Was macht Angewandte Psychologie besonders oder anders als Grundlagenforschung? Sie liefert Theorien für die Praktische Psychologie, für die Anwendung. Das zeigt dieses Kapitel am Beispiel. Dazu stellt es zwei Motivationstheorien gegenüber, die zu einem ähnlichen Zeitpunkt entwickelt wurden. Die Motivationstheorie von Abraham Maslow als Beispiel für eine Theorie der Grundlagenorientieren Psychologie (Maslow, 1954). Und die Motivationstheorie von Herzberg und Kollegen als Beispiel für eine Theorie der Angewandten Psychologie (Herzberg, Mausner und Snyderman, 1959). …
In diesem Beitrag:
Beispiel für Grundlagenorientierte Psychologie: Maslows Bedürfnispyramide
Das vorangehende Kapitel hat gezeigt, dass Grundlagenorientierte Psychologie sich für das Erleben und Verhalten im allgemeinen interessiert. Entsprechend ist die Theorie von Maslow aufgebaut, sie ist daher hier als exemplarisches Beispiel aufgeführt. Man kann sie unter die Leitfrage stellen: „Welche Motive haben Menschen im allgemeinen?“
Maslows Theorie geht von einer hierarchischen Struktur der Motive aus – daher auch der Begriff Bedürfnispyramide. Statt Motiv verwendet er den Begriff Bedürfnis. Als unterste Ebene der Pyramide nimmt Maslow die physiologischen Grundbedürfnisse (z.B. Hunger, Durst, Atmung, …) an. Erst wenn diese befriedigt sind, so die Theorie, wird die nächsthöhere Motivgruppe aktiviert, die Sicherheitsbedürfnisse (z.B. Schutz, Angstfreiheit, …). Es folgen soziale Bedürfnisse wie Kontakt, Liebe und Zugehörigkeit. Darüber wiederum liegen Bedürfnisse des Selbstwertes wie Anerkennung und Status. An der Spitze der Pyramide steht das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung.
Eine wichtige Annahme der Theorie sind die Stufen und der hierarchische Aufbau: Erst wenn die untere Bedürfnisklasse befriedigt ist, kann jeweils die nächste obere Bedürfnisklasse aktiviert werden. Daher kann jemand beispielsweise erst Selbstverwirklichung anstreben, wenn alle darunter liegenden Bedürfnisse zufrieden gestellt sind.
Die Theorie von Maslow scheint vielen Menschen auf den ersten Blick plausibel und hat sich entsprechend erfolgreich in der Praxis verbreitet. Doch Vorsicht ist angebracht, denn auf den zweiten Blick bestehen viele Kritikpunkte an der Theorie. Darauf geht der folgende Schaukasten ein.
Maslows Pyramide: Kritik
Die Bedürfnispyramide hat viel Kritik erfahren. Hier die wichtigsten Punkte.
Schon ohne umfangreiche wissenschaftliche Studien lassen einfache Alltagsbeobachtungen Zweifel entstehen an der von Maslow angenommene Hierarchie der Motive. Wir finden Personen, die ihre Sicherheit für Status (Selbstwert) beeinträchtigen (z.B. Mutproben), die für Selbstverwirklichung die Gesundheit riskieren (z.B. hungern für eine schlanke Figur oder riskante kosmetische Operationen für ein gewisses Aussehen) und auch Menschen, die sich im Extremfall selbst (Sicherheit) für geliebte Menschen (soziale Bedürfnisse) gefährden. All dies sind Beispiele für eine umgekehrte Reihenfolge, als es die Theorie vorhersagt. Schwankungen in der Bedeutung und sogar der gesamten Hierarchie von Motiven können ganze Gruppen an Mitarbeitern betreffen. So kann die Bedeutung von Aspekten im Bereich Sicherheit oder Selbstverwirklichung je nach Lebensabschnitt und Alter sehr unterschiedlich sein. Auch können soziale Motive interkulturell deutlich unterschiedlich ausgeprägt sein – etwa ist die Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen in China wichtiger als in Deutschland (Ma und Becker, 2015).
