr 2021.
Eine weitere zentrale Ressource für Teamleistung sind Informationen. Teams brauchen Zugriff auf die relevanten Informationen im Unternehmen, um ihre Aufgaben zu erledigen. Auch hier treten in der Praxis Schwierigkeiten auf – etwa wegen mangelnder Zugänglichkeit und Transparenz, wenn Abteilungen sich in ihrem Kompetenzbereich bedroht, ausspioniert oder übergangen fühlen und deshalb nicht kooperieren wollen. Informationen werden dann nicht selten zurückgehalten, verzerrt oder selektiv weitergegeben.

Aus den genannten vielfältigen Aspekten der Umwelt wird klar: Ohne eine teamorientierte Gestaltung der Umwelt können Teams nicht erfolgreich sein. All die verschiedenen Punkte hängen auch von „politischer Rückendeckung“ für Teamarbeit in der Firma ab. Der nächste Abschnitt leitet die wesentlichen Tipps für eine auf Teams ausgerichtete Organisation ab.

Teamorientierte Organisation: Tipps

Die Umgebung von Teams ist daher ein zentrales Handlungsfeld für Führungskräfte. Was ist wichtig für ein teamorientiertes Unternehmen? Im Schaukasten die wesentlichen Tipps, um eine teamorientierte Organisation aufzubauen.

Praxistipps

Führungskräfte können viel unternehmen, um ein leistungsfreundliches Umfeld für Teams herzustellen. Folgende Fragen sind für diese Optimierung besonders wichtig:

  • Verfügt die Gruppe über ausreichend Ressourcen in Form von Zeit, Entscheidungsspielraum, Informationen und Infrastruktur?
  • Ist der eigene Führungsstil fit für die Führung von Teams? Kann man hohe Leistungsnormen, Zusammenhalt und Autonomie in Teams herstellen? (Dazu mehr in späteren Kapiteln.)
  • Achten Personalauswahl und Personalentwicklung auf Teamkompetenzen wie Lernfähigkeit und -willigkeit, sowie soziale Kompetenzen und Sozialverhalten?
  • Betonen Nationalkultur und Unternehmenskultur Kooperation, Zusammenarbeit und schnelles Vertrauen zu neuen Teammitgliedern (günstig für Teamarbeit) oder eher individualistisches Denken und Distanz zu unbekannten Personen (wenig geeignet für Teamarbeit)?
  • Sind die Ziel- und Anreizsysteme auf Teamarbeit ausgerichtet oder wird vielleicht sogar Kooperation bestraft und Individualismus belohnt?

Als Führungskraft wird man einige dieser Aspekte direkt beeinflussen können, etwa den eigenen Führungsstil. Andere wird man eher indirekt über Auswahlentscheidungen beeinflussen. Etwa über die Entscheidung, wen man bei der Teamzusammenstellung in ein Team lässt oder eher nicht oder über die Entscheidung, ob in einer bestimmten Nationalkultur oder Unternehmenskultur ein erfolgreicher Einsatz von Teams überhaupt möglich ist.

Das Umfeld von Teams hört natürlich nicht am Werkstor auf. Die Nationalkultur bildet ebenfalls einen Kontext, der Teamarbeit befördert – oder behindert. Dazu der nächste Abschnitt.

Nationalkultur und Teamarbeit

Individuen, Teams und Organisationen sind in eine weitere Umwelt eingebettet. Hier spielt die Nationalkultur eine Rolle, in wie weit Teamarbeit überhaupt erwünscht und möglich ist (vgl. Ma und Becker, 2015). Führungskräfte mit internationaler Erfahrung können oft beobachten, wie unterschiedlich gut Teamarbeit in verschiedenen Kulturen funktioniert. So gibt es beispielsweise Kulturen, in denen man schnell Vertrauen zu neuen Kollegen fasst und kooperiert (etwa Deutschland) und Kulturen, in denen Vertrauen und Kooperation nur sehr langsam wachsen (etwa China). Insgesamt scheinen kollektivistisch orientierte und egalitäre Kulturen Vorteile für Teamarbeit zu bieten (Earley, 1999; Kirkman, Gibson und Shapiro, 2001). Deutschland ist für Teamarbeit insgesamt gut geeignet, da die Kultur erstens egalitär ist und Statusunterschiede vergleichsweise wenig betont (Teams sind sehr hierarchiefrei), zweitens wenig individualistisch geprägt ist (Teamarbeit ist letztlich kollektivistisch) und weniger harte Grenzen zu erstmal unbekannten Menschen zieht als das in vielen anderen Kulturen ist. Zahlreiche andere Kulturen sind von einem starken Innengruppen-Denken geprägt, in dem man die eigene Familie und das eigene Netzwerk stark bevorzugt und sich gegenüber aussenstehenden eher opportunistisch und rücksichtslos verhält. Das ist für spontane Kooperation mit neuen Menschen, die Teamarbeit oft erfordert, dann wenig geeignet.

Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.

Teamorientiertes Unternehmen: Literatur

Aktuelle Literatur-Tipps zu einem teamorientiertem Umfeld.

Tipp
Tipp
Tipp

Zu einem teamorientierten Unternehmen gehört also auch teamorientierte Führung. Das nächste Kapitel wirft deshalb einen tiefen Blick auf Teamführung.