Teamarbeit: Definition und Merkmale

Was ist Teamarbeit? Viele denken, dass Teamarbeit im Kern bedeutet, dass man gemeinsam an etwas arbeitet. Das ist ein Irrtum. Hier setzt das Kapitel an. Es schafft mit einer Definition von Teamarbeit Klarheit über die Bedeutung von Zusammenarbeit in Arbeitsgruppen. Dann diskutiert es die Herausforderungen und besondere Merkmale der Teamarbeit. Daraus folgen Tipps für gute Teamarbeit und die Auswahl der richtigen Teammitglieder.

Autor: Diplompsychologe Professor Dr. Florian Becker

Teamarbeit bedeutet selbstorganisiert an einer gemeinsamen Aufgabe zu arbeiten
Teamarbeit bedeutet selbstorganisiert an einer gemeinsamen Aufgabe zu arbeiten

Teamarbeit: Definition

Was bedeutet Teamarbeit? Den Kern trifft folgende Definition von Teamarbeit:

Teamarbeit ist die arbeitsteilige Bearbeitung von Aufgaben durch mehrere Personen, die interagieren und ihre Zusammenarbeit weitgehend autonom selbst organisieren.

Das besondere an Teamarbeit ist also nicht das arbeitsteilige Bearbeiten von Aufgaben. Erst die Autonomie über weite Bereiche der Zusammenarbeit, die Selbstorganisation und Interaktion definieren Teamarbeit. Die Abbildung verdeutlicht das.

Definition von Teamarbeit
Teamarbeit: Diese vier Kriterien definieren die Arbeit im Team

Teamarbeit definiert sich also weit über reine Arbeitsteilung hinaus (vgl. Xyrichis und Ream, 2008). Arbeitsteilung hat man auch bei einzelnen Mitarbeitern, die ein Chef direktiv und autoritär führt. Ein Extrembeispiel ist Arbeit an einem Fließband. Jeder Mitarbeiter macht dort vielleicht nur einen Handgriff, es herrscht starke Arbeitsteilung. Aber wir würden die Arbeit am Fließband niemals als Teamarbeit bezeichnen. Warum nicht? Weil die Technologie des Fließbands die Arbeit organisiert und bestimmt, nicht die einzelnen Mitarbeiter. Diese brauchen im Extremfall überhaupt keine Abstimmung untereinander. Sie co-agieren, arbeiten nebeneinander her – aber sie interagieren nicht. Tatsächlich gibt es unter solchen Bedingungen in Schwellenländern sogar teilweise Aufpasser am Fließband, die darauf achten, dass Mitarbeiter eben gerade nicht miteinander reden und nicht interagieren, sich nur auf die Arbeitsaufgabe konzentrieren.

Und es lohnt sich für Praktiker diese Definition der Teamarbeit sehr ernst zu nehmen. Denn steigende Autonomie und Selbstorganisation führen zu steigender Teamleistung (Burke et al., 2006). Tatsächlich gibt es Teamarten in der Praxis, die den Teamgedanken der Selbstorganisation stark betonen – etwa agile Teams. Aber nicht überall wo „Team“ draufsteht ist auch „Team“ drin. Im Kontrast zu den Forschungsergebnissen und der obigen Definition ist vieles, was sich in der Praxis als „Team“ bezeichnet, nur ein Pseudo-Team. Typisch für Pseudo-Teams sind Abteilungen in bürokratisch organisierten Unternehmen. Mitarbeiter arbeiten dort dann parallel und mit wenig Selbstorganisation und Interaktion nebeneinander her. Es handelt sich dabei nicht wirklich um Teams, auch wenn sich diese selbst oft so betrachten und nennen.

Aus dieser Definition für Zusammenarbeit im Team leiten sich auch ganz konkrete Merkmale von Teamarbeit ab.

Merkmale von Teamarbeit

Aus der Definition leitet sich ab, welche Merkmale Teamarbeit hat. Teams bringen ganz eigene Herausforderungen und Anforderungen mit sich (Stevens und Campion, 1994; McNeese und Rentsch, 2001). Mit der selbstorganisierten Arbeit in der Gruppe gehen wichtige Veränderungen gegenüber der Einzelarbeit einher. Das sind die entscheidenden Merkmale von Teamarbeit:

  • Intensive Kommunikation und Interaktion. Mitarbeiter in Teams kommunizieren mehr miteinander, sie müssen sich selbst abstimmen und koordinieren. Dazu kommt, dass immer mehr Kommunikation in digitalen Kanälen und Medien stattfindet. Im Extrem handelt es sich um virtuelle Teamarbeit.
  • Umgang mit Diversität. Teamarbeit beinhaltet auch eine viel intensivere Exposition zu anderen Menschen, zu unterschiedlichen Personen. Mehr Kontakt mit Menschen bedeutet auch mehr Kontakt zu anderen Persönlichkeiten, Kulturen, Altersgruppen, Fachkompetenzen und Werten. Teammitglieder sind gefordert, kompetent auf diese Herausforderung zu reagieren.
  • Mehr Entscheidungen. Autonomie und Selbstorganisation in Teams führen dazu, dass die Teammitglieder sich mehr mit Entscheidungen befassen – auch Entscheidungen die sonst eine Führungskraft treffen würde.
  • Selbständigkeit. Es hört sich erst einmal paradox an: Warum sollte jemand selbständiger sein, wenn er doch im Team arbeitet? Tatsächlich bedeutet die Arbeitsteilung bei Teamarbeit, dass Teammitglieder häufig eine bestimmte Rolle alleine wahrnehmen und zuverlässig erfüllen müssen – ganz ohne dass ihnen ein Chef ständig „über die Schulter“ blickt oder jemand anderes hilft. Das erfordert hohe Eigeninitiative und selbständige Handlungsfähigkeit.
  • Breites Aufgabenspektrum. Typischerweise sind die Aufgaben bei Teamarbeit breiter und vielseitiger im Vergleich zu Mitarbeitern, die einzeln arbeiten. Es gehört dazu, mal in die Rolle eines anderen Teammitglieds ein zu springen. Im Fußball wäre das beispielsweise ein Stürmer, der auf einmal im Tor steht, weil der Torwart am Boden liegt. Zudem brauchen Mitglieder ein übergreifendes Verständnis der Funktionen der anderen Teammitglieder, um mit diesen gut zusammenarbeiten zu können. Der Torwart muss sozusagen auch verstehen, wie ein Mittelfeld arbeitet, um wirklich ein guter Torwart zu sein. Entsprechend haben gute Teammitarbeiter eine breitere Kompetenz – auch über ihren eigenen Tätigkeitsbereich hinaus.
  • Teambuilding. Sobald Mitarbeiter sich in Teams organisieren, gilt es sich um diese Teams und deren Zustand zu kümmern. Teams erfordern ein stärkeres Wir-Gefühl, eine soziale Identität und Bindungskraft. Man nennt das Gruppenkohäsion oder umgangssprachlich auch Teamgeist (Dion, 2000). Wichtig ist hier auch, dass es Einigkeit über ein attraktives gemeinsames Ziel gibt. Teambuilding erfordert teamorientierte Personen (Stark, Shaw und Duffy, 2007) und Flexibilität bei den einzelnen Teammitgliedern.
  • Gruppendynamik. Sobald Menschen in Teams arbeiten, tritt Gruppendynamik auf. Es kommen gruppendynamische Herausforderungen wie eine klare Rollenverteilung im Team und der Umgang mit Bedrohungen für den Zusammenhalt wie Teamkonflikte und soziale Trittbrettfahrer. Idealerweise gelingt es Teams die positive Synergie zu maximieren – voneinander zu lernen, sich gegenseitig zu motivieren und dafür zu sorgen, dass jedes Teammitglied macht, was es am besten kann.

Diese Merkmale der Teamarbeit haben auch Konsequenzen auf die Anforderungen an Mitarbeiter. Das Schlagwort Teamfähigkeit fasst vieles zusammen, was Kommunikation, Selbstorganisation und zuverlässige selbständige Arbeit betrifft. Es gilt Teammitglieder zu entwicklen für mehr digitale Kompetenz, Selbstdisziplin, Selbständigkeit und interkulturelle Sensibilität (Holtbrügge et al., 2011).

Die wissenschaftliche Definition und die Merkmale von Teamarbeit weisen direkt auf praktische Tipps für gute Teamarbeit hin.

Gute Teamarbeit: Tipps

Aus der Definition und den Merkmalen der Teamarbeit ergeben sich konkrete Tipps, die gute Teamarbeit ermöglichen.

Tipps: Gute Teamarbeit ermöglichen
Bei der Umschaltung auf Teamarbeit, müssen auch Mitarbeiter umschalten. Teamfähigkeit ist daher nicht nur ein Schlagwort, sondern gute Teamarbeit verlangt einen großen Kompetenzsprung von den Mitarbeitern. Das ist bei der Teamzusammenstellung und Personalentwicklung erfolgsentscheidend für gute Teamarbeit.

