Führungsverhalten, Karriere und Erfolg

Wie sollten sich Führungskräfte verhalten, damit Karriere und Erfolg folgen? Welche Verhaltensweisen führen zu hoher Leistung der Mitarbeiter und welche begünstigen die Karriere von Führungskräften? Dazu sind Studien aufschlussreich, die sich mit Führungsverhalten befassen. Wie viel Zeit verbringen Führungskräfte mit welchen Tätigkeiten und wie viel Erfolg haben sie damit bei Karriere und Leistung? Dieses Kapitel beschreibt die Handlungsfelder der Führung und zeigt die Auswirkungen. …

Führungsverhalten: Eine zunehmend wichtige Dimension der Führung ist die Zusammenarbeit in Teams zu fördern
Führungsverhalten: Eine zunehmend wichtige Dimension der Führung ist die Zusammenarbeit in Teams zu fördern

Führungsverhalten: Dimensionen und Handlungsfelder

Verhaltensorientierte Führungstheorien suchen die Erklärung für den Erfolg oder Misserfolg von Führungskräften in deren Verhalten. Damit schwenken sie die Perspektive weg von Eigenschaften der Führungskräfte und hin zur Frage, was Führungskräfte tun. Als Leitgedanke dient das etwas optimistische Versprechen: „Jeder kann Führung lernen!“ Die verhaltensorientierte Führungsforschung hat mehrere zentrale Bereiche des Führungsverhaltens identifiziert, bei denen sich Führungskräfte stark unterscheiden.

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Fasst man den Stand der Forschung zusammen, dann zeigen sich einige zentrale Bereiche des mitarbeiterbezogenen Führungsverhaltens:

Struktur bei den Arbeitsabläufen
Führungskräfte sind sehr unterschiedlich, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass Arbeitsaufgaben gut ablaufen. Dazu gehört, beispielsweise, dass jeder Mitarbeiter klare Ziele hat, es eine klare Verantwortungszuteilung gibt (Rollen), klare Zeitpläne und Abläufe. Manche Führungskräfte stellen das selbst her, andere haben durch Delegation und Teamaufbau dafür gesorgt, dass diese Ergebnisse eintreten. Bei vielen Führungskräften wird man in diesem Bereich des Führungsverhaltens aber auch nur mittlere oder sogar untere Werte finden. In Deutschland nennt man diese Verhaltensdimension oft aufgabenorientierte Führung, in den USA Initiating Structure (z.B. Stogdill und Shartle, 1948; Hemphill und Coons, 1957). Manchmal kann es sinnvoll sein, hier geringere Werte in der Führung zu haben. Etwa, wenn sich Anforderungen und Aufgaben in agilen Umfeldern so schnell ändern, dass zu viel Struktur bremst und behindert. Dann sollte aber unbedingt eine hohe Handlungsfähigkeit der Mitarbeiter sichergestellt sein.

Wohlergehen der Mitarbeiter
Manche Führungskräfte kümmern sich sehr um das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter: Sie haben einen wertschätzdenen Kommunikationsstil, stellen gute Beziehungen mit den Mitarbeitern her, versuchen die Interessen der Mitarbeiter zu berücksichtigen, sorgen für ein emotional positives Arbeitsklima, reduzieren dysfunktionale Konflikte und fördern ein angenehmes soziales Umfeld. Andere Führungskräfte legen nur ein sehr geringes Augenmerk auf diesen Bereich. Diese Verhaltensdimension wird oft mitarbeiterorientierte Führung genannt, in den USA spricht man von Consideration (z.B. Hemphill und Coons, 1957).

Gute Entscheidungen
Führungskräfte sind dafür zuständig, dass in ihrem Verantwortungsbereich gute Entscheidungen rechtzeitig getroffen werden. Sie müssen diese Entscheidungen nicht selbst treffen – aber dafür sorgen, dass es stattfindet. In der Praxis findet sich hier eine breite Streuung des Verhaltens rund um Fragen wie: Wird überhaupt entschieden? Wie schnell ist die Entscheidung da? Haben die Entscheidungen gute Qualität? Akzeptieren die Umsetzer die Entscheidung überhaupt? Wie stark sind Mitarbeiter und andere eingebunden in Entscheidungsprozesse? Auch diese Dimension des Führungsverhaltens steht seit langem im Interesse der Psychologie (z.B. Tannenbaum und Schmidt, 1958).

