Synergie nutzen mit Teams

Das Ganze ist oft etwas anderes als die Summe seiner Einzelteile. Genau das ist die Bedeutung von Synergie. Was Synergie ist und wie man diese nutzt, das schildert dieser Beitrag am Beispiel von Teamarbeit. Holt ein Team also wirklich das Beste aus den einzelnen Mitarbeitern heraus oder bremst es diese eher? Wie kann man positive Synergie in Teams nutzen? Was können Führungskräfte unternehmen, um erwünschte Synergieeffekte von Teamarbeit zu schaffen und unerwünschte Effekte zu verringern? Dazu dieses Kapitel. Es gibt eine Definition und zeigt Arten von Synergie. Danach zeigt es, wie man sie in der Teamarbeit schaffen und nutzen kann.

Autor: Diplompsychologe Professor Dr. Florian Becker

Synergie kann auch negativ sein: Bei der Teamarbeit gilt es positive Synergie zu schaffen und zu nutzen
Synergie kann auch negativ sein: Bei der Teamarbeit gilt es positive Synergie zu schaffen und zu nutzen

Synergie: Definition

Was bedeutet Synergie? Viele verbinden Synergie mit der Aussage „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile!“. Das ist so nicht richtig definiert, da es nur eine Art von Synergie beschreibt – die positive Synergie. Es gibt aber auch negative Synergie, wie das Titelbild zeigt. Dann heben sich Wirkungen gegenseitig auf.

Folgende Definition für Synergie ist richtig:

Synergie in einem System tritt ein, wenn die Wirkungen einzelner Elemente sich verändern durch die Anwesenheit anderer Elemente.

In einem Team sind die Elemente die Teammitglieder. Die Wirkungen dieser Elemente sind unter anderem Qualität und Quantität der Leistung der einzelnen Personen in verschiedenen Bereichen.

Ein Beispiel: Fünf Mitarbeiter, die jeder für sich alleine eine bestimmte Arbeit verrichten, sollen diese Arbeit jetzt gemeinsam in einem Raum verrichten. Dabei tauschen sie sich über ihr Wissen und ihre Erfahrungen aus. Jeder einzelnen lernt ein paar gute Dinge von den anderen und leistet in der Folge mehr als vorher für sich alleine. Es tritt ein positiver Synergieeffekt ein. Auch hier die Definition:

Ein Synergieeffekt ist das Ausmaß der Veränderung der Wirkungen einzelner Elemente in einem System durch die Anwesenheit anderer Elemente.

Natürlich gibt es auch negative Synergieeffekte. Ein Beispiel: Die Mitarbeitenden müssen sich für Ihre Arbeit jetzt selbst koordinieren und abstimmen. Um gemeinsame Termine zu finden und sich endlich zu treffen brauchen sie viel Zeit. Nicht selten können Mitarbeitende jetzt im Team nicht an ihren Aufgaben weiterarbeiten, weil sie auf Input und Abstimmung mit anderen Teammitgliedern warten.

Dann gibt es noch den Begriff Synergiepotenzial. Hier die Definition:

Synergiepotenzial in einem System ist die theoretisch als Maximalzustand erreichbare positive Veränderung der Wirkungen einzelner Elemente durch die Anwesenheit anderer Elemente.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen hat 50 Vertriebsmitarbeiter, die jeder für sich viel über Kunden und ihre Entscheidungen und Wünsche, die Wettbewerber und den Markt insgesamt wissen. Theoretisch könnten diese Mitarbeiter alle viel erfolgreicher verkaufen, wenn sie alle auf das gesamte über die verschiedenen Mitarbeiter verteilte Wissen zugreifen könnten. Das ist das Synergiepotenzial. Praktisch wird es aber nie gelingen, alle wichtigen Informationen in einem Unternehmen für jeden Mitarbeiter vollständig verfügbar zu machen und zu teilen. Das Potenzial kann also nicht voll ausgeschöpft werden. In der Praxis geht es also darum, so viel Potenzial auszuschöpfen, wie mit vertretbarem Aufwand möglich ist. Dazu kann man beispielsweise regelmäßige Workshops abhalten, in denen die besten und erfolgreichsten Verkäufer den anderen berichten, wie sie vorgehen und arbeiten. Die Berichte und Diskussion der Vorgehensweisen tragen zum Lernen der wichtigen Informationen bei.

