Was ist Psychologie? Definition als Wissenschaft

Psychologie, was ist das? Das Wort ist in aller Munde und die meisten sind sich einig – sie ist wichtig. Nur was verbirgt sich genau hinter diesem Begriff? Dieses Kapitel schafft hier Klarheit.
Es liefert die Definition von wissenschaftlicher Psychologie, stellt ihre Aufgaben und Ziele vor und geht auf die Bedeutung dieser Wissenschaft ein. Und Leser erfahren, warum der Trident ihr Symbol ist. …

Psychologie ist die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten
Psychologie ist die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten

Psychologie: Definition und Begriff

Starten wir mit der Definition: Was ist Psychologie? Der Begriff Psychologie enthält die griechischen Wörter „psyche“ (Seele) und „logos“ (Lehre, Wissenschaft). Es gibt unterschiedliche Definitionen von Psychologie, bei denen typischerweise Begriffe wie Wissenschaft, Handeln, Denken, Erleben, Entscheidungen, Verhalten, Mensch, Individuum, Gruppe und empirisch vorkommen. Die zutreffendste Definition von Psychologie ist:

Psychologie ist die empirische Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen.

In diesem kurzen Satz zu Psychologie ist viel definiert. Es lohnt sich deshalb die einzelnen Punkte der Definition kurz genauer zu betrachten:

Verhalten
Verhalten bezieht sich dabei auf sämtliche direkt oder indirekte (etwa über technische Verfahren oder Ergebnisse von Verhalten) beobachtbare Prozesse. Dabei ermöglichen beispielsweise bildgebende Verfahren von neurologischen Prozessen im Gehirn immer bessere Beobachtungen von Verhaltensprozessen, die unmittelbar mit dem Erleben von Menschen zusammen hängen.

Erleben
Erleben bezeichnet nicht direkt beobachtbare Zustände und Prozesse wie etwa Emotionen, Motive, Entscheidungsprozesse oder Gedanken.

Mensch
Psychologie ist also eine Psychologie des Menschen. Der Mensch ist im Fokus. Manche zählen auch das Erleben und Verhalten von Tieren zum Forschungsgebiet der Psychologie. Zwar arbeiten Psychologen auch mit Tierversuchen, um Verhalten und dessen Beeinflussung und Veränderung zu untersuchen – sie tun das aber letztendlich, um Rückschlüsse auf Gesetzmäßigkeiten bei Menschen zu finden. Andere Psychologen verwenden virtuelle Individuen, um Modelle zu testen (Agent Based Modelling) – hier würde auch keiner behaupten, dass Psychologie die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten von Software oder KI ist. Diese ist ebenfalls nur ein Instrument, um sich dem Menschen zu nähern. Psychologie ist also die Wissenschaft vom Verhalten des Menschen. Das Verhalten von Tieren ist Forschungsgebiet der Verhaltensbiologie, einer Nachbarwissenschaft der Psychologie. Fazit: Psychologen arbeiten zwar in Experimenten mitunter auch mit Tieren (etwa mit Ratten, Tauben oder Affen), sie tun das aber letztlich mit dem Ziel, Schlüsse auf menschliches Erleben und Verhalten zu ziehen, indem sie allgemeine Theorien entwickeln und auch an Tieren testen.

nicht nur das Individuum
Nicht nur das Individuum ist Forschungsgegenstand der Psychologie. Insbesondere die Sozialpsychologie erforscht das Verhalten von Menschen im sozialen Kontext und das Erleben von ganzen Gruppen an Menschen.

empirische Wissenschaft
Empirische Wissenschaft bezieht sich auf die Entwicklung von Theorien, die mit Forschungsmethoden systematisch an der Realität überprüft und getestet werden – etwa mit Experimenten. Dem gegenüber stehen Ansätze, die Theorien entwickeln, die sich vielleicht auf den ersten Blick vernünftig anhören, aber diese nicht systematisch testen. Oft sind derartige Theorien dann auch so allgemein formuliert, dass man sie nicht oder kaum testen kann.

Die folgende Abbildung fasst die einzelnen Komponenten zur Definition der Psychologie nochmals fokussiert zusammen.

Die Definition von Psychologie beinhaltet mehrere Aspekte

Kurz dazu, warum der Trident das Symbol der Psychologie ist. Falsch ist folgende Legende: „Der Trident ist das Symbol des Teufels, weil psychische Erkrankungen früher als Form der Besessenheit gesehen wurden!“ Richtig ist: Der „Trident“ ist eigentlich der griechische Buchstabe „psi“, der ursprünglich die symbolische Bedeutung „Schmetterling“ hatte, später bei den Römern einen weiteren Bedeutungskreis als Symbol bekam mit „Atem“, „Energie“ und „Seele“. Es handelt sich als eher um ein Symbol für die menschliche Seele, den Geist. Mittlerweile benutzen Psychologen den Begriff „Erleben“.

