Rein fachliche Kompetenzen sind nicht alles bei der Auswahl von Mitarbeitern für ein Team. Teamkompetenz lautet ein Schlagwort. Aber welche Kompetenzen für Teamarbeit verbergen sich genau hinter diesem Schlagwort. Was sagt die Forschung dazu und welche übergreifenden generellen Teamkompetenzen sind förderlich für gute Zusammenarbeit? Wer ist teamkompetent, auf welche Merkmale von potenziellen Mitgliedern für Teams sollten Führungskräfte achten? In diesem Kapitel dazu die wichtigsten Forschungsergebnisse und Tipps für die Praxis.
Autor: Diplompsychologe Professor Dr. Florian Becker
In diesem Beitrag:
Teamkompetenz: Definition
Was ist Kompetenz? In der Wissenschaft gibt es folgende Definition:
Kompetenzen sind also immer in Bezug auf eine bestimmte Herausforderung definiert. Entsprechend ist die Rede von verschiedenen Arten der Kompetenz:
- soziale Kompetenz
- kommunikative Kompetenz
- interkulturelle Kompetenz
- Fachkompetenz
- methodische Kompetenz
- digitale Kompetenz
- emotionale Kompetenz
- Teamkompetenz
Um diese letzte genannte Kompetenz, die Teamkompetenz geht es hier. Neben den spezifischen Kompetenzen für einzelne Rollen im Team gibt es Fähigkeiten, die bei Teammitgliedern generell positive Effekte auf die Teamleistung haben und hoch ausgeprägt sein sollten (Morgeson, Reider und Campion, 2005). Das sind Kompetenzen, deren Bedeutung über die reine individuelle Leistung bei der Aufgabe hinaus geht, so genannte Teamkompetenzen. Die Definition:
Dazu gehört jede Fähigkeit, die dazu führt, das Menschen einen besseren Beitrag im Team leisten.
Übersicht der Teamkompetenzen
Welche Teamkompetenzen gibt es? Psychologen haben mehrere kritische Kompetenzen für Teamarbeit identifiziert. Das sind die entscheidenden Teamkompetenzen:
- Soziale und kommunikative Fähigkeiten
- Selbständigkeit
- Intelligenz
- generalistische Kompetenz
- T-Kompetenz
Im Folgenden kurze Ausführungen zu den einzelnen Teamkompetenzen.
Soziale und kommunikative Fähigkeiten. Wegen der engen Kooperation und intensiven sozialen Interaktion sind gerade in Teams soziale und kommunikative Fähigkeiten noch unerlässlicher als ohnehin bei Mitarbeitern. Es empfiehlt sich ein entsprechendes Gewicht bei Personalauswahl und Personalentwicklung auf diesen Sektor zu legen. Insbesondere zwischenmenschliche Fähigkeiten wie Kommunikationsfähigkeit, gemeinsames Problemlösen und Konfliktlösefähigkeiten sind hier bedeutsam.
Selbständigkeit. Viele Mitarbeiter sind noch gewohnt, genaue Anweisungen und Vorschriften für die Tätigkeit zu bekommen. In Teams spielen allerdings Selbständigkeit und Eigenverantwortung eine große Rolle. Teammitglieder müssen in der Lage sein, selbständig zu planen, Ziele und Wege festzulegen, Probleme zu lösen und Entscheidungen zu treffen. Schon bei der Personalauswahl lässt sich aus der Vorgeschichte oftmals erkennen, wie stark die Selbständigkeit eines Mitarbeiters ausgeprägt ist.
Intelligenz. Ein wesentliches Merkmal ist hier Intelligenz (Devine und Phillips, 2001; Stewart, 2006), die schon auf individueller Ebene deutlich positiv mit der Leistung von einzelnen Mitarbeitern zusammen hängt (Schmidt, 2002). Dieser Befund ist plausibel, denn intelligente Personen werden im Team effektiver kommunizieren, besser planen und organisieren können. Bei Herausforderungen mit wenig Interaktionsbedarf (etwa komplexes Problemlösen) wird der Erfolg des Teams sogar stark an der Intelligenz des stärksten einzelnen Mitgliedes hängen. Es reicht häufig, wenn eine Person im Team das Problem versteht und eine Lösung findet.