Würden die Annahmen der Theorie von Maslow zutreffen, hätte das natürlich auch gravierende Bedeutung für die Praxis. Aber auch hier sind deutliche Zweifel angebracht. Beispielsweise würde es gar keinen Sinn machen, einem Konsumenten Produkte anzubieten, die dessen Prestige erhöhen (Selbstwert), wenn das soziale Kontaktbedürfnis (soziale Bedürfnisse) noch nicht zufrieden gestellt ist. Wahrscheinlicher ist aber, dass jemand der sich nach sozialer Zugehörigkeit sehnt, sogar anfälliger für status-bezogene Angebote ist. Er hofft sich dadurch Zugehörigkeit und Akzeptanz zu kaufen. Ebenso würde es keinen Sinn machen, einem Mitarbeiter Freiraum bei der Arbeit einzuräumen (Selbstverwirklichung), wenn dessen soziales Kontaktbedürfnis noch nicht befriedigt ist (soziale Bedürfnisse) oder er noch keinen hohen Status genießt (Selbstwert). Diese Beispiele zeigen schnell, dass die hierarchische Struktur in der Theorie von Maslow weltfremd ist. Ein stumpfes Beachten der Bedürfnishierarchie führt zu unsinnigen, ja schädlichen, Maßnahmen in der Praxis.
Tatsächlich fallen auch die Ergebnisse von empirischen Überprüfungen der Theorie von Maslow entsprechend negativ aus (vgl. Gebert und v. Rosenstiel, 2002, S. 48). So konnte neben der behaupteten Hierarchie unter anderem auch die von Maslow angenommene Abgrenzung der Motivklassen nicht wissenschaftlich bestätigt werden. Die Motive sind so abstrakt formuliert, dass sich fast jedes Verhalten mit allen von ihnen erklären lässt und widersprüchliches Verhalten auf die gleichen Motive zurückführen lässt. Jemand fokussiert sich voll auf die Arbeit und vernachlässigt die Familie – Selbstverwirklichung! Jemand mit dem gegenteiligen Verhalten, vollem Fokus auf die Familie und Vernachlässigung der Arbeit – auch Selbstverwirklichung! Beides kann aber natürlich auch soziales Kontaktbedürfnis sein: Der erste sucht den Kontakt mit den Kollegen, der zweite mit seiner Familie. Oder Sicherheit: Der eine Sucht den Schutz in der Zugehörigkeit der Kollegen, der andere in der Familie. Das führt dazu, dass man mit der Theorie scheinbar jedes Verhalten erklären kann aber nichts vorhersagen und auch kaum praktische Maßnahmen ableiten kann. Was nützt es beispielsweise zu wissen, dass Mitarbeiter einen hohen Wunsch nach Selbstverwirklichung haben? Sehr wenig, denn die individuellen Vorstellungen, wie Selbstverwirklichung konkret aussieht, sind zu unterschiedlich.
Für die Zwecke der Mitarbeitermotivation sind also eher Motive auf einer viel konkreteren Ebene sinnvoll: Etwa wie viel Entscheidungsfreiraum oder Abwechslung sich Mitarbeiter bei ihren Arbeitsaufgaben wünschen. Auf dieser Ebene könnte man dann sehr gut vorhersagen, welche Aufgabe, welchen Mitarbeiter motivieren kann und auch einfach praktische Maßnahmen für mehr Motivation ableiten.
Darüber hinaus fehlen im Modell auch inhaltlich ganz wesentliche Motive – beispielsweise Leistung oder Macht. Maslow sieht als Humanist nur die „sonnige“ Seite der Motivation von Menschen, wie etwa den Wunsch nach sozialer Zugehörigkeit. Andere Motive, etwa andere auszugrenzen und sich abzugrenzen, Macht über Menschen zu haben, den Wunsch, diese zu unterdrücken oder auch Gier sieht er nicht.
Die Theorie geht davon aus, dass alle Menschen die gleichen Motive haben. Dadurch geht die Aufmerksamkeit für wichtige Unterschiede bei der Motivationzwischen Menschen (und auch ganzen Menschengruppen) verloren. Tatsächlich reagieren Menschen sehr unterschiedlich auf die gleichen Anreize und haben sehr unterschiedliche Motive, die sie antreiben (z.B. Winter, 2002). Auch sonst bestehen große Unterschiede bei Menschen, die sich auf die Motivation auswirken, wie etwa bei Optimismus (Xanthopoulou et al., 2007; Hakanen und Lindbohm, 2008), Persönlichkeit (z.B. Judge et al., 2007), Selbstwirksamkeit (Stajkovic und Luthans, 1998) oder Selbst-Regulation (Steel, 2007).
