Wirtschaftspsychologie studieren – wie geht das erfolgreich? Wirtschaftspsychologie ist unser Beruf. Wir haben viele Jahre Studienprogramme geleitet, Studierende ausgewählt und Studiengänge mitgestaltet – an öffentlichen und privaten Hochschulen und Universitäten. Hier unsere Erfahrungen rund um Wirtschaftspsychologie als Studium. Dieses Kapitel zeigt unsere Insider-Perspektive und hilft die richtigen Fragen zu stellen, bevor man sich für ein bestimmtes Studium der Wirtschaftspsychologie entscheidet.
Welches Studium bereitet mich am besten auf den Beruf als Wirtschaftspsychologe vor? Wie sichere ich mir die besten Zukunftschancen? Zieht es mich an eine öffentliche Hochschule oder zu einer privaten Hochschule? Welche inhaltliche Ausrichtung will ich? Reicht für mich der Bachelor – oder sollte noch ein Master oder sogar ein Promotionsstudium oben drauf? All das will gut überlegt sein. Hier die richtigen Fragen und Tipps dazu.
In diesem Beitrag:
Warum Wirtschaftspsychologie studieren? Zukunftschancen
Wer Wirtschaftspsychologie studiert, der entscheidet sich für ein Zukunftsfeld: In einer Welt, in der objektive Unterschiede zwischen Angeboten und harte Wettbewerbsvorteile schwinden und der Kampf um die Köpfe von Kunden und Mitarbeitern über die Zukunft von Unternehmen entscheidet, ist Wirtschaftspsychologie der Schlüssel zur Zukunft für Unternehmen. Die vorangehenden Kapitel haben das gezeigt.
Konzerne wie Apple oder Coca-Cola gehen voran, sie haben sich lange von einem rationalen Menschenbild verabschiedet, wenn sie ihre Kunden ansprechen, holen sich den Markt. Und moderne Führungsansätze haben sich von einem transaktionalen Ansatz – Geld gegen Leistung – zu einem transformationalen Ansatz bewegt, der Mitarbeiter ideologisiert und zu emotionalisierten Anhängern ihrer Organisationen formt. Das erzeugt eine große Dynamik, viele Unternehmen beobachten das, orientieren sich neu – sie stellen sich auf für das Spielfeld der Zukunft: Den Kampf um die Entscheidungen von Kunden und Mitarbeitern, den erfolgreichen Umgang mit Emotionen, Motiven und Verhalten.
Auf der anderen Seite gilt auch: Viele Unternehmen haben noch kaum Kompetenz in diesem Feld, sind es nicht gewohnt, an Wirtschaftspsychologen bei Stellenausschreibungen zu denken. Sie haben zwar Verantwortliche für alles Mögliche, aber keine zentralen Verantwortlichen für psychologische Themen wie Mitarbeitermotivation, Kundenerleben oder Unternehmenskultur. Das wird sich ändern.
Fazit: Wer heute Wirtschaftspsychologie studieren will, der interessiert sich für ein Berufsfeld, das in der Öffentlichkeit noch nicht so bekannt und etabliert ist wie andere Professionen. Gerade Menschen in kleineren Unternehmen haben vielleicht schon mal „etwas von Wirtschaftspsychologie gehört“ aber keine konkreten, vielleicht sogar falsche Vorstellungen dazu. Die Erwartungen an Wirtschaftspsychologen reichen dementsprechend von Allmachtsvorstellungen bis zur Scharlatanerie. Ist das jetzt unbedingt schlecht? Man kann es positiv sehen: Es zeigt einfach, dass noch viel Potenzial für Wirtschaftspsychologie besteht, gerade weil die meisten Firmen davon wenig Ahnung haben.
Studierende treten aber auf der anderen Seite ein in ein Feld, das von unglaublicher Dynamik und Wachstum erfüllt ist und in dem sich die Zukunft der Unternehmen abspielen wird. Das gilt in der neuen digitalen Welt genauso wie in klassischen Feldern.
Studium Wirtschaftspsychologie: Öffentlicher oder privater Anbieter?
Anbieter für ein Studium Wirtschaftspsychologie sind grundverschieden und wohl der wesentlichste Unterschied liegt tatsächlich darin, ob diese öffentlich oder privat sind. Zwischen öffentlichen und privaten Anbietern mit Wirtschaftspsychologie Bachelor oder Wirtschaftspsychologie Master bestehen systematische Unterschiede. Das liegt daran, dass öffentliche und private Hochschulen bzw. Universitäten grundlegend verschieden funktionieren, wie folgende Abbildung zeigt.
