Teams treffen Entscheidungen – leider häufig schlecht. Friedrich Nietzsche meinte zu kollektiven Entscheidungen plakativ (Nietzsche, 1999, S. 100): „Der Irrsinn ist bei Einzelnen etwas seltenes, – aber bei Gruppen, Parteien, Völkern, Zeiten die Regel.“ Ist es tatsächlich so schlimm, wenn Gruppen entscheiden? Was kann getan werden, damit Teamentscheidungen möglichst gut sind?
Dazu die zentralen Leitlinien in diesem Kapitel. Es zeigt Kriterien zur Bewertung von Entscheidungen, Bedingungen für gutes Entscheiden als Gruppe und gibt die zentralen Tipps zur Entscheidungsfindung, damit Teams gute Lösungen entwickeln. …

In diesem Beitrag:
Teamarbeit: Entscheidung und Umsetzung
Teamarbeit ist immer eine Mischung aus Entscheidung und Umsetzung. Jedes Team trifft Entscheidungen. Wie oft das geschieht und wie wichtig diese Entscheidungen sind, das ist je nach Team verschieden. Folgende Abbildung zeigt, dass bei einigen Teams das Treffen von Entscheidungen im Vordergrund steht (etwa in Vorstandsteams, Innovationsteams oder Entscheidungsgremien), bei anderen Teams überwiegt die operative Umsetzung (zum Beispiel Produktionsteams, Arbeitsteams in Fachabteilungen, klassische Projektteams).

Das Ausmaß an Autonomie von Teams bestimmt letztendlich mit über die Möglichkeit und die Bedeutung von Entscheidungen innerhalb des Teams. Tatsache ist, dass es in jedem Team Entscheidungen zu treffen gilt, im einen häufiger und mit mehr Tragweite im anderen seltener und mit weniger Tragweite.
Wann ist eine Entscheidung gut, welche Kriterien gibt es? Dazu der nächste Abschnitt.
Teamentscheidung: Kriterien zur Bewertung
Was aber ist eine gute Entscheidung? Es gibt wichtige Kriterien zur Bewertung einer Entscheidung:
- die Kosten der Entscheidung
- die Geschwindigkeit der Entscheidung
- die Akzeptanz der Lösung
- die Qualität der Lösung
- die Entwicklung von Teammitgliedern
Bei den ersten beiden Kriterien haben einzelne Personen Vorteile gegenüber Teams und kleinere Teams haben hier Vorteile gegenüber größeren Teams. Die Kosten für Entscheidungen bei Teams sind naturgemäß höher. Personen müssen häufig extra anreisen, von sonstigen Arbeiten freigestellt werden und womöglich geschult werden, um gute Entscheidungen in Teams zu erreichen (etwa in Moderationstechniken, Präsentationstechniken, Zuhörertechniken etc.).
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Teams sind im Trend. Die Realität ist aber: Viele akzeptieren einfach, dass Teams oft unproduktiv und Teamentscheidungen schlecht sind, die Mitglieder sich bremsen statt fördern…
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Das Plus für Ihr Team.
Die Entscheidungsfindung dauert mit zunehmender Teamgröße wesentlich länger als bei einzelnen Personen.
Allerdings haben Entscheidungen im Team mehr Akzeptanz in bestimmten kulturellen Umfeldern, wenn sie denn einvernehmlich getroffen werden. Gelingt es dagegen nicht eine einvernehmliche Entscheidung in Teams herzustellen, besteht die Gefahr eines eskalierenden und dysfunktionalen Konfliktes.
Entscheidungen in Teams können auch zur Entwicklung der Teammitglieder beitragen. Sie erlangen dadurch mehr Wissen über Hintergründe, Anforderungen und den Kontext ihrer Arbeit und lernen diese Aspekte in Entscheidungen und bei der Arbeit zu berücksichtigen.