Fazit: Der Nutzen der Bedürfnispyramide für die Praxis ist sehr fragwürdig.
Der nächste Abschnitt zeigt als Kontrast zu dieser Motivationstheorie aus der Grundlagenorientierten Psychologie eine Motivationstheorie der Angewandten Psychologie.
Beispiel für Angewandte Psychologie: Herzbergs Motivationstehorie
Die Theorie von Herzberg, Mausner und Snyderman ist ein Beispiel für Angewandte Psychologie. Diese interessiert sich für das Erleben und Verhalten von Menschen in einem bestimmten Anwendungskontext. Entsprechend war ihre Frage: „Welche konkreten Aspekte im Umfeld von Mitarbeitern zerstören Motivation und was fördert Motivation?“
Für ihre Forschung befragten Frederick Herzberg und sein Team zahlreiche Arbeiter nach verschiedenen konkreten Situationen im Arbeitsleben (Critical-Incident-Technique). Die Befragten sollten einerseits Situationen schildern, in denen sie sich besonders zufrieden gefühlt haben. Zum anderen haben die Wissenschaftler die Mitarbeiter nach konkreten Situationen gefragt, in denen sie sich unzufrieden gefühlt haben.
Die von den Befragten genannten konkreten Ereignisse werteten die Forscher inhaltlich aus und erstellten Häufigkeitslisten, was Mitarbeiter zufrieden macht und was Mitarbeiter unzufrieden macht. Interessanterweise unterschieden sich die inhaltlichen Kategorien an Ereignissen deutlich, je nachdem ob nach Ereignissen gefragt wurde, die zufrieden machen oder aber nach Ereignissen, die unzufrieden machen. Daher grenzte man zwei Faktoren voneinander ab: Hygienefaktoren bei der Arbeit, die vor allem genannt wurden auf die Frage, was die Mitarbeiter unzufrieden macht; Motivatoren bei der Arbeit, die Mitarbeiter vor allem nannten auf die Frage, was sie zufrieden macht. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick zu den konkreten Inhalten bei Hygienefaktoren und Motivatoren (vgl. Herzberg, 1972).
Hygienefaktoren bei der Arbeit
Motivatoren bei der Arbeit
Hier nannten die Mitarbeiter insbesondere
die Verwaltung,
die Führung,
die Qualität der Beziehung zur Führungskraft,
die Arbeitsbedingungen,
die Höhe der Bezahlung,
die Qualität der Beziehungen zu Kollegen und
die Qualität der Beziehungen zu Mitarbeitern.
Nennungen hier betrafen vor allem die Themen
Leistungserleben,
Anerkennung,
die Arbeit selbst,
Verantwortung und
ein Wachstumsgefühl.
Konsequenterweise leiten die Autoren daraus ab, dass Unzufriedenheit und Zufriedenheit verschiedenste Aspekte betreffen und daher zwei verschiedene Dimensionen darstellen – und nicht einfach Gegenpole auf einer einzigen Dimension sind.
Die eine Dimension (Hygienefaktoren) beschreibt das Umfeldder Arbeit (z.B. Verwaltung oder die Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen). Diese Dimension bestimmt, ob Unzufriedenheit besteht. Sind die Hygienefaktoren günstig ausgeprägt, dann besteht keine Unzufriedenheit – aber das bedeutet nicht, dass Mitarbeiter motiviert oder zufrieden sind. Der Gedanke kann mit dem Bild eines Menschen mit Zahnschmerzen verdeutlicht werden: Mit Zahnschmerzen ist die Person unzufrieden. Nach einem Zahnarztbesuch sind die Zahnschmerzen weg, die Person nicht mehr unzufrieden. Das bedeutet aber noch nicht, dass sie deswegen zufrieden ist, ein Problem wurde einfach abgeschaltet. Auch wenn sie jetzt noch so oft zum Zahnarzt geht, wird sie dadurch nicht zufriedener werden. Dafür sind andere Ansatzpunkte notwendig.
