Wirksam Feedback geben: Regeln für konstruktive Kritik und Rückmeldung

Feedback geben hat positive Auswirkungen!“ Das ist eine verbreitete Überzeugung. Das Problem: In mehr als einem Drittel der Fälle scheitert Rückmeldung, senkt beispielsweise die Leistung der Mitarbeiter (Kluger und DeNisi, 1996). Das Bedeutet: Sie ist oft nicht nur wirkungslos, sondern geht nach hinten los. Warum ist das so? Damit konstruktive Rückmeldung  ihrem Namen gerecht wird und sie die gewünschte Wirkung entfaltet, gibt es Feedbackregeln. Viele kennen die Regeln nicht. Wenn Du diese Regeln für konstruktives Feedback einhältst, entfesselst Du positive Wirkung – während andere weiterhin mehr Schaden anrichten, als Nutzen erzeugen.
Dieses Kapitel zeigt Dir, wann Du Feedback geben solltest und was es bewirkt. Du erfährst die Regeln, mit denen Du konstruktive Kritik gibst. …

Feedback scheitert oft: Damit Menschen nicht „mauern“ und sich öffnen, gibt es Feedbackregeln

Feedback: Definition und Vorteile

Um Gebrauch und Missbrauch von Feedback zu verstehen, hilft die Definition:

Feedback ist ein kommunikativer Prozess zwischen meist zwei Personen (dyadisch), der Informationen zu Verhalten und Ergebnissen übermittelt.

Ein Leitgedanke aus dieser Definition ist für den Gebrauch von Feedback besonders wichtig: Damit dieser Feedbackprozess erfolgreich sein kann, braucht es zwei aktive Seiten. Nochmal: Zwei Seiten. Beide Seiten können Feedback initiieren, den Ablauf gestalten und darauf reagieren. Idealerweise erleben Mitarbeiter Dein Feedback als etwas, von dem sie profitieren, an dem sie wachsen und sich entwickeln – und das von Wertschätzung und Wohlwollen geprägt ist. Sie nehmen dann auch kritische Rückmeldung gerne an, berücksichtigen diese bei ihrem zukünftigen Verhalten. Vielleicht schaffst Du es sogar, dass andere aktiv Deine Rückmeldung suchen und einholen. Idealerweise ist Feedback ein kontinuierlicher Austausch zwischen Deinen Mitarbeitern und Dir (Levy et al., 2017). Wie ein Feedbackgespräch läuft, hat daher immer Auswirkungen auf den Erfolg der nächsten Gespräche. Betrachte es so: „Nach dem Feedback ist vor dem Feedback!“

Feedback, richtig eingesetzt, bietet Dir große Vorteile:

  • Feedback lenkt Aufmerksamkeit und Motivation auf wichtige Aspekte.
  • Deine Mitarbeiter entwickeln sich schneller und auf ein höheres Niveau.
  • Eure Arbeitsergebnisse werden immer besser (qualitativ und quantitativ).
  • Die Arbeitsumgebung ist angenehmer und förderlicher.
  • Kommunikation und Umgang im Team und mit externen Personen ist harmonischer und effektiver.

Fazit: Mit dem richtigen Feedback profitieren Du und Deine Mitarbeiter auf vielfältigste Art und Weise.

Nur wie sieht richtiges Feedback aus, welche Regeln gibt es?

Feedbackregeln: Konstruktive Kritik und Rückmeldung

Rückmeldung von Führungskräften geht also oft nach hinten los, demotiviert Mitarbeiter, ist destruktiv anstelle von konstruktiv. Welche Feedbackregeln solltest Du beachten, damit Du positive Effekte hast? Die Abbildung zeigt eine Übersicht der Regeln für konstruktives Feedback.