Natürlich ist es von Einzelfall zu Einzelfall anders und es sind nicht alle öffentlichen oder privaten Anbieter gleich, aber es gibt deutliche Tendenzen:
- Da private Anbieter als Unternehmen auf dem Markt überleben müssen, sind sie meist kreativer und innovativer, was neue Konzepte anbelangt. Sie gehen voran, was berufsbegleitende Studiengänge anbelangt, Fernstudium und E-Learning. Sie waren auch die ersten, die Wirtschaftspsychologie als eigenständigen Studiengang gestartet haben. Davor gab es diese Ausrichtung nur als Schwerpunkt an universitären Diplomstudiengängen der Psychologie, nicht aber als eigenständigen Studiengang. Wer also besondere Ansprüche an den Ablauf eines Studiums hat, wie etwa berufsbegleitend zu studieren oder von zu Hause aus bzw. aus dem Ausland, der wird bei privaten Anbietern eher ein passendes Angebot finden.
- Bei privaten Anbietern sind Studierende Kunden, ihre Zufriedenheit steht ganz oben. Das führt auf der einen Seite zu einer stärkeren Orientierung an guter Lehre im Vergleich zu staatlichen Anbietern. Es gibt meist mehr systematische Evaluation von Veranstaltungen und mehr didaktische Ausbildung für die Dozenten. Auf der anderen Seite möchte man die Kunden aber auch nicht verärgern oder verlieren. Teilweise führt das dann zu einer Inflation guter Noten und niedriger Standards – man möchte die Kunden nicht verärgern oder verlieren und hat somit eher Hemmungen z.B. „ein Viertel wegen schlechter Leistungen in Statistik rauszuprüfen“. Bei öffentlichen Anbietern gibt es diese Hemmung weniger, man wird in der Regel mit dem Ministerium Zielvereinbarungen nach Studienbeginnern abschließen – wenn später Studierende wieder „verschwinden“ ist das wenig schmerzhaft. Der Kunde ist hier also letztendlich das Ministerium.
- Jedes Psychologie-Studium, auch Wirtschaftspsychologie ist ein hartes NC-Fach bei öffentlichen Universitäten und Hochschulen, man kommt nur mit Top-Noten in das Programm, einer von 20 oder mehr Bewerbern (oder noch weniger) bekommt einen Platz.
Das führt dazu, dass sich tendenziell die leistungsfähigeren Studierenden dort sammeln (und dann dort weiter durch harte Prüfungen selektiert werden). Was natürlich beim einzelnen Studierenden nicht so sein muss (natürlich gibt es auch sehr leistungsstarke Studierende bei privaten Hochschulen), hat in der Gesamtheit doch wichtige Auswirkungen auf das Studium. Insgesamt gibt es im öffentlichen Bereich daher meist ein vergleichsweise leistungsorientiertes Umfeld mit höherem Standard. Wer fit ist und leistungsorientiert, wird sich also dort eher wohl fühlen. - Ein weiterer Unterschied: Es gibt keine Studiengebühren bei öffentlichen Anbietern, das verstärkt den Andrang und die Selektion der leistungsstärksten Studierenden nach Abschlussnote.
Was viele nicht wissen: In Ländern mit schlechter öffentlicher Bildung hat sich der private Hochschul-Sektor oft eine Premium-Position erkämpft (etwa in den USA) – in Deutschland ist es eher umgekehrt. Wer in Studiengängen wie Medizin oder Psychologie nicht aufgenommen wird (weil Noten und Testergebnisse zu schlecht sind), geht hier zu Lande zu privaten Anbietern. Das sehen auch Arbeitgeber in der Regel so. - Private Anbieter stehen zudem unter stärkerem Kostendruck, sie sind letztlich Unternehmen und müssen betriebswirtschaftlich denken. Was bedeutet das für ein Studium? Man möchte Inhalte für möglichst viele Studiengänge als Plattform nutzen (das ist effizient). Daher packt man letztendlich eher nur so viel Wirtschaftspsychologie bzw. Psychologie in einen Studiengang, dass dieser gerade noch so akkreditiert wird – und füllt den Rest mit BWL, Sprachen und anderen Soft-Skill-Veranstaltungen, die von Studierenden aus vielen Studiengängen besucht werden. Eine weitere Auswirkung: Professoren sind teuer, geringer qualifizierte Lehrbeauftragte billig – ein privater Anbieter hat daher ein wirtschaftliches Interesse, nur so viele Professoren einzusetzen, wie gerade nötig ist.
