Veränderungsmanagement war immer wichtig für Unternehmen. Doch Führungskräfte sind mit Change-Management mehr gefordert denn je: Die Umwelt wird komplexer und dynamischer, Technologie macht rasante Fortschritte, der globale Wettbewerb ist aggressiver und die Kunden anspruchsvoller. In dieser Welt sind die Gewinner diejenigen, die sich schneller anpassen und ändern können. Dieser Fachtext zeigt die Definition von Change-Management, Beispiele und Change-Management Methoden in der Übersicht.
In diesem Beitrag:
Change-Management: Definition
Was ist Change-Management? Schaffen wir Klarheit mit der Definition.
Change-Management ist also eine gezielte Veränderung von Organisationen von einem Istzustand zu einem Sollzustand. Die Abbildung zeigt das nochmals.
Dieses Veränderungsmanagement beinhaltet die
- Vorbereitung,
- Unterstützung,
- Durchführung,
- Absicherung und
- Evaluation von Veränderungsmaßnahmen.
Change-Management kann sämtliche Strukturen und Prozesse bis zur gesamten Kultur in einem Unternehmen durchdringen – etwa wenn sich ein typisch produktionsorientiertes Unternehmen, in dem sich alles um die technisch besten Produkte dreht, auf ein marktorientiertes Unternehmen umstellt, in dem sich alles dreht um Kundenentscheidungen und Wettbewerber.
Nach der Begriffsdefinition von Change-Management zeigt der nächste Abschnitt Beispiele.
Change-Management: Beispiele
Veränderungen können natürlich eine Vielzahl von Bereichen in Organisationen betreffen. Typische Beispiele für Change-Management lassen sich in vier große Themenfelder gruppieren:
Technologie. Technologische Fortschritte sind eine wichtige Quelle für Veränderung. Das Internet hat den Onlinehandel gebracht und hat viele Anbieter, die sich nicht rechtzeitig angepasst haben, ausradiert. Ein Beispiel für so einen neuen Player ist Amazon, das nicht nur den stationären Buchhandel, sondern auch Videotheken, Verlage und Fernsehsender zurückdrängt. Ähnlich setzt autonomes Fahren und Elektromobilität die Automobilkonzerne unter Veränderungsdruck. Ein bekannter neuer Player ist hier Tesla. Viele Change-Projekte drehen sich daher um technologische Veränderung.
Geschäftsmodelle. Nicht selten betreffen Change-Prozesse auch das gesamte Geschäftsmodell und damit ziemlich jeden Prozess, der in einem Unternehmen abläuft. So haben sich beispielsweise Unternehmen wie Porsche und Ferrari, die ursprünglich Landwirtschaftsmaschinen herstellten, komplett gewandelt zu Sportwagenherstellern. So eine Veränderung bezieht sich dabei aber meist nicht nur auf Produkte oder Dienstleistungen an der Oberfläche, sondern zieht sich tief durch in das Unternehmen. Dazu der nächste Punkt.
Organisationsform und Prozesse. Transformationsmanagement betrifft oft die Organisation und Prozesse. Viele Unternehmen bauen Hierarchieebenen ab, setzen vermehrt auf Teamarbeit und geben ihren Mitarbeitern mehr Freiraum und Autonomie. Es gibt immer mehr Mitarbeiter, die sich eine einzelne Führungskraft teilen müssen. Gleichzeitig haben viele Unternehmen geringqualifizierte Aufgaben automatisiert oder ins Ausland verlagert. Das verlangt große Veränderung von den einzelnen Mitarbeitern. Sie sollen sich auf einmal selbst organisieren und viele Entscheidungen alleine treffen. Ihr Aufgabenspektrum ist größer und komplexer denn je. Rollen mit hohem Kommunikationsanteil nehmen zu. Kompetenzen, wie sich mitteilen und zuhören können, sind entscheidender.
Mitarbeiter. Veränderte Unternehmen brauchen andere Mitarbeiterprofile. Personalentwicklung und die Mitarbeiter selbst sind dann gefordert, selbständiges Arbeiten, Teamfähigkeit, Flexibilität bei Arbeitsinhalten und -abläufen und andere Bereiche zu entwickeln. Auch braucht es oft weniger Mitarbeiter. Ein Beispiel: Die weitreichende Umstellung auf Elektromobilität wird voraussichtlich zu deutlichem Personalabbau in bestimmten Bereichen führen, da einfach viel weniger Teile als bei Verbrennungsmotoren erforderlich sind. Das betrifft dann Entwicklung, Zulieferer, Produktion und Service.
Man könnte die Liste an Bereichen und Beispielen fortsetzen. Für die Praxis ist eine andere Betrachtung hilfreicher: Wichtige Handlungsfelder von Transformationsmanagement sind die Mitarbeiter und der Rest. Meist konzentriert man sich bei Veränderungen auf den Rest, sieht dort die Chancen und auch das Machbare. Scheitern tun Veränderungen dann allerdings oft an den Mitarbeitern.