Generalistische Kompetenz. Der Einsatzbereich von Teams wandelt sich häufig schnell. Damit entsteht als Anforderung an Teammitglieder eine generalistische Kompetenz (Bunderson und Sutcliffe, 2002). Generaleistisch bedeutet, dass die Qualifikation von Teammitgliedern eher breit sein sollte als tief. Moderne Studiengänge greifen diesen Bedarf oft auf, indem sie Disziplinen mischen. Beispiel dafür sind etwa Mechatronik, Medizininformatik oder Wirtschaftsingenieurwesen. Auch Anforderungen, die erst in der Zukunft auftreten, sollten bereits bei der Auswahl der Mitarbeiter für ein Team bestmöglich berücksichtigt werden. Oft kennant man die genauen Anforderungen der Zukunft nicht und fährt daher gut, wenn man eher breit ausgebildete Personen in ein Team aufnimmt.
T-Kompetenz. Unterschiedliche fachliche Qualifikationen sind erforderlich, um komplexe Projekte erfolgreich umzusetzen. Teams gewinnen dadurch vielfältige fachliche Blickwinkel auf Herausforderungen und Kompetenzen, die sich gut ergänzen. Unterschiedliche fachliche Qualifikationen im Team haben aber auch Nachteile, erschweren Kommunikation und erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Konflikt (Pelled, Eisenhardt und Xin, 1999). Wichtig ist daher, dass sich die einzelnen Mitglieder trotz unterschiedlicher Fachbereiche noch verständigen können und verstehen, worüber der jeweils andere spricht. Dafür ist ein bestimmtes crossfuktionales Grundverständnis der Fachbereiche von anderen Mitgliedern im Team unerlässlich. Hier hat sich der Begriff T-Kompetenz geprägt, der eine tiefe Fachkompetenz (die Säule des T) ergänzt mit mehreren rudimentären Kenntnissen aus anderen Fachbereichen (der Balken des T) bezeichnet.
Teamkompetenz ergibt sich nicht nur aus den generellen Teamkompetenzen, sondern insbesondere auch aus der Passung zu den anderen Teammitgliedern.
Teamkompetent: Konfiguration entscheidet
Teamkompetent sind besonders Personen, die sich mit den anderen Teammitgliedern sinnvoll ergänzen. Gerade bei komplexen Prozessen werden interdisziplinäre Teams mit unterschiedlichsten Fähigkeiten und Kompetenzen benötigt. Heterogenität bei den erforderlichen Kompetenzen führt zu überlegener Leistung vergleichen mit Teams, die hier keine Vielfalt aufweisen (Keck, 1997). Auch die im Kapitel zuvor zu Team-Diversität diskutierten positiven Effekte von demographisch diversen Teams bei Ideenfindung und Entscheidungen scheinen tatsächlich vor allem an unterschiedlichen Fähigkeiten zu liegen, die mit demographischer Vielfalt bei Alter, Geschlecht und Kultur oft einhergehen (Amason und Schweiger, 1994).
Dabei ist die Leistung des Teams nicht automatisch die Summe aus den einzelnen Kompetenzen. Gerade bei Team-Sportarten wie Fußball zeigt sich oft, dass Mannschaften mit eigentlich schwächeren Einzelspielern dennoch gewinnen können. Es geht also um mehr als die individuellen Kompetenzen alleine. Nicht nur Motivation und spezielle Teamfähigkeiten spielen hier eine Rolle, sondern auch die Konfiguration der Kompetenzen der einzelnen Mitglieder (Klimoski und Jones, 1995).