- Öffentliche Anbieter sind oft Universitäten und wollen den Studierenden eine gute Chance bieten, einen Platz in einem der stark nachgefragten staatlichen Master-Programme zu bekommen. Daher gibt es dort meist eine stärkere Grundlagen- und Forschungsorientierung und daraus entspringend tendenziell weniger Praxis-Ausrichtung.
Fazit: Es gibt erhebliche systematische Unterschiede zwischen öffentlichen und privaten Programmen im Bereich der Wirtschaftspsychologie. Man kann nicht pauschal sagen, so oder so ist es besser. Es stellt sich im Einzelfall die Frage, was jemand möchte und welches Angebot für ihn individuell passender ist.
Weiter zur nächsten wichtigen Frage, wenn man Wirtschaftspsychologie studieren möchte: Was ist genau drin im Studium?
Inhalte im Studiengang Wirtschaftspsychologie: Was ist drin in der Verpackung?
Wirtschaftspsychologie ist nicht gleich Wirtschaftspsychologie – zumindest was die Studienangebote angeht. Nicht nur, dass viele Inhalte oft BWL, Nebenfächer, Sprachen oder andere Soft-Skills sind – auch unter dem Label „Studiengang Wirtschaftspsychologie“ kann eine sehr unterschiedliche Ausrichtung zu finden sein.
- Oft hat das Studium einen Fokus auf Personalpsychologie, also Inhalte wie Personalauswahl, Führung, Personalentwicklung, Motivation und ähnliches.
- Andere Studiengänge richten sich auf Kunden- und Marketingpsychologie aus mit Inhalten wie Kommunikationspsychologie, Werbepsychologie, Marketingpsychologie, Preispsychologie und so weiter.
Manchmal gibt es auch eine Mischung mit unterschiedlichen Anteilen. Oft heißt die Verpackung nicht einmal Wirtschaftspsychologie, sondern gleich Personalpsychologie, Organisationspsychologie, Medienpsychologie oder Marketingpsychologie, Angewandte Psychologie und vieles mehr.
Es lohnt sich also zu wissen, was man möchte und genau hineinzusehen, was man bekommt.
Wirtschaftspsychologie studieren: Bachelor oder Master?
Reicht ein Bachelor in Wirtschaftspsychologie – und wenn ja welcher? Dazu dieser Abschnitt. Wirtschaftspsychologie studieren ist nur eine erste Entscheidung. Danach schließen sich weitere Fragen an. Hier geht es um die Frage: „Bachelor, Master, Promotion – wie weit will ich gehen?“
- Ein Bachelor soll berufsqualifizierend sein – was aber ein Wirtschaftspsychologie Bachelor tatsächlich oft nicht ist. Wer nur einen Bachelor machen möchte, der sollte genau hinsehen, was drin ist im Curriculum. Oft ist gerade bei Universitäten sehr viel Grundlagen und wenig Anwendung im Programm. Man wird dann am Arbeitsmarkt mit Mitbewerbern konkurrieren, die ein Mehrfaches an Credit-Points in einschlägigen Inhalten absolviert haben. Konkret würde man sich beispielsweise also auf Stellen im Personalmanagement bewerben, hatte aber nur acht Semesterwochenstunden einschlägige Inhalte und seine Bachelorarbeit. Man tritt dann gegen Wettbewerber an, die ggf. einen Bachelor voll ausgerichtet in HR-Management besucht haben und fünf Mal mehr Creditpoints einschlägige Inhalte belegt haben.
Fazit: Wer nur möglichst schnell berufsfähig sein und losarbeiten möchte, der sollte ggf. eher an einer privaten FH einen sehr praxisorientierten Bachelor absolvieren. Wer eine solide wissenschaftliche Ausbildung haben will und sich einfach für Psychologie interessiert, sollte an einer Universität (mit etwas Abschlag) öffentlichen Hochschule einen Bachelor belegen. Berufsfähigkeit kann man dann mit einem spezialisierten Master nachliefern – und man hält sich eine bessere Möglichkeit offen zu promovieren, falls man einen Doktortitel und mehr wissenschaftliche Expertise möchte. - Wer noch einen Wirtschaftspsychologie Master besuchen will und ggf. promovieren, sollte anders herangehen: Doktoranden sollen wissenschaftlich arbeiten, forschen und veröffentlichen. Sie werden nach dieser Eignung von den Betreuern an den Lehrstühlen ausgewählt. Darauf bereitet ein Bachelor und Master an einer staatlichen Universität oder (mit etwas Abschlag) öffentlichen Hochschule am besten vor. Private Anbieter sind dafür meist wenig geeignet, die Absolventen haben schlechte Karten, ausgewählt zu werden – erstens weil sie weniger für Forschung qualifizert sind, zweitens weil die öffentlichen Anbieter ihre eigenen Studierenden aus dem Bachelor unterbringen wollen. Natürlich vermitteln Hochschulen bei der Rekrutierung von neuen Studierenden einen anderen Eindruck nach dem Motto „Natürlich können Sie mit unserem Bachelorabschluss/Masterabschluss bei einer staatlichen Universität einen Master/ein Promotionsprogramm besuchen!“. Formaljuristisch ist das so auch richtig – praktisch hat man schlechte Chancen. Es empfiehlt sich im Beratungsgespräch konkret zu fragen, welche Lehrstühle in Deutschland gerade ehemalige Studierende bei ihrer Promotion betreuen – oft keiner oder sehr wenige. Teilweise haben private Anbieter daher im Ausland eigene Promotionsprogramme aufgebaut, die aber wieder Geld kosten und von der Reputation fraglich sind.