Synergieeffekte: Arten

Es gibt grob drei Arten von Synergie. Das gilt auch für Teams. Theoretisch können durch Teamarbeit unterschiedliche Synergieeffekte auf die Leistung des einzelnen Mitarbeiters eintreten, wie folgende Abbildung vereinfacht zeigt:

  • Positive Synergie im Team – ein Mitarbeiter ist im Team durchschnittlich produktiver als alleine.
  • Keine Synergie im Team – ein Mitarbeiter ist im Team durchschnittlich genauso produktiv wie einzeln.
  • Negative Synergie im Team – ein Mitarbeiter leistet im Team durchschnittlich weniger als für sich isoliert arbeitend.
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Unternehmen erhoffen sich durch den Einsatz von Teams oft automatisch positive Synergie. Sie machen sich keine tieferen Gedanken dazu. Entsprechend setzen diese Unternehmen aus Gewohnheit Teams ein und je größer eine Herausforderung ist, desto mehr Personen werden auf diese „angesetzt“. Oft sind diese Unternehmen dann enttäuscht von der Leistung ihrer Teams.

Synergie in Teams: Arten
Synergie in Teams: Arten

Was ist davon aus wissenschaftlicher Sicht zu halten? In Teams gibt es sowohl Aspekte, die eine positive Synergie bewirken als auch Aspekte, die eine negative Synergie verursachen.

Synergie nutzen: Beispiel Teamarbeit

Wie kann man Synergie nutzen? Teamarbeit ist dafür ein gutes Beispiel. In Teams wirkt immer gleichzeitig positive und negative Synergie. Beide Kräfte ringen miteinander um die Herrschaft. Und eine Seite wird am Ende die stärkere sein. Synergie zu nutzen bedeutet also immer bestimmte Synergieeffekte zu fördern (die erwünschten) und andere Effekte zu reduzieren (die unerwünschten). Das zeigt das folgende Beispiel zu Teamarbeit.

Das sind erwünschte Synergieeffekte, die es zu nutzen gilt:

  • Klare Rollenverteilung und Aufteilung von Aufgaben in Teile, die den Kompetenzen einzelner Teammitglieder am besten entsprechen.
  • Lernprozesse durch Beobachten und Nachahmen von anderen im Team (Lernen am Modell).
  • Sozialisierung von einzelnen „Problemmitarbeitern“ durch den Gruppendruck, sofern die Normen in der Gruppe sinnvoll sind.
    So kann die bloße Anwesenheit von anderen Menschen als Beobachter dazu führen, dass die Leistung steigt (Bond und Titus, 1983) – vorausgesetzt diese Beobachter reagieren positiv auf Leistung und die ausführende Person fühlt sich nicht gehemmt.
  • Eine zumindest theoretisch größere Informationsbasis – die aber praktisch meist nicht genutzt wird. So neigen Teams dazu sich über Informationen auszutauschen, die ohnehin jeder kennt, nicht aber über wenig geteiltes Wissen (Winquist und Larson, 1998).
  • Positiver Wettbewerb, bei dem es darum geht, selbst besser als andere zu sein.

Die Aufstellung macht klar, dass Synergie kein Selbstläufer ist, sondern Teams und Führungskräfte sich diese erwünschten Effekte erarbeiten müssen.

Möchte man Synergie nutzen, dann gilt es auf der anderen Seite bestimmte unerwünschte Synergieeffekte zu reduzieren oder zu vermeiden, um Synergie in die gewünschte Richtung zu bewegen.