  • Bei der Auswahl und Entwicklung als Teammitglied ist die Kompetenz in Kommunikation zentral. Dabei ist zu denken an Zuhören, Feedback konstruktiv geben und annehmen können, Ideen klar und fokussiert präsentieren können und wertschätzenden Umgang. Zeitnahe und klare Kommunikation sind entscheidend für den Erfolg von Teams (Kock und Lynn, 2012).
  • Fehlende fachliche Kompetenzen stören die erfolgreiche Selbstorganisation. Dabei brauchen Teammitglieder nicht nur fachliche Tiefe in ihrer Kernkompetenz, sondern auch ein grundlegendes Verständnis der fachlichen Kompetenzen und Rollen der anderen Teammitglieder, um das „große Ganze“ zu verstehen und sich selbst zu organisieren. Ziel ist die Fachbereiche der anderen zu respektieren und so weit zu verstehen, dass man ihnen zuarbeiten kann. Das fördert die Effizienz in der Kommunikation und senkt Konflikte (Pelled, Eisenhardt und Xin, 1999).
  • Die selbstorganisierte Arbeit im Team erfordert zusätzlich die Förderung von Selbständigkeit und Proaktivität. Mitarbeiter, die passiv auf Anweisungen „von oben“ warten, sind ungeeignet für Teamarbeit.
  • Neben den verschiedenen Kompetenzen ist bei Teammitgliedern vor allem die Persönlichkeit entscheidend (Barrick et al., 1998; Kinlaw, 1991). Inkompatible Persönlichkeiten, die sich vielleicht vorher noch „aus dem Weg gehen“ konnten, sind bei Teamarbeit auf einmal im engen Kontakt. Teammitglieder, deren Charakter bei Einzelarbeit oder Parallelarbeit noch akzeptabel war, wirken sich in der engen Interaktion in Teams dann direkt toxisch auf die Kollegen aus und zersetzen gute Teamarbeit. Zu denken ist an unverträgliche Personen, die Konflikte suchen, Menschen, die emotional instabil sind, bei geringen Anlässen schreien oder weinen oder Mitarbeiter, die ihre Aufgaben nicht zuverlässig erledigen.
  • Eng mit der Persönlichkeit verbunden ist auch die emotionale Ausstrahlung von Menschen, mit der diese andere „anstecken“ (z.B. Barsade, 2002). Welche Grundemotion bei Teammitgliedern ist vorteilhaft für gute Teamarbeit? Positive Emotionen am Arbeitsplatz führen zu einem breiteren Aufmerksamkeitsfokus und kreativerem Denken (vgl. Fredrickson, 2009). Sie gehen einher mit hoher Motivation der Mitarbeiter (z.B. Balducci, Fraccaroli und Schaufeli, 2010; Sonnentag et al., 2008). Wer solche Emotionen in sich trägt und ausstrahlt, ist eine Bereicherung für alle anderen im Team.
  • Teamarbeit ist abwechslungsreicher als klassische Arbeitsformen und von einem Wandel der Rollen und Aufgaben geprägt. Das erfordert von Teammitgliedern eine größere Offenheit für Veränderung und Bereitschaft Neues zu lernen und sich zu entwickeln.

Das entscheidende definierende Merkmal von Teamarbeit ist die Selbstorganisation der Arbeit. Das bedeutet auch für die Teamführung ein Umschalten und einen Wandel weg von der Führung einzelner Mitarbeiter.

  • Viele „Teams“ in der Praxis sind Pseudo-Teams, haben kaum Selbstorganisation und Interaktion. Sie sind durch abhängig geführte und parallel arbeitende Mitarbeiter gekennzeichnet. Das steht dem Teamgedanken und der Leistungsfähigkeit direkt entgegen (Burke et al., 2006). Gute Teamführung schafft andere Voraussetzungen. Sie fördert einen teamorientierten Kontext, in dem Teams möglichst befreit von externer Abstimmung und selbstorganisiert ihre Aufgaben erledigen können.
  • Je mehr Freiraum Teams haben, desto besser kann die erforderliche Selbstorganisation gelingen. Starre Strukturen, Reglementierung in Form von rigiden Rollen, Vorschriften, Anträgen, Formularen, Koordinationszwang und Abstimmungszwang sind teamfeindlich. Enge Entscheidungsspielräume ersticken gute Teamarbeit. Besonders Ansätze für agile Teamarbeit berücksichtigen diese Anforderung nach Freiraum gut.
  • Führungskräfte von Teams sollten sich bei der Regelung der internen Rollen und detaillierten Arbeitsabläufe im Team zurückhalten. Kleinauflösende Ziele und direktive Aufträge für einzelne Teammitglieder und deren Kontrolle sind kein Merkmal von guter Teamführung. 
  • Führungspersonen sollten allerdings auf Teamebene klare Anforderungen an die Arbeitsergebnisse definieren und schlüssige Konzepte und termingerechte Ergebnisse vom Team als ganzes einfordern. Das können sie in kurzen und regelmäßigen Meetings tun. Sie stellen damit sicher, dass die Arbeitsergebnisse Kundenwünsche berücksichtigen und Teams mit brauchbaren Konzepten an den richtigen Punkten arbeiten. Das konkrete Wie und die Rollenverteilung im Team überlassen sie aber der Selbstorganisation des Teams.
  • Moderne Teamführung und gute Teamarbeit bedeuten daher einen Fokus auf Vertrauen und gute Beziehungen anstelle von Kontrolle (Larson und DeChurch, 2020). Gelingt dies, dann profitieren gerade virtuelle Teams von mehr Zusammenhalt und besserem Informationsfluss. Ein positives Klima und Vertrauen im Team fördert die Leistungsfähigkeit (Coppola, Hiltz und Rotter, 2004). 
  • Die geeigneten Mitarbeiter für Teamarbeit fallen nicht vom Himmel. Es ist daher zentrale Aufgabe der Teamführung Menschen hin zu mehr digitaler Kompetenz, Selbstdisziplin, Selbständigkeit und interkultureller Sensibilität (Holtbrügge et al., 2011) zu entwickeln.

Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.

Teamarbeit: Literatur

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Das nächste Kapitel definiert die Eigenschaften von Teams und grenzt sie von anderen sozialen Gruppen ab.