Die Kompetenzen sollten sich also je nach Aufgabe sinnvoll ergänzen, also komplementär verteilt sein. Der Gedanke an ein Fußballteam macht das deutlich. Um wirkliche Höchstleistung zu bringen braucht es einen guten Torwart, eine gute Abwehr, ein gutes Mittelfeld, gute Stürmer, einen guten Kapitän usw.– und natürlich einen guten Trainer, der das alles sinnvoll zusammen konfiguriert, um gegen einen bestimmten Gegner zu gewinnen.
Tipps zu Kompetenzen für Teamarbeit
Was bedeuten die Forschungsergebnisse zu Teamkompetenzen für die Praxis? Hier die entscheidenden Tipps.
- Teams werden für eine Aufgabe geschaffen und die Teamzusammenstellung sollte das berücksichtigen. Führungskräfte sollten fragen: Welche Kompetenzen sind im Team zwingend erforderlich? Entsprechende Mitarbeiter sind auszuwählen.
- Bei der Auswahl von Teammitgliedern sollte auf folgende generellen Teamkompetenzen geachtet werden: Intelligenz, grundlegende Kenntnisse der Fachbereiche von anderen Teammitgliedern (um mit diesen kommunizieren zu können), eher breite generalistische Kompetenzen, soziale und kommunikative Kompetenz sowie Selbständigkeit.
- Sowohl das Maximum als auch das Minimum der Fähigkeiten von Teammitgliedern ist für die Praxis relevant (Bell, 2007). Mindestens ein Teammitglied sollte sehr stark in kritischen Kompetenzen sein (etwa Intelligenz), damit das Team davon maximal profitiert. Das gilt besonders bei Teilaufgaben ohne viel Interaktionsbedarf, sogenannten disjunktiven Aufgaben – zum Beispiel eine Lösung für eine komplexe Herausforderung finden.
- Auch deutliche Ausreißer nach unten bergen Risiken. Je mehr Interaktionsbedarf bei einer Aufgabe besteht, desto verheerender wirkt sich ein schwaches Mitglied auf die Leistung der Gesamtgruppe aus. Das Bild mit dem „schwächsten Glied“ einer Kette wird dann zur traurigen Realität für das gesamte Team (Steiner, 1972). Das gilt insbesondere bei stark zusammenhängenden Aufgaben (konjunktiven Aufgaben), bei denen einzelne Teammitglieder wesentliche Teile einer Gesamtaufgabe gleichzeitig erstellen oder bei Fließarbeit, bei der Teammitglieder nacheinander an einer Aufgabe Arbeitsschritte durchführen. Bei eher disjunktiven Aufgaben, wie zum Beispiel der Kolonnenarbeit, bei der die Teammitglieder getrennt an weitgehend gleichen Aufgaben arbeiten, gilt das Bild mit dem schwächsten Glied einer Kette weniger – doch hier kommt es bei sehr ungleichen Leistungen mitunter schnell zu Ungerechtigkeitsgefühlen. Fazit für die Praxis in der Gesamtbetrachtung: Ein von der Leistungsfähigkeit fragwürdiges Teammitglied daher im Zweifel lieber nicht aufnehmen bzw. entfernen, wenn man ein leistungsfähiges Team haben möchte.
- Sind in einem Team Personen mit ähnlichen Fähigkeiten erforderlich, dann ist es sinnvoll, Personen mit ähnlichen aber leicht unterschiedlichen Leistungsniveaus auszuwählen. Es gibt Hinweise darauf, dass hier besonders leicht ein positiver „Wettkampf“ entbrennt, weil man relativ ebenbürtige Teammitglieder hat. Sind die Leistungsunterschiede zu groß, steigt dagegen die Wahrscheinlichkeit für Konflikte und Mobbing (Zapf, 1999).
Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.
Teamkompetenz: Literatur
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Das folgende Kapitel bespricht die Rolle der Persönlichkeit von Mitgliedern in einem Team.