Für Veränderungsmanagement stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Dazu der nächste Abschnitt.
Change-Management: Methoden
Viele Praktiker interessieren sich für Change-Management Methoden und für Instrumente, die sie einsetzen können, um Veränderung voranzutreiben. Im Prinzip kann man alles, was zu Veränderung von Organisationen führt, als Methode im Change-Management einsetzen. Wenn man mit Methoden für Change-Management grundsätzliche Herangehensweisen meint, dann lassen sich grob vier Ansätze abgrenzen:
- Top-down Ansatz. Mit dieser Herangehensweise wird Transformation von „oben“ ohne große Einbindung der Betroffenen entschieden. Es handelt sich um einen autoritären Entscheidungsansatz. Dieser ist manchmal gewählt, da man so schnell Tatsachen schaffen kann und die Betroffenen überrumpelt. Auf einmal ist die Veränderung da und diese müssen damit leben und zurecht kommen. So bauen gerade Politiker auf diesen Ansatz der Überrumpelung, wenn sie grundlegende Veränderungen angehen möchten. Typische Beispiele von Überrumpelung ohne Einbindung waren: Bürger der DDR waren auf einmal Bürger der BRD, hatten das westliche Grundgesetz, Rechtssystem, Wirtschaftssystem. 100 Mark Begrüßungsgeld und Klappe halten. Ähnlich war die Einführung des Euro. Der war auf einmal da, ohne Einbindung der Bürger. Oder die Aufnahme von 1,5 Millionen Menschen aus Nordafrika. Auch diese waren eben „auf einmal“ da. Diese Methode für Change-Management ist wenig empfehlenswert, da sie kurzfristig Tatsachen schafft, aber langfristig Vertrauen verspielt und Motivation untergräbt. Menschen wollen in unserer Kultur ungerne von oben Veränderung diktiert bekommen.
- Bottom-up Ansatz. Hier wird Veränderung von „unten“ angestoßen. Mitarbeiter, vielleicht auch Kunden sind die Initiatoren und Treiber des Wandels. In Unternehmen sind Formen dafür typischerweise Qualitätszirkel oder Innovationsteams mit Mitarbeitern oder Fokus-Gruppen mit Kunden. In der Praxis wird hierbei aber sehr selten der komplette Wandel den Kunden oder Mitarbeitern nach dem Modell einer Revolution überlassen. Eher möchte man Initiative von unten aufgreifen, bewerten und dann von oben die Umsetzung zu steuern. Der praktische Nachteil an dieser Change-Management Methode ist, dass Kunden oder Mitarbeiter häufig sehr wenig motiviert sind, Veränderungen anzustoßen, die Komfortzone zu verlassen.
- Both-directions Ansatz. Wie bei jeder Entscheidung gibt es auch bei Entscheidungen für Veränderungen einen Mittelweg zwischen autoritär und demokratisch. Betroffene werden eingebunden und finden Gehör. Die endgültige Entscheidung und das Tempo des Wandels bestimmt aber das Management. In der Praxis sieht das meist so aus, dass willige bzw. interessierte Mitarbeiter und Kunden stark eingebunden werden, damit diese die Transformation mittragen. In diesem Ansatz lässt sich auch das mittlere Management gut einbinden.
- Multiple-Nucleus Ansatz. Oft ist es nicht sinnvoll, überall für alle alles gleichzeitig zu ändern. Eine begrenzte Veränderung in bestimmten ausgewählten Bereichen ermöglicht Erfahrungsaufbau und Anpassung des Ansatzes. Ein Beispiel für diese Change-Management Methode sind bestimmte Filialen in denen Einzelhandelsketten neue Maßnahmen zunächst testen, Beta-Versionen von Software für bestimmte Nutzer oder Sonderwirtschaftszonen in Ländern, in denen es andere Regeln gibt und die bei geplanten Veränderungen Testgebiete sind. In einem Unternehmen kann der Multiple-Nucleus Ansatz bedeuten, Veränderungsprozesse zunächst mit bestimmten dafür offenen Teams und Personen an verschiedenen Stellen der Hierarchie anzugehen.
Die Abbildung zeigt den Fokus jeder Change-Management Methode.
Teilweise betonen Autoren auch ein Ansetzen auf der mittleren Ebene oder bei Kunden oder Kooperationspartnern.
Man kann neben diesen grundsätzlichen Herangehensweisen bei der Frage nach Methoden von Change-Management noch mehr ins Detail der benutzten Instrumente gehen. Das macht der Schaukasten.
Welche konkreten Instrumente können Führungskräfte und Unternehmen bei Veränderungsprozessen einsetzen? Hier eine Übersicht von Change-Management Instrumenten.