Wenn Teams Entscheidungen treffen: Wie kann man sichergehen, dass diese möglichst gut sind im Sinne von Qualität? Dieser Herausforderung widmet sich der folgende Abschnitt.
Bedingungen für gute Teamentscheidungen
Simple Entscheidungen benötigen oft kein Team. Bei komplexen Entscheidungen hat sich aber gezeigt, dass einzelne Experten in der Regel schneller und hochwertigere Entscheidungen fällen. Warum entscheiden Teams meist nicht besser als einzelnen Personen, sondern eher schlechter? Man könnte doch glauben zwei Köpfe sind klüger als einer und wenn man hunderte Abgeordnete in einem Parlament versammelt, dann sollten die Entscheidungen doch nach dieser laienpsychologischen Logik umso besser sein. Ein Blick auf die Bedingungen für gute Entscheidungen in Gruppen gibt Antwort auf diesen Befund.
Damit eine Gruppe wirklich qualitativ hochwertige Entscheidungen treffen kann, wurden bereits früh drei zentrale Bedingungen definiert (Hofstätter, 1957, S. 164 ff.):
- Die Unabhängigkeitsbedingung besagt, dass die beteiligten Personen in der Gruppe wirklich unabhängig ihre Ideen und Gedanken entwickeln müssen, damit die erwünschte Vielfalt an Perspektiven überhaupt entstehen kann.
- Die Mitteilungsbedingung beinhaltet, dass die einzelnen Personen ihre Meinungen und Lösungsideen auch Kund tun.
- Bei der Akzeptanzbedingung geht es darum, dass die optimale Lösung von der Gruppe auch erkannt und akzeptiert werden muss, damit eine gute Entscheidung möglich ist.
Wie steht es in der Praxis um diese drei Bedingungen? Dazu der nächste Abschnitt.
Teamentscheidung in der Praxis
Teamentscheidungen in der Praxis sind meist weit entfernt von dem, was aus wissenschaftlicher Sicht sinnvoll ist (vgl. z.B. Kirchler und Schrott, 2003). Das kann man sehr schön bei einem Abgleich mit den drei Bedingungen für gute Teamentscheidungen sehen.
Es gibt also in der Praxis deutliche Nachteile von Teams bei Problemlösung und Entscheidungsverhalten. Das nährt erhebliche Zweifel an der oftmals ins Feld geführten Überlegenheit der Teams gegenüber Einzelpersonen. Zu dem Problemen bei Entscheidungen von Teams gehören außer der längeren Zeitdauer auch Konformitätsdruck, starker Einfluss von wenigen Mitgliedern mit hohem Status und eine Diffusion der Verantwortung für die Konsequenzen der Entscheidung.
Besonders der Konformitätsdruck wirkt sich in Sanktionen für Andersdenkende aus, die vorherrschende Meinung wird eher noch zementiert. Dazu kommt, dass Teams mehr als Einzelpersonen dazu neigen, riskante Entscheidungen zu treffen (group shift) da der Konformitätsdruck dazu führt, dass die Einhelligkeit der Meinung überschätzt wird. Auch die Verantwortungsdiffusion in Teams trägt oftmals zu riskanten Entscheidungen bei.
Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.
Teamentscheidungen: Literatur
Aktuelle Literatur-Tipps rund um Teamentscheidungen.
- Müller, Stephanie (Autor)
- Scheubrein, Ralph (Autor)
- 252 Seiten - 04.10.2013 (Veröffentlichungsdatum) - Deutscher Universitäts-Verlag (Herausgeber)
- Amazon Prime Video (Video on Demand)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 16 Jahren
- Purrer, Siglinde (Autor)
- 108 Seiten - 07.05.2012 (Veröffentlichungsdatum) - AV Akademikerverlag (Herausgeber)
Neben der Gestaltung der Umgebung und der Aufgaben für Teams ist die wichtigste Voraussetzung für Teamleistung natürlich das Team selbst. Die zahlreichen Aspekte, die hier von Bedeutung sind, stellt der nächste Themenbereich dar.