Dazu mehr im nächsten Abschnitt. Dieser beschreibt die Aufgaben der Psychologie.

Psychologie: Ziele und Aufgaben

Psychologie hat vier große Ziele bzw. Aufgaben als empirische Wissenschaft. Sie soll menschliches Erleben und Verhalten des Menschen

  • beschreiben,
  • erklären,
  • vorhersagen und Konzepte für die
  • Veränderung von Erleben und Verhalten entwickeln.

Im Folgenden ein Blick auf diese vier Ziele der Psychologie:

Beschreibung
Begriffe wie Mitarbeitermotivation, Kundenzufriedenheit, Commitment, Berufserfolg oder Karriere sind für sich erst mal relativ „wertlos“, wenn sie nicht genau beschrieben werden. Genau deshalb ist ein wichtiges Ziel in der Psychologie, diese Konstrukte sorgfältig zu beschreiben und zu definieren. Erst wenn dies geschehen ist, kann man beispielsweise sinnvolle und valide Messinstrumente dafür entwickeln. Sonst besteht die Gefahr, dass bei einem Konstrukt wie „Mitarbeiterbindung“ jeder von etwas anderem redet – der eine vom Verbleib im Unternehmen, der nächste von emotionaler Bindung, der dritte von einer Art Zufriedenheit, der vierte von einem Mangel an alternativen Arbeitsstellen.
Wie sieht jetzt eine genaue Beschreibung aus? Als Beispiel können wir den Begriff Karriere definieren: „Karriere ist der hierarchische Aufstieg in Organisationen, verbunden mit neuen Aufgaben und einer formellen neuen Stellenbezeichnung.“ Diese Definition macht Karriere messbar und hilft abzugrenzen, was Karriere ist und was nicht – das reine Übernehmen neuer Aufgaben wäre hier noch keine Karriere nach dieser Definition.

Erklärung
Sobald Konstrukte wie Karriere definiert und messbar gemacht sind, können Psychologen anfangen zu messen und zu rechnen. Dazu benutzen sie meist Methoden der quantitativen Datenerhebung und der Statistik, um Erklärungen zu finden. Viele Menschen glauben beispielsweise, dass Karriere vor allem mit Arbeitsleistung zusammen hängt – das bekommen sie so schon in der Schule und später meist auch so von Unternehmen und Führungskräften vermittelt. Eine Fehlannahme: Psychologen haben herausgefunden, dass der Zusammenhang zwischen Leistung am Arbeitsplatz und Karriere mit unter 10 Prozent insgesamt nicht sonderlich hoch ist (Van Scotter, Motowidlo und Cross, 2000; Carmeli, Shalom und Weisberg, 2007). Dagegen haben sich deutliche Zusammenhänge mit Networking, sozialem Kapital und bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen gezeigt (vgl. Luthans, 1988; Ng et al., 2005). Beispielsweise machen extrovertierte Personen mit höherer Wahrscheinlichkeit Karriere. Auch Körpergröße spielt eine große Rolle für die Karriere, unter anderem, da unbewusst große Menschen eher als Führungskräfte ausgewählt werden (Hensley, 1993; Judge und Cable, 2004).

Vorhersage
Sobald Zusammenhänge erklärt sind, kann man Modell entwickeln, um Vorhersagen zu treffen. Beispielsweise kann man anhand der umfassenden Ergebnisse zu Einflüssen und Zusammenhängen der Karriere bei neuen Mitarbeitern oder Bewerbern vorhersagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit diese Karriere machen oder hohe Arbeitsleistung erbringen werden.

Veränderung
Vielleicht eine der wichtigsten Aufgaben und Ziele der angewandten Psychologie ist Veränderung.
Anhand der gefundenen Zusammenhänge kann man beispielsweise Mitarbeiter coachen, damit diese Karriere machen. Etwa indem sie Eigenschaften (z.B. wahrgenommene Ähnlichkeit mit Entscheidern und tiefere Stimme) und Verhalten (Networking, Proaktivität bei der Karriere) an sich verändern, um ihre Chancen zu erhöhen, ausgewählt zu werden als Führungskräfte.
Genauso können Psychologen auf Basis von Forschungsergebnissen den Unternehmen helfen, Führungskräfte auszuwählen, die tatsächlich gute Ergebnisse liefern. Auf wissenschaftlicher Grundlage können diese geeignete Maßnahmen ergreifen und verhindern, dass Menschen Karriere aus irrationalen Gründen machen (etwa weil sie groß sind, tiefe Stimmen haben, gut aussehen oder den Entscheidern ähnlich sind). Diese Unternehmen können ihre Personalauswahl dann wissenschaftlich fundiert optimieren und tatsächlich denjenigen Mitarbeitern mehr Verantwortung übertragen, die bessere Ergebnisse liefern.