Eine weitere Dimension (Motivatoren) fokussiert sich auf die Arbeit an sich (z.B. Ausmaß der Verantwortung und Leistungserleben). Diese Aspekte können Zufriedenheit und Motivation herstellen – aber erst, wenn die Hygienefaktoren optimiert wurden.
Das Gegenteil von Unzufriedenheit ist daher nach Herzberg nicht Zufriedenheit, sondern nur das Ausbleiben von Unzufriedenheit. Die Zahnschmerzen sind sozusagen weg, aber zufrieden ist man deswegen noch nicht.
Auch hier eine Kritik im folgenden Schaukasten.
Herzbergs Motivationstehorie: Kritik
Gegen die Interpretation der Forscher sprechen ein paar kritische Faktoren:
Die Kategorien sind immer noch relativ abstrakt. Das Verdienst von Herzberg und Kollegen ist, den Blick auf wesentliche Aspekte im Umfeld von Mitarbeitern (z.B. die Führung oder die Arbeit an sich) gelenkt zu haben. Ein wichtiger Schritt. Was in der Theorie fehlt, ist dann immer noch der nächste Schritt: Wie sieht eigentlich eine motivierende Führung genau aus? Wie gestaltet man Arbeitsaufgaben konkret, damit sie motivieren? Ohne den Schritt auf diese ganz konkrete Ebene bietet das Modell nur beschränkten Praxisnutzen. Mittlerweile gibt es sehr viel Forschung zu genau dieser konkreten Ebene.
Gleichsetzen von Zufriedenheit und Motivation. Herzberg und sein Team setzen implizit Zufriedenheit am Arbeitsplatz und Arbeitsmotivation gleich. Das hat sich empirisch nur sehr begrenzt finden lassen, teilweise gibt es sogar gegenläufige Effekte. Beispielsweise ist die Arbeitszufriedenheit von Menschen zu einem nicht unerheblichen Teil (ca. 30%) einfach angeboren und nicht von außen bestimmt (Hahn et al., 2016). Zudem ist der von den Autoren unterstellte durchweg positive Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Motivation nicht existent (Bowling, 2007). So gibt es zahlreiche Beispiele für Abweichungen: Etwa dass Zufriedenheit gerade daraus entspringt, dass wenig geleistet wird bzw. wenig geleistet werden muss. Oder es gibt Fälle, bei denen Zufriedenheit daraus entspringt, dass jemand eigene Ziele erreicht (z.B. ein Bankberater eine Provision) aber Organisationsziele verfehlt (z.B. ist die Kundenzufriedenheit niedrig, da der Bankberater ihnen ungeeignete Finanzprodukte verkauft hat).
Einseitiges Zuordnen als Hygienefaktor oder Motivator. Auch das Konzept der Hygienefaktoren (die nur demotivieren können) und der Motivatoren (die nur motivieren können) ist so nicht haltbar. Herzberg und sein Team ordnen beispielsweise Führung den Hygienefaktoren zu. Tatsächlich hat sich aber gezeigt, dass Führung ein sehr starker Motivator ist, der wesentlich mehr kann, als Mitarbeiter nur nicht zu demotivieren. Gerade neuere Ansätze wie transformationale Führung (Bass und Riggio, 2006) unterstreichen die Möglichkeit, Mitarbeiter als Führungskraft stark zu motivieren (Sosik, 2005; Avolio, 2010; Aryee et al., 2012). Das Konzept der Hygienefaktoren und Motivatoren ist daher zwar auf den ersten Blick für viele einleuchtend, hat sich aber so nicht halten lassen. Tatsächlich können die meisten Aspekte je nach Ausprägung motivieren und demotivieren.
Verschleierung der wahren Motivatoren. Es ist bekannt, dass Menschen die Gründe für Erfolg und positive Ereignisse eher bei sich selbst suchen, bei Misserfolg die Ursachen allerdings außen suchen – in der Psychologie spricht man von extern attribuieren. Das gilt vor allem in den USA (vgl. Mezulis et al., 2004; Chandler et al., 1981), von wo die Forschungsergebnisse der Theorie von Herzberg stammen. Eben diese Struktur deutet sich auch in den Befunden an: Unzufriedenheit verursachen hier eher andere Menschen in Verwaltung, Führung oder dem Kollegenkreis; Zufriedenheit kommt eher von innen aus dem Leistungserleben, der Arbeitstätigkeit und dem Gefühl von viel Verantwortung. Das schützt natürlich den Selbstwert. Am Schlechten sind die anderen schuld! Es ist daher möglich, dass diese typisch menschliche Ursachenzuschreibung die wahren Gründe für Demotivation und Motivation verzerrt.