Fazit: Wer nach einem Bachelor gleich losarbeiten möchte, ist ggf. an einer privaten Fachhochschule oft besser aufgehoben, da es in der Regel stärkeren Praxisbezug und BWL in der Auswahl der Inhalte gibt. Wer solide wissenschaftlich ausgebildet werden will, sich mehr für Grundlagen und Psychologie interessiert, sowie in Richtung Master oder Promotion an einer öffentlichen Universität/Hochschule denkt, wird sich für einen Bachelor bei einem öffentlichen Anbieter entscheiden.
Wirtschaftspsychologie studieren: Tipps
Diese fokussierte Aufstellung nach Insider-Kenntnissen macht eines klar: Es gibt nicht das richtige Studium an sich, es kommt darauf an, wer man ist, was man kann und wohin man möchte. Anstelle allgemeinen Tipps nachzueifern ist es also sinnvoll, sich sehr persönliche und individuelle Fragen zu beantworten. Das hilft, sich als erstes Klarheit zu verschaffen, ob man überhaupt in Richtung Wirtschaftspsychologie studieren möchte und sich selbst zu fragen:
- Habe ich Lust in ein Feld einzutreten, in dem viele Personen mich mit großen Augen und fragenden Blicken betrachten, wenn ich sage, was ich mache?
- Kann ich damit leben, dass gerade kleinere Unternehmen mit meinem Abschluss nicht so direkt etwas anfangen können wie mit einem Juristen, Betriebswirt oder Ingenieur?
- Ist es für mich eine schöne Vorstellung, in einem noch nicht so etabliertem Wachstumsfeld mit dabei zu sein?
Hat man erst einmal entschieden, das man im Bereich Wirtschaftspsychologie studieren möchte, schließen sich andere Fragen an:
- Welche Studierenden mit welchem Leistungsstandard möchte ich mit mir im Programm haben, wie leistungsorientiert bin ich?
- Kann und will ich mir Studiengebühren leisten?
- Was ist drin im Curriculum, wie viel davon ist wirklich Psychologie, ist das die Richtung innerhalb der Wirtschaftspsychologie, die mich am meisten anspricht?
- Was interessiert mich mehr – Praxis oder Grundlagen?
- Führt die inhaltliche Ausrichtung mich beruflich eher in Richtung Personal oder in Richtung Marketing und Kommunikation?
- Welche Veranstaltung wird von hauptamtlichen Professoren unterrichtet, welche von Lehrbeauftragten mit geringerer Qualifikation?
- Möchte ich nach dem Bachelor gleich losarbeiten?
- Ist es mir wichtig, später einen Master bei einem öffentlichen Anbieter zu besuchen (etwa weil ich promovieren möchte und/oder keine Lust auf Studiengebühren habe)?
Sobald man diese Fragen beantwortet hat, kann man mit dieser Struktur auf die verschiedenen Angebote blicken und eine gute Entscheidung treffen. Es lohnt sich, dass man genau hinsieht und kritisch nachfragt bei den Anbietern. Es führt kein Weg daran vorbei, sich jedes einzelne Programm genau anzusehen.
Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.
Wirtschaftspsychologie: Literatur
Aktuelle Literatur-Tipps zu Wirtschaftspsychologie.
- Florian Wohlmuth (Autor) - Florian Wolny (Sprecher)
- Florian Wohlmuth (Autor) - Florian Wolny (Sprecher)
Warum braucht es eigentlich überhaupt Wirtschaftspsychologen, kann man das nicht alles mit gesundem Menschenverstand regeln? Dazu das nächste Kapitel.