Motive: Psychologie, Definition und Eigenschaften

Motivation ist in der Psychologie auf das Engste mit dem Begriff Motiv verbunden. Was aber genau sind Motive? Welche Merkmale haben sie? Dieses Kapitel fasst die Psychologie und Forschung dazu kompakt zusammen. Es gibt eine Definition und zeigt die wesentlichen Eigenschaften in einer Übersicht. …

Autor: Diplompsychologe Professor Dr. Florian Becker

Motive sind verschachtelt wie russische Puppen – hinter einem Motiv steht oft ein anderes Motiv
Motive sind verschachtelt wie russische Puppen – hinter einem Motiv steht oft ein anderes Motiv

Motive in der Psychologie: Definition

Eine Basis von Motivation sind Motive. Motivation ist abhängig von gerade aktiven Motiven bei einem Menschen. So kann die Motivation, eine Arbeitstätigkeit auszuführen, aus den unterschiedlichsten Motiven entspringen – etwa Leistung, Macht, sozialer Kontakt, Selbstverwirklichung und so weiter. Das Selbe wie für das Verhalten am Arbeitsplatz gilt natürlich für viele andere Verhaltensweisen etwa im Konsumbereich oder Sozialverhalten.

Hier die Definition:

Motive sind einzelne, isolierte Beweggründe menschlicher Verhaltensbereitschaft.

Isolierte Motive können zum Beispiel das Motiv nach sozialer Anerkennung oder nach Leistung sein. Unterschiedliche Motive äußern sich in verschiedenen Präferenzen der einzelnen Mitarbeiter für Verhaltensweisen und Ziele mit bestimmten Wirkungen. Wer beispielsweise stark nach sozialer Anerkennung strebt, wird eher Verhalten und Ziele auswählen, die ihm diese Anerkennung einbringen. Wer wiederum ein Leistungserleben sucht, wird eher Verhalten und Ziele auswählen, die ihm dieses Leistungserleben ermöglichen.

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Für die Praxis ist das hoch relevant. Wichtig ist beispielsweise herauszufinden, was die zu Grunde liegenden Motive für ein erwünschtes Verhalten sind. Und Führungskräfte können ihre Wirkung steigern, wenn sie erkennen, welche Motive einen einzelnen Mitarbeiter antreiben.

Der nächste Abschnitt zeigt die Eigenschaften von Motiven.

Psychologische Motive: Eigenschaften

Welche Eigenschaften haben einzelne Motive? Bei einzelnen Motiven lassen sich verschiedene Eigenschaften abgrenzen, die folgende Abbildung zeigt.

Motive: Eigenschaften und Merkmale
Motive: Eigenschaften und Merkmale

Diese Eigenschaften von Motiven sind im Einzelnen (erweitert nach v. Rosenstiel und Neumann, 2002):

Herkunft
Zum Einen ist die Genese eines Motivs relevant. Wo kommt ein Motiv her? Motive können angeboren (z.B. Durst, Vermeidung von Schmerz) oder erlernt sein (z.B. Wunsch nach Coca-Cola, Angst vor offenen Stromkabeln). So wird man beispielsweise in machen Kulturen lernen, Durst mit Bier zu löschen, in anderen Kulturen nimmt man Tee. Zahlreiche Kapitel in diesem Text befassen sich damit, wie Motive bei Mitarbeitern entstehen: Sei es durch motivierende Führung, die Wirkung von Teams, den Einsatz von Anreizen oder motivierende Ziele. Und es geht auch darum, wie man bestimmte gelernte Motive beseitigt – etwa bei unerwünschten Gewohnheiten von Mitarbeitern.

Stärke
Motive unterscheiden sich zudem auch nach ihrer Stärke. Manche Motive sind sehr stark ausgeprägt, andere schwächer. Je stärker ein Motiv ist, desto einflussreicher ist es natürlich auch auf Verhalten. Starke Motive führen auch zu einem hohen gedanklichen Fokus, kontrollieren das Denken und die Aufmerksamkeit. In diesem Text befassen sich fast alle Kapitel letztendlich mit der Herausforderung, eine hohe Arbeitsmotivation zu schaffen und aufrecht zu erhalten.

Persistenz
Die Persistenz, mit der ein Motiv besteht, ist sehr unterschiedlich. Manche Motive sind eher langfristig aktiv (z.B. Macht), andere treten kurz auf und verschwinden wieder, wenn sie befriedigt wurden (z.B. Hunger). Naturgemäß geht es im Personalbereich meist darum, langfristigere Motive anzusprechen, um nachhaltig zu motivieren.

Frequenz und Kontext
Manche Motive treten mit eher hoher Frequenz auf (etwa zu atmen), andere mit geringerer Frequenz (etwa zu schlafen). In der Praxis ist es häufig ein Ziel, die Frequenz zu erhöhen, mit der bestimmte Motive auftreten. Das geschieht beispielsweise, indem man Kontexte intensiv mit Motiven verknüpft und diese damit zu auslösenden Kontexten macht, die ein Verhalten automatisch motivieren (Shiffrin und Dumais, 1981; Wood und Neal, 2007). So verknüpft die Marke Beck’s ihr Bier über Werbung mit dem Kontext „Freunde“. Sobald Konsumenten dann an Freunde denken oder Freunde da sind, erinnern sie sich an diese Marke und das Motiv, ein Bier zu trinken, wird geweckt. Bei Mitarbeitern geht es ebenfalls darum, bestimmte Kontexte mit Motiven zu verknüpfen – etwa den Anblick des Arbeitsplatzes mit dem Bearbeiten der Arbeitsaufgaben oder eine bestimmte Situation mit dem Beachten von Sicherheitsvorschriften.

darauf wirkende Anreize
Motive werden auch durch die verschiedensten Anreize geweckt. Sie lassen sich daher entsprechend danach abgrenzen, von welchen Anreizen sie aktiviert werden. So kann etwa der Anblick und Geruch von Essen, das Motiv Hunger verstärkt aktivieren. Dabei spielt auch eine Rolle, welche Motive Menschen gelernt haben. Der Anblick eines guten Käses wird in Europa vielleicht Hunger auslösen, in einigen asiatischen Ländern dagegen sogar Ekel. Umgekehrt gilt das auch für Delikatessen aus asiatischen Ländern: Hühnerfüße oder tausendjährige Eier sind eher ungeeignet, um bei einem typischen Deutschen Hunger zu wecken. Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, die Motive einer Zielgruppe oder einzelner Personen tiefgehend zu analysieren, um geeignete Anreize auswählen zu können. Aufgaben, Anreize und Ziele können erst dann maximal motivieren, wenn sie die einzelnen Zielpersonen berücksichtigen. Dazu dann mehr in späteren Kapiteln.

Hierarchie
Motive sind darüber hinaus in eine Hierarchie eingebunden, mit Motiven, die hinter anderen Motiven liegen – ähnlich wie bei einer russischen Puppe mit verschiedenen Hüllen, die immer wieder eine neue Puppe umschließen. So kann bei einer männlichen Führungskraft beispielsweise hinter dem Motiv, Macht zu haben, das Motiv stehen, Status zu bekommen – und hinter dem Motiv Status kann wiederum das Motiv stehen, attraktive Frauen anzuziehen. Häufig sind Menschen diese zu Grunde liegende Motive nicht voll bewusst. Um diesen Bewusstseinsgrad geht es im nächsten Punkt.

Bewusstsein
Es gibt Motive, die voll bewusst sind. Andere Motive hingegen sind noch nicht bewusst geworden oder verbleiben der Person gänzlich unbewusst. So kann es beispielsweise der oben genannten männlichen Führungskraft bewusst sein, dass sie Macht anstrebt. Die dahinter liegenden Motive nach Status und besserem Zugang zu attraktiven Frauen sind dieser männlichen Führungskraft aber vielleicht nicht ganz oder überhaupt nicht bewusst. Die meisten Motive bleiben erst einmal unbewusst, bis sie eine gewisse Schwelle erreicht haben. Ein gutes Beispiel ist Durst. Man denkt nicht permanent daran, etwas zu trinken. Erst wenn der Durst ein gewisses Niveau erreicht hat, wird er uns bewusst. So bleibt der Kopf frei, sich immer nur um wenige Motive gleichzeitig zu kümmern. Viele Motive werden auch nie bewusst, sondern einfach automatisch in Gewohnheiten umgesetzt. Ungefähr die Hälfte des täglichen Verhaltens von Menschen ist durch derartige Gewohnheiten geprägt (Wood, Tam und Witt, 2005). Am Arbeitsplatz kann das große Herausforderungen verursachen, wenn beispielsweise unbewusste und schlechte Gewohnheiten sinnvolle Veränderungen blockieren oder Mitarbeiter aus Gewohnheit Sicherheitsvorschriften nicht beachten. Mit diesen oft automatisch ablaufenden Gewohnheiten befasst sich daher ein eigenes Kapitel.

Der nächste Abschnitt gibt Anregungen rund um die Motive und die Motivation von Mitarbeitern.

Motive und Motivation von Mitarbeitern

Die folgende Übung hilft dabei, die richtigen Fragen zu den Motiven von Mitarbeitern zu stellen.

Übung

Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.

Motive: Literatur

Aktuelle Literatur-Tipps zu Motiven.

Wir kennen jetzt die Definition von Motivation und die Eigenschaften von Motiven. Aber welche Motive haben Menschen? Darum geht es im nächsten Kapitel zu Inhaltstheorien der Motivation.