Handlungsfähigkeit der Mitarbeiter
Mitarbeiter sind sehr unterschiedlich selbständig und handlungsfähig. Das hat auch mit den Führungskräften zu tun. Manche Führungskräfte kümmern sich um die Entwicklung ihrer Mitarbeiter, können deren Potenzial gut einschätzen, geben Feedback und angemessene Freiräume, motivieren durch Lob ­ bei anderen Führungskräften findet das kaum statt. Beil letzteren heißt es dann oft: „Wenn ich in Urlaub bin ist es die Katastrophe, alles bleibt liegen, wenn ich krank bin, klingelt die ganze Zeit das Telefon!“ In sofern hat die Aussage „Nach ein paar Jahren hat jeder die Mitarbeiter, die er verdient!“ durchaus ihre Berechtigung. Die Entwicklung der Mitarbeiter als Dimension des Führungsverhaltens hat  immer mehr Aufmerksamkeit erfahren (z.B. McCauley, 1986). Das Interesse ist gestiegen durch den Wandel zur Wissensgesellschaft, flache Hierarchien und hochqualifizierte Mitarbeiter, die weitgehend unabhängig von direkter Führung in Teams arbeiten.

Zusammenarbeit im Team
Führung ist immer weniger die Führung einzelner Mitarbeiter, sondern die Führung ganzer Teams. Die Anforderungen an Führungskräfte haben sich daher gewandelt. Führungskräfte sind immer mehr ähnlich dem Trainer eines Fußballteams statt dem Trainer eines Biathleten. Wichtige Aspekte in diesem Verhaltensbereich sind unter anderem das Fördern von Kommunikation und Kooperation sowie das Herstellen von Leistungsnormen und Zusammenhalt (vgl. Becker, 2016).

Vorantreiben von Verbesserungen
Unternehmen und ihre Umgebung ändern sich immer schneller. So ist es kein Wunder, dass je offener für Veränderung eine Führungskraft ist, desto besser die Leistung des von ihr verantworteten Bereiches (Judge et al., 2002). Führungskräfte, die hier vorangehen, greifen Ideen und Vorschläge von Mitarbeitern auf und fordern diese ein, sie erklären die Notwendigkeit von Veränderungen, erlauben auch Fehler und ermöglichen aus Fehlern zu lernen.

Diese und weitere wichtige Aspekte des Führungsverhaltens erhebt beispielsweise der Leadership-Scan der Wirtschaftspsychologischen Gesellschaft. Führungskräfte erhalten damit ein klares Bild über ihren aktuellen Führungsstil und dessen Auswirkungen und können Schwerpunkte für ihre zukünftige Entwicklung setzen.

Der nächste Abschnitt erweitert die Perspektive auf Führungsverhalten über die Führung von Mitarbeitern hinaus.

Führungsverhalten: Die Perspektive erweitern

Der vorangehende Abschnitt beschreibt Führungsverhalten, das sich auf die Mitarbeiter richtet. Es gibt weitere Perspektiven auf die Führung von Menschen, wie folgende Abbildung zeigt. Manche davon sind ungewohnt aber dennoch sehr entscheidend, wenn es um erfolgreiche Zusammenarbeit, gute Ergebnisse und Karriere geht.

Führungsverhalten: Perspektiven auf Führung

Wesentliche Perspektiven auf Führung sind:

Die Führung gleichgestellter Kollegen bezeichnet man als laterale Führung. Daneben sind natürlich die Selbstführung und der Umgang mit internen oder externen Partnern und Kunden wichtige Handlungsfelder des Führungsverhaltens.

Führung nach oben ist die Führung, mit der Mitarbeiter ihre Vorgesetzten lenken und leiten. Für die einzelne Führungskraft mag das persönlich der wichtigste Aspekt der Führung sein, hängen doch die Karriere und auch Aspekte der Selbstverwirklichung sehr stark von dieser Kompetenz ab. Wer nach oben führen und überzeugen kann, wird meist viel bewegen in Unternehmen, wer das nicht kann, erhält von oben weniger Unterstützung für seine Ziele. Das Interesse an diesem Thema bei der einzelnen Führungskraft sollte deshalb hoch sein und tatsächlich befassen sich viele Führungskräfte damit oft sogar mehr als mit der Führung nach unten (vgl. Luthans, Hodgetts & Rosenkrantz, 1988). Metaanalysen unterstützen die Bedeutung der Führung nach oben für die Karriere (vgl. Ng et al., 2005). Hier ist insbesondere die Vernetzung mit wichtigen Entscheidern bedeutsam. Wer so soziales Kapital aufbaut, hat eher mächtige Unterstützer für seine Vorhaben, seine Karriere, den Aufbau von Erfahrungen und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Der nächste Abschnitt zeigt anhand einer klassischen Studie, wie entscheidend Führungsverhalten für Ergebnisse und Karriere ist.

Führungsverhalten: Auswirkungen

Die Arbeit von Luthans, Hodgetts und Rosenkrantz ist eine klassische Studie zu den Auswirkungen von Führungsverhalten. Bei der Analyse des Arbeitsalltags von über 400 Führungskräften fanden die Autoren vier Tätigkeitsfelder (Luthans, Hodgetts und Rosenkrantz, 1988):

traditionelles Management
Es zeigten sich Inhalte, die man als traditionelles Management bezeichnen kann. Das beinhaltet, Entscheidungen zu treffen, die Planung von Arbeitsprozessen und das Kontrollieren von Ergebnissen. Diese Dimension lässt sich mit der in den vorangehenden Kapiteln behandelten Aufgabenorientierung von Führungskräften in Beziehung setzen.

Personalmanagement
Auch Tätigkeiten, die unter dem Begriff Personalmanagement zusammengefasst werden können, beanspruchen viel Zeit. Das beinhaltet z.B. das Gewinnen und Binden guter Mitarbeiter, die Verbesserung des Arbeitsklimas und das Lösen von Konflikten. Zudem auch die Organisation der Entwicklung von Mitarbeitern. Dieser Bereich kann mit der Mitarbeiterorientierung von Führungskräften assoziiert werden.

Routine-Kommunikation
Ein weiterer großer zeitlicher Anteil der Tätigkeit von Führungskräften ist Routine-Kommunikation. Das ist der arbeitsbezogene Austausch von Information und administrative „Papierarbeit“.

Netzwerken
Die vierte Tätigkeit mit hohem Zeitaufwand ist das Netzwerken. Einen großen zeitlichen Anteil am Arbeitsalltag bei Führungskräften nimmt ein, Bekanntschaften nach oben in der Organisation zu pflegen und Beziehungen auch mit einflussreichen Personen außerhalb der eigenen Organisation aufzubauen. Die eigentlich vorgesehene Arbeit steht dabei nicht im Mittelpunkt.

Wie wirken sich diese Tätigkeiten konkret auf Leistung und Karriere aus? Dazu der nächste Abschnitt.

In welche der Tätigkeiten sollten Führungskräfte besonders viel investieren? Um festzustellen, welche dieser Verhaltensdimensionen relevant für Leistungsergebnisse sind, untersuchten die Wissenschaftler effektive Führungskräfte, deren verantwortete Arbeitseinheiten besonders erfolgreich ihre Ziele erreichten. Sie wählten das beste Drittel bei den Leistungsergebnissen aus und betrachteten deren Arbeitsverhalten. Diese effektiven Führungskräfte verwendeten vergleichsweise viel Zeit auf Routinekommunikation und Aufgaben im Bereich des Personalmanagements. Kaum Zeit verwendeten sie dagegen auf das Netzwerken (nur elf Prozent der Arbeitszeit).

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Abbildung: Führungsverhalten, Leistung der Arbeitseinheit und Karriere

Neben dem Erreichen der Arbeitsziele kann als Erfolgskriterium für Führungskräfte auch gelten, in welchem Ausmaß sie Karriere gemacht haben. Auch hier wählten die Autoren für Vergleichszwecke das obere Drittel mit der erfolgreichsten Karriere aus. Interessanterweise waren es nicht die effektiven Manager, die am schnellsten Karriere machten. Weniger als zehn Prozent der Manager waren gleichzeitig im oberen Drittel bei Effektivität und bei Karriere. Eine Analyse der Verhaltensweisen, die zur Karriere beitragen, zeigte ein anderes Muster: Führungskräfte, die eine erfolgreiche Karriere vorweisen können, verwendeten nahezu die Hälfte der Arbeitszeit nur für das Netzwerken. Bei Routinekommunikation und Personalmanagement sparten sie die meiste Zeit ein.

Der nächste Abschnitt fasst die entscheidenden Tipps für Führungsverhalten zusammen.

Führungsverhalten: Tipps

Wie sollten sich Führungskräfte verhalten, wenn sie gute Ergebnisse anstreben und Karriere machen wollen? Darauf gehen die folgenden Tipps ein.

Praxistipps

Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.

Führungsverhalten: Literatur

Aktuelle Literatur-Tipps zu Führungsverhalten und Karriere.

Tipp
Tipp
Tipp
Tipp

Dieses Kapitel zeigt sehr deutlich, wie wichtig Führung nach oben ist. Voraussetzung ist aber, überhaupt Zeit dafür zu haben. Das kann gelingen, indem man Führung nach unten überflüssig macht und dadurch Freiraum schafft. Dazu das Wichtigste im folgenden Kapitel.