Konstruktives Feedback: Regeln, die Rückmeldung wirksam machen

Diese Regeln machen Deine Rückmeldung konstruktiv und wirksam:

  1. Gut dosiert. Achte bei Feedback auf die sinnvolle Häufigkeit und Dosierung. Kommt kritisches Feedback zu häufig, dann verlierst Du damit viel Zeit und verwirrst Deine Mitarbeiter mehr als es ihnen nutzt. Sie erkennen dann nicht mehr was wirklich wichtig ist und auf was sie sich fokussieren sollen. Vielleicht vermittelst Du so auch unbewusst den Eindruck, dass sehr, sehr viel schlecht ist. So viel, dass sie es gar nicht ändern können. Konzentriere Dich im Feedback wirklich auf die wichtigsten Themen. Erst wenn Deine Mitarbeiter hier ihr Verhalten geändert haben, nimmt weitere Themen dazu. Nochmal: Feedback scheint in der Wirkung abzunehmen, wenn es zu oft oder zu selten erfolgt (Lam et al., 2011). Gut scheinen etwa monatliche Intervalle für ausführlichere Feedbacks zu sein (Casas‐Arce et al., 2017).
  2. Verhaltensnah. Gib Rückmeldung nah am Verhalten und den Ergebnissen. Unterlasse alles, was nah an die Person und deren Bewertung geht. Sonst lehnt Dein gegenüber das Feedback ab. Es ist dann oft nicht nur wirkungslos, sondern erreicht sogar das Gegenteil, von dem was Du wünscht (Kluger und DeNisi, 1996).
  3. Spezifisch. Wirksames Feedback ist spezifisch. Mitarbeiter, die konkret gesagt bekommen, was weniger gut lief und warum, sind motivierter etwas zu ändern. Eine Formulierung kann sein „Ich habe … und … beobachtet.“ Das Gegenteil davon sind abstrakte Formulierungen wie „hätte mir mehr erwartet“, „nicht das, was wir uns vorstellen“ oder „lässt zu wünschen übrig“. Das bietet Mitarbeitern wenig konkrete Orientierung und, noch schlimmer, ist nicht nachvollziehbar und damit wenig glaubwürdig.
  4. Beschreibend. Feedback sollte inhaltlich beschreibend sein, nicht bewertend. Dazu gehören wertende und wertend besetzte Begriffe wie „Chaos“, „unschön“, „nachlässig“ etc. Sag also ganz genau beschreibend und an den Tatsachen ausgerichtet was war. Vermeide jede Wertung. Schildere dann auch ganz sachlich die Auswirkungen von diesem Verhalten. Erst dann wertest Du auf dieser Basis, warum diese Auswirkungen nicht gut sind. Nochmal: Beschreibung von Verhalten und Auswirkungen sind die Basis. Bewerte erst auf dieser Grundlage und idealerweise nur die Auswirkungen.
  5. Ich-Botschaften. Schildere, was Du beobachtet hast, wie Du Dich damit fühlst. Dagegen kann man schwer argumentieren. Vermeide sogenannte Du-Botschaften. Formulierungen nach dem Motto „Du hast…“ oder „Sie haben…“ empfinden Deine Mitarbeiter schnell als Angriff und versperren sich der eigentlichen Botschaft. Zudem laden solche Formulierungen dazu ein, dagegen zu reden und lenken vom Wesentlichen ab. Du möchtest Deine Zeit nicht verschwenden mit Diskussionen nach dem Muster „Nein das war ich nicht…“ oder „So habe ich das nicht gemeint etc. …“. Und der wichtigste Schaden, den negative Du-Botschaften anrichten: Der empfundene Angriff demotiviert Mitarbeiter, weitere Feedbacksituationen zu suchen. Vielleicht werden sie sogar aktiv Rückmeldung vermeiden.
  6. Ausgewogen. Enthält Dein Feedback nur negative Inhalte, entsteht schnell der Eindruck beim Gegenüber, das es unausgewogen und einseitig ist. Integriere daher immer auch positive Aspekte in kritische Rückmeldung. Beginne sogar mit den positiven Aspekten und zeige Verständnis für die Situation der Mitarbeiter. Das fördert die Akzeptanz für die kritischen Inhalte, die danach kommen.

Die Beachtung dieser Regeln für konstruktive Rückmeldung führt dazu, dass Deine Mitarbeiter dieses eher als glaubwürdig, konkret, hochwertig und wohlwollend wahrnehmen. Damit motivierst Du Deine Mitarbeiter, regelmäßig und gerne wieder Rückmeldung einzuholen. Sie betrachten es dann als wertvoll und Du wirst mehr Einfluss auf ihr Verhalten gewinnen.

Es gibt viele legitime Ansätze für wirksames Feedback. Darauf blickt der nächste Abschnitt.

Feedback geben: Anlässe

Wozu dient Feedback? Das Ziel von kritischem Feedback ist klar: Etwas soll sich verbessern. Legitime Anlässe, um als Führungskraft auch kritisches Feedback zu geben, gibt es daher viele:

  • Präsentation eines Konzeptes oder Planes. Ein Mitarbeiter schildert, wie er eine Herausforderung angehen möchte. Neben Lob sollten hier auch die kritischen Fragen und Punkte Platz finden.
  • Abschluss eines wichtigen Prozesses, z.B. eines Projektes oder Zwischenschrittes. Hier kann und sollte die Führungskraft ein realistisches Bild der Leistung und Ergebnisse vermitteln.
  • Bei der Arbeitsaufgabe ist etwas nicht gut gelaufen und bietet Optimierungspotenzial. Feedback hilft das zum Thema zu machen und für die Zukunft zu verbessern.
  • Im zwischenmenschlichen Kommunikationsverhalten fehlt es. Die Beziehungen zu Kunden oder Kollegen im Team leiden durch das Verhalten eines Mitarbeiters.
  • Vorbildwirkung: Das Verhalten eines Mitarbeiters vermittelt falsche Werte und Einstellungen an die anderen im Team. Feedback sollte hier korrigierend ansetzen.
  • Jemand schadet dem Arbeitsumfeld, vergiftet das Betriebsklima, partizipiert an destruktiven Dynamiken (z.B. Mobbing, Konflikte, sexuelles Fehlverhalten). Feedback kann der betreffenden Person einen Spiegel auf das eigene Agieren bieten und einen Impuls zur Veränderung geben.
  • Verstöße gegen Vorschriften (z.B. Compliance, Sicherheit, Datenschutz, Vertraulichkeit). Ohne Rückmeldung wird auch offensichtliches Fehlverhalten an vielen Arbeitsplätzen schnell zur schädlichen Gewohnheit.
  • Außenwirkung: Das Verhalten eines Mitarbeiters schadet dem Ansehen des Unternehmens.

Diese Aufstellung macht auch nochmals deutlich: Feedback ist nicht etwas, das nur sporadisch als Einmalereignis alle „heilige“ Zeit stattfinden sollte. Feedback ist idealerweise ein kontinuierlicher Austausch zwischen Mitarbeitern und Führungskräften (Levy et al., 2017).

Rückmeldung ist also im Prinzip gut und es gibt viele legitime Anlässe. Dennoch gibt es auch „dunkle“ Anlässe und Missbrauch. Einigen Führungskräften gelingt Feedback nicht gut. Ihre Mitarbeiter erleben es negativ, vermeiden es wann immer möglich, und verändern ihr Verhalten vielleicht sogar in die gegenteilige Richtung. Ein Grund dafür kann der Missbrauch von Feedback aus falschen Gründen sein. Das beschreibt der Schaukasten.

Fehler: Missbrauch von Feedback

Manche Menschen setzen Feedback auch mit schädlichen Zielen ein. Es geht ihnen nicht darum, etwas in der realen Welt zu verbessern. Sie wollen ihr Ego aufwerten, indem sie „Recht haben“ und andere nicht. Es tut diesen Menschen so gut, auf der richtigen Seite zu stehen, dass sie Feedback missbrauchen.
Manche gehen sogar so weit, dass sie andere Menschen mit Rückmeldung gezielt erniedrigen. Sie genießen es, sich selbst damit aufzuwerten oder wollen damit symbolisch ihre Macht als Führungskräfte demonstrieren. Sie sind in der Rolle des Bewerters, stehen als „Oberlehrer“ über den anderen, jeder soll das spüren – und am meisten möchte ihr kleines Ego das spüren. Sicher bist Du bereits solchen Personen begegnet. Sie verurteilen statt zu bewerten und verletzen, anstatt die Entwicklung ihrer Mitarbeiter zu fördern. Vielleicht platzen auch einfach eigene Emotionen und Frustrationen spontan und impulsiv heraus in der Form von verletzendem Feedback.

Der Missbrauch von Feedback lässt sich auf einen einfachen Kern zurückführen: Es ist sehr weit weg von der Aufgabe und sehr nah an der Person, bewertet diese anstatt des Verhaltens und der Ergebnisse.

Sei Dir bewusst: Wird irgendetwas in der realen Welt besser durch so ein Feedback? Nein, weil die anderen Personen das toxische Mindset hinter dieser Rückmeldung spüren und sich innerlich dagegen sperren. Vielleicht verändern sie ihr Verhalten und ihr Denken sogar in das Gegenteil des Gewünschten. Wie entwickelt sich die Beziehung zu den Menschen, die so ein Feedback bekommen? Du ahnst es: Schlechter. Das einzige was sich besser fühlt, ist das kleine Ego dessen, der Feedback auf diese Art missbraucht. Für dieses virtuelle, rein innerliche Ziel, nehmen diese Personen viel realen Schaden in Kauf. Sei anders.

Ob Feedback erfolgreich ist, hängt auch von einem geeignetem Kontext ab.

Feedback: Erfolgsfaktoren im Kontext

Idealerweise herrscht bei Dir im Team ein Kontext, in dem Mitarbeiter aktiv Feedback einholen, Du gerne Feedback gibst und Mitarbeiter das Feedback auch annehmen und berücksichtigen. Als Führungskraft kannst Du viel dafür tun, dass Deine Mitarbeiter gerne und oft Feedback einholen (Whitaker, Dahling und Levy, 2007).

  • Das wichtigste ist, dass Du überhaupt präsent und erreichbar bist. Dafür gibt es verschiedene Ansätze. Sinnvoll ist es geografisch vor Ort bei Deinen Mitarbeitern zu sein. Dein Arbeitsplatz sollte nicht weit entfernt sein und es sollten keine großen Barrieren (geschlossene Türen, bissige Sekretärinnen) vorhanden sein.
  • Achte auf regelmäßigen Kontakt mit Deinen Mitarbeitern, etwa indem Du jeden Morgen jeden Mitarbeiter kurz persönlich begrüßt und sprichst. Dabei kannst Du darauf eingehen, wie es gerade bei bestimmten Aufgaben läuft, Fragen stellen und Beobachtungen rückmelden.
  • Sei ein „wertvoller“ Feedbackgeber. Wie baust Du so ein Image auf? Deine Mitarbeiter sollten Dich als jemanden ansehen, der kompetent, wohlwollend und ehrlich ist. Lass an diesen Punkten niemals Zweifel aufkommen. Denke in langfristigen Beziehungen. Gutes Feedback in einer Situation ist die Grundlage, dass Deine Mitarbeiter das nächste Feedback beherzigen.
  • Bevor Du Feedback gibst, informiere Dich sorgfältig über die Situation. So zeigst Du Kompetenz und erhöhst die Glaubwürdigkeit Deiner Rückmeldung. Feedback ohne genauen Überblick, geht nach hinten los, Mitarbeiter sagen dann „Der hat keine Ahnung was läuft und mich hier kritisiert.“
  • Schaffe einen geeigneten Rahmen. Ein geeigneter Rahmen ist geprägt durch Zeit, Störungsfreiheit und Abwesenheit von anderen Personen, wenn es zu kritische Inhalte sind.
  • Betrachte Deine Mitarbeiter als wichtigen Erfolgsfaktor. Erfolgreiches Feedback ist keine „one-(wo)man-show“. Konzentration und Interesse des Mitarbeiters entscheiden darüber, ob Dein Feedback auf fruchtbaren Boden fällt. Aber: Du kannst diese Aspekte bei Deinen Mitarbeitern beeinflussen.
  • Konzentriere Feedback auf Personen mit mittlerem Leistungsniveau. Wer bereits auf einem Spitzenniveau ist, kann sich nicht mehr viel verbessern. Personen auf sehr niedrigem Leistungsniveau werden von ehrlicher Rückmeldung leichter „desillusioniert“ und demotiviert. Zudem sind sie schnell mit der Umsetzung überfordert, da es viel auf einmal zu verbessern gibt.

Diesen letzten Aspekt, die Mitarbeiter als Erfolgsfaktor für Feedback, vertieft der nächste Abschnitt.

Feedback einholen fördern: So geht es

Mitarbeiter, die Feedback einfordern, sind gebundener und loyaler (Vandenberghe et al., 2019). Idealerweise warten Deine Mitarbeiter daher nicht passiv, ob bzw. bis sie Feedback von Dir erhalten, sondern fordern es