Das sind unerwünschte Synergieeffekte, die es zu minimieren gilt:

  • Koordinationsverluste, die schon bei einfachen motorischen Tätigkeiten entstehen (etwa dem Ziehen an einem Tau) und bei anspruchsvolleren Aufgaben (etwa dem Lösen von Problemen) noch weiter zunehmen (vgl. Zysno, 1998). Mit jedem weiteren Gruppenmitglied steigt die Komplexität des sozialen Systems und der Koordinierungsaufwand (Tschan, 2000).
  • Trittbrettfahrer, die sich hinter dem Team verstecken und auch die Motivation anderer Mitglieder untergraben.
  • Aktivierung von ungeeigneten Zielen und Motiven durch die Anwesenheit der anderen Teammitglieder. Etwa Motive im Bereich von Macht, Prestige oder sozialem Anschluss bis hin zu Sexualität auf Kosten der Leistungsmotivation.
  • Verzerrungen der Informationsverarbeitung durch die Anwesenheit anderer (unzureichende eigene Informationssuche und Verarbeitung, Anpassung der Botschaften an die Erwartungen der anderen Teammitglieder, Verschweigen von unerwünschten Informationen etc.).
  • Zunahme von Konflikten (Adolph, 2000). Zusätzlich zu den Konflikten zwischen einzelnen Personen kommen bei Teamarbeit Konflikte zwischen verschiedenen Teams, zwischen Team und einzelnen Personen und zwischen Teams und der Gesamtorganisation.
  • Negativer Wettbewerb, bei dem es darum geht andere zu schwächen, damit diese schlechter als man selbst sind, anstatt dass man sich selbst verbessert.

Synergie ist also der Schlüssel zum sinnvollen Einsatz von Teams. Von einer echten Überlegenheit von Teams gegenüber getrennt arbeitenden Personen kann also nur dann die Rede sein, wenn die einzelnen isoliert arbeitenden Personen zusammengerechnet weniger leisten als wenn sie in einem Team kooperieren. Leider ist positive Synergie bei der Teamleistung jedoch die Ausnahme und nicht die Regel. Leistung in Teams ist keine Selbstverständlichkeit, schon gar nicht in großen Teams. Zwar sind Teams meist leistungsfähiger als eine einzelne Person – nicht aber leistungsfähiger als die gleiche Menge an einzelnen Personen, die isoliert arbeiten. Und das ist am Ende der Vergleich der zählt.

Praxistipps

Gute Führung von Teams zeichnet sich im Kern aus durch: Erhöhung von Aspekten, die erwünschte Synergie bewirken und Verringerung von Aspekten, die unerwünschte Synergie erzeugen. Darum sollte sich die Führung von Teams im Kern drehen.

Zudem ist übertriebener Euphorie beim Einsatz von Teams fehl am Platz. Es gibt in der wissenschaftlichen Literatur mehr Effekte, die zu negativer Synergie führen, als Effekte mit positiven Auswirkungen auf die Synergie. In manchen Organisationen setzt man aus Gewohnheit eher Teams ein. Dieser Ansatz ist vor dem aktuellen Forschungsstand kritisch: Nur bei guten Gründen Einsatz eines Teams. Dazu ist insbesondere ein Blick auf die Aufgabe wichtig. Ist es wirklich eine Teamaufgabe? Mitunter sind einzelne parallel arbeitende Mitarbeiter geeigneter. 

Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.

Synergie in Teams und Gruppen: Literatur

Aktuelle Literatur-Tipps zu Synergie in Teams und Gruppen.

Tipp
Tipp
Sozialpsychologie der Gruppe
  • Stürmer, Stefan (Autor)
Tipp

Oft wird man Teamarbeit nicht vermeiden können oder wollen. Dann gilt es maximal positive Synergie bei erwünschten Aspekten herzustellen, die Leistung von Teams systematisch zu erhöhen. Davon handeln die nächsten Kapitel.