Unzulässige Generalisierung der Motivatoren und Hygienefaktoren. Herzberg, Mausner und Snyderman gehen davon aus, dass die von ihnen in der Studie gefundenen Motivatoren und Hygienefaktoren generell gültig sind. Die Art und die Hierarchie der Bedingungen, die zu Zufriedenheit bzw. zu Unzufriedenheit führen, sind aber nicht generalisierbar. Je nach Situation ändern sich die Bedeutungen der einzelnen Faktoren für die Zufriedenheit. In einer Wirtschaftskrise sollte z.B. das Gehalt wichtiger werden, als es bei den Ergebnissen von Herzberg ist. Zudem unterscheidet sich die Bedeutung der einzelnen Aspekte auch von Mensch zu Mensch und von Zielgruppe zu Zielgruppe. Das soziale Umfeld am Arbeitsplatz ist etwa durchschnittlich für Frauen wichtiger als für Männer (vgl. z.B. Minton, Schneider und Wrightsman, 1980).
Unterstützung bekommt die Theorie von Mausner und Snyderman durch neuere Forschungsergebnisse, dass Herausforderungen bei der Aufgabe selbst motivierend wirken, aber Hindernisse im Umfeld der Aufgabe demotivieren (Crawford et al., 2010). Diese Unterscheidung in die Aufgabe selbst und das Umfeld, in dem eine Aufgabe stattfindet, ist wichtig: Das Umfeld, in dem eine Aufgabe stattfindet (also etwa Verwaltung, soziales Umfeld und Arbeitsbedingungen) muss frei von Hindernissen sein, damit die Aufgabe selbst motivieren kann. In der Praxis geht man mitunter davon aus, dass diese Hindernisse im Umfeld selbst Herausforderungen sind und die Mitarbeiter motivieren – doch das Gegenteil ist der Fall. Hindernisse demotivieren, sie sind keine Herausforderungen. Motivierende Herausforderungen liegen im Anspruch der Arbeitsaufgabe, nicht in widrigen Umweltbedingungen.
Der letzte Abschnitt macht nochmal den Nutzen durch Angewandte Psychologie deutlich.
Nutzen durch Angewandte Psychologie
Der Vergleich beider Theorien macht klar: Man kann nicht genug betonen, um wie viel konkreter der praktische Nutzen wird, sobald Wissenschaftler eine angewandte Perspektive einnehmen. Herzberg, Mausner und Snyderman haben den Blick für die äußeren Einflüsse auf Mitarbeitermotivation geöffnet. Sie haben den Fokus auf das Umfeld von Mitarbeitern gelenkt, auf die Frage: „Welche konkreten Aspekte im Umfeld von Mitarbeitern zerstören Motivation und was fördert Motivation?“ Ein großer Fortschritt. Zuvor hatte man den Blick meist nach innen auf allgemeine Motive gerichtet nach dem Motto: „Welche Motive haben Menschen im allgemeinen?“. Mit diesem Perspektivwechsel konnten Unternehmen und Führungskräfte ganz konkret an einzelnen Aspekten ansetzen, um Mitarbeitermotivation zu fördern. Ein deutlicher Zugewinn an Wirkung bei der Mitarbeitermotivation.
An der Zwei-Faktoren-Theorie sieht man gut, dass erst die konkrete empirische Untersuchung von Motiven in einem Kontext (in dem Fall der Arbeitsplatz) bei einer konkreten Zielgruppe (in dem Fall die Arbeitnehmer) sinnvolle Kategorien an Motiven liefert. Die Ergebnisse sind wesentlich handhabbarer und brauchbarer für praktische Maßnahmen als beispielsweise bei der Bedürfnispyramide (Maslow, 1954).
Forschungsergebnisse in die Praxis zu übertragen und dort zu nutzen, ist nicht immer einfach. Mitarbeiter und Kunden sind sehr verschieden (etwa je nach Kultur) und einige Punkte können sich rasch ändern. Im nächsten Kapitel geht es um diese Herausforderung.