- Vorbilder, Cases und Stories. Cases von anderen Unternehmen oder Teams, die als erfolgreiches Vorbild dienen, können das Konzept beweisen, motivieren und Change-Management Projekten eine Struktur zur Orientierung geben.
- Visionen. Attraktive emotionalisierte Visionen vom Zustand nach dem Wandel, was er für den einzelnen und alle gemeinsam bedeutet und wie er sich anfühlt, können Betroffene affektiv ansprechen und motivieren.
- Argumente. Argumente und Fakten helfen Menschen auf rationaler Ebene anzusprechen, Notwendigkeit von Change zu verdeutlichen und den logischen Ablauf eines Veränderungsprojektes zu vermitteln.
- Workshops. Das Format von Workshops kann in verschiedenen Phasen ein wichtiges Instrument in Veränderungsprozessen sein. Es hilft bei der Analyse des sozialen Systems: Wer ist eher Unterstützer der Veränderung, wer lehnt ab? Zudem können Workshops als Plattform, Notwendigkeit für Veränderung vermitteln, Informationen über Rahmenbedingungen sammeln, Zuständigkeiten und Beiträge von einzelnen klären, Vertrauen aufbauen und den Stand teamübergreifend evaluieren.
- Task-Forces. Kleine Teams aus motivierten Experten können die Veränderung in klar abgegrenzten Teilbereichen vorantreiben und als „Wächter“ fungieren, dass Ziele nicht aus dem Auge verloren gehen und der Prozess nicht stockt.
Bei aller Notwendigkeit für Veränderung und damit einhergehend auch Change-Management gibt es auch Kritik. Diese greift der folgende Abschnitt auf.
Kritik an Change-Management
Change-Management ist oft erforderlich, dennoch gibt es berechtigte Kritik. Dazu der Schaukasten.
Schaden überwiegt Nutzen. Viele Veränderungsprogramme sind nicht erfolgreich, mitunter verschlimmern sie sogar die Ausgangssituation (Beer, Eisenstat und Spector, 1990). Und selbst wenn Veränderungen in einem Bereich erfolgreich sind, führen sie häufig zu Problemen in andern Bereichen (Goodman und Rosseau, 2004). Unternehmen sind komplexe Systeme, so dass Veränderungen an einer Stelle oft unerwartete Nebenwirkungen haben.
Kurzfristiges Denken. Veränderungsprogramme zielen oft nur auf kurzfristige Erleichterung, sind aber langfristig schädlich. Man denke an das übermäßige Aufnehmen von Krediten bei Unternehmen oder Nationalstaaten. Und Dinge, die kurzfristig sehr weh tun, können langfristig manchmal genau das richtige sein. Ähnlich wie Kinder heute keine Lust haben, Zähne zu putzen, damit sie als Erwachsene gute Zähne haben, ist das auch bei Mitarbeitern und Bürgern. Vielleicht wechselt man ja dann auch einfach Arbeitgeber, wenn die Firma zukünftig nicht mehr läuft oder zieht in ein anderes Land – Hauptsache jetzt hat man keine Schmerzen.
Reaktiv statt proaktiv strategisch. Einige Führungskräfte beschränken sich auf reaktive Veränderung. Sie ducken sich vor der Verantwortung jetzt die Veränderungsprozesse anzustoßen, die langfristig erforderlich sind – auch wenn es weh tut. Familienunternehmen und politisch stabile Länder tun sich mit langfristiger strategischer Transformation natürlich leichter, da sie nicht nur bis zur nächsten Bilanz oder Wahl denken, sondern langfristig planen. Familienunternehmen richten sich strategisch häufig über Jahrzehnte und Generationen aus. Und Länder wie China sind bekannt für Planungen über Zeiträume von 50 Jahren – natürlich nicht als Detailplan aber als Definition der großen Handlungsfelder und Veränderungen. Entsprechend frühzeitig und konsequent werden hier wichtige Themen angegangen, wie Elektromobilität, KI oder seltene Erden.
Autoritäres Überrumpeln. Betroffene werden unzureichend eingebunden. Manche Ansätze im Change-Management bauen darauf, Betroffene zu überrumpeln, um erst gar keinen Widerstand aufkommen zu lassen und schnellen Wandel zu erreichen. Sobald die neuen Tatsachen da sind baut man auf Gewöhnung. Dieses Vorgehen bei Veränderungsprojekten wirft ethische Fragen auf.
Alles in allem sind die häufig genannten Kritikpunkte weniger eine Kritik an Change-Management an sich. Sie sind eine Kritik an einer mangelnd professionellen und ethisch korrekten Umsetzung, wie diese in der Praxis oft erfolgt.
Damit steht eine Frage im Raum: Wie können Führungskräfte erfolgreich und professionell Veränderungen umsetzen? Genau hier setzt das nächste Kapitel an.