Aus der Definition und den Zielen von Psychologie ergibt sich auch eine Definition für Psychologen.

Psychologen: Definition und Aufgaben

Was macht eine Psychologin oder ein Psychologe? Was ist ein Psychologe? Aus der Definition von Psychologie kann man auch eine Definition für Psychologe bzw. Psychologin ableiten:

Psychologen beschäftigen sich wissenschaftsbasiert mit dem Erleben und Verhalten von Menschen.

Die Beschäftigung spielt sich dabei ab in den vier Zielbereichen. Die vier Aufgaben von Psychologen:

  • Psychologen beschreiben Erleben und Verhalten. Das geschieht etwa, indem sie Tests einsetzen. Sie messen beispielsweise das Ausmaß der Mitarbeitermotivation und erheben die Arbeitsleistung.
  • Psychologen erklären Erleben und Verhalten. Beispielsweise nutzen sie Daten und Modelle, um zu erklären, warum in einem Team die Mitarbeitermotivation höher als in einem anderen ist.
  • Psychologen sagen Erleben und Verhalten von Menschen vorher. Sie testen beispielsweise Merkmale und Eigenschaften von Bewerbern und sagen mit ihren Modellen statistisch vorher, welcher Bewerber wahrscheinlich motiviert arbeiten wird und welcher eher nicht.
  • Psychologen verändern Erleben und Verhalten von Menschen. Beispielsweise verändern sie die Gestaltung von Arbeit und die Führungskultur in einem Unternehmen, um die Motivation der Mitarbeiter zu fördern.

Die Tätigkeit von Psychologen kann dabei in vielen verschiedenen beruflichen Feldern stattfinden: Etwa im Personalbereich, im Marketingbereich, im klinischen Bereich (Psychotherapie), im Pädagogischen Bereich, bei der Polizei, im Militär oder als Verkehrspsychologin.

Gerade die Aufgabe „Veränderung“ weist schon auf die Bedeutung der Psychologie des Menschen in der Praxis hin. Das vertieft der folgende Abschnitt.

Wissenschaftliche Psychologie: Bedeutung in Praxis

Warum ist wissenschaftliche Psychologie wichtig? Was macht sie besser? Die Bedeutung der Psychologie des Menschen zeigt sich vor allem in zwei Feldern: Sie ersetzt alltagspsychologische Fehlvorstellungen durch Wissenschaft. Und sie ergänzt Wissenschaften, die sich ebenfalls mit dem Menschen und seinem Verhalten befassen.

Psychologie ersetzt Alltagspsychologie
Die vorangehenden Kapitel zu Alltagspsychologie haben gezeigt, dass Menschen eine Vielzahl falscher Vorstellungen und Fehlkonzepte über ihre Mitmenschen haben. Das führt zum falschen Verhalten am Arbeitsplatz und suboptimalem Umgang mit Mitarbeitern, Kunden, aber auch mit Kindern, Freunden, Ehepartnern usw. Eine wichtige Bedeutung der Psychologie ist daher, dass sie alltagspsychologische Fehlvorstellungen durch wissenschaftlich empirisch abgesicherte Erkenntnisse und Modelle ersetzt. Damit hilft sie uns allen, erfolgreicher mit anderen Menschen umzugehen.

Psychologie verbessert unseren Umgang mit Menschen
Psychologie hilft in der Praxis mit anderen Menschen und uns selbst erfolgreich umzugehen. Egal, ob es darum geht, uns selbst oder Mitarbeiter wirksam zu motivieren, effektiv zu führen oder Kundenentscheidungen zu gewinnen: Psychologie liefert die wissenschaftlich abgesicherten Konzepte für den erfolgreichen Umgang mit anderen Menschen und mit uns selbst.

Psychologie ergänzt andere Wissenschaften
Auch weitere Wissenschaften befassen sich mit menschlichem Verhalten.
Manche Wissenschaften betrachten den Menschen vorwiegend rational theoretisch – etwa die klassische Ökonomie. Rein rational kann man aber das meiste Verhalten nicht erklären – etwa, warum Coca-Cola die erfolgreichste Getränkemarke ist, Menschen rauchen, ehrenamtlich arbeiten oder jemand anonym spendet. Hier kann die Psychologie erklären, warum sich Menschen oft anders und irrational verhalten.
Andere Wissenschaften nähern sich dem Menschen über sein Umfeld (etwa Soziologie und Kulturwissenschaften) oder physisch (etwa Biologie und Humangenetik). Hier ist Psychologie eine wichtige Ergänzung und Schnittstelle. Sie zeigt beispielsweise, wie sich Hormone in unterschiedlichem Verhalten und Erleben widerspiegeln oder Gene die Persönlichkeit und Kompetenzen (etwa Intelligenz) eines Menschen prägen.

Psychologie hilft Menschen
Nicht zuletzt ist Psychologie natürlich speziell wichtig, um Menschen bei Herausforderungen zu helfen. Sei es jemand, der psychisch krank (etwa Depressiv ist), jemand der in der Schule mit den Leistungen absackt (etwa Dyskalkulie), die Führungskraft, die Mitarbeiter motivieren möchte oder ein Geschäft, das Kunden gewinnen will.

Der nächste Abschnitt stellt vor, wie sich die Erkenntnismethoden der Psychologie verändert haben.

Ist Psychologie eine Naturwissenschaft?

Manche sehen in der Psychologie eine empirische Sozialwissenschaft. Andere sehen in ihr eine Geisteswissenschaft. Viele Psychologen nutzen auch naturwissenschaftliche Methoden. Daher liegt Psychologie quer zu diesen „Schubladen“, lässt sich nicht einfach nur in eine dieser Kategorien einordnen.

Die in der Psychologie zur Erkenntnis eingesetzten Methoden können dem entsprechend nach vielfältigen Gesichtspunkten abgegrenzt werden. Besonders deutlich kann man dabei empirisch ausgerichtete und geisteswissenschaftlich geprägte Ansätze abgrenzen (vgl. v. Rosenstiel, 2007).

  • Empirische Psychologie beschreibt, erklärt und prognostiziert anhand von Theorien, die auf systematischer Beobachtung und Erfahrung beruhen, bzw. noch nicht falsifiziert werden konnten. Damit grenzt sie sich ab von psychologischen Ansätzen, die auf Grund von Intuition, Spekulation und introspektiver Plausibilität „Erklärungen“ anbieten. In der Wissenschaft wird Psychologie ganz überwiegend empirisch betrieben, man benutzt quantitative Methoden. Auch die Mehrheit der praktisch tätigen Wirtschaftspsychologen sind dem naturwissenschaftlich orientiertem Zweig hinzu zu zählen.
  • Neben dem empirisch-naturwissenschaftlich geprägten Forschungsstrang besteht auch schon länger ein geisteswissenschaftlich geprägter Zweig der Psychologie. Dieser Zweig orientiert sich nicht am beschreiben, erklären und vorhersagen mit allgemein gültigen Theorien, sondern möchte den einzelnen Menschen in seiner Einzigartigkeit verstehen und Erklärungen anbieten. Mitunter werden auch Modelle entwickelt, die sich plausibel anhören – man überprüft diese aber nicht systematisch auf ihre Gültigkeit. Damit ist der Ansatz ebenfalls sehr fruchtbar für die Wirtschaftspsychologie, vor allem in der Praxis durch die zahlreichen qualitativen Methoden. Ob der Zweig wirklich als Wissenschaft mit dem Ziel eines generalisierbaren Erkenntnisgewinns bezeichnet werden kann, ist zweifelhaft und wird von den Anhängern dieses Zweiges auch meist nicht angestrebt. Eher handelt es sich hierbei um eine nützliche Methodensammlung, um im Einzelfall in der Praxis wichtige Erkenntnisse zu gewinnen.

Obgleich sich diese Strömungen im Menschenbild stark unterscheiden und in der Wissenschaft deutlich getrennt voneinander auftreten, wirkt die Angewandte Psychologie hier integrativ. Disziplinen wie die Wirtschaftspsychologie bedienen sich der Forschungsergebnisse aller Strömungen, um Theorien für angewandte Fragestellungen zu entwickeln. Spätestens die Praxis macht sich brauchbare Konzepte verschiedener Forschungsstränge ohne Dünkel nutzbar und kombiniert diese zum Vorteil miteinander.

Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.

Bücher über Psychologie: Literatur

Aktuelle Literatur-Tipps und Bücher zu Psychologie als Wissenschaft.

Ein Ziel von Psychologie ist also das Verändern von Verhalten und Erleben bei Menschen. Dazu das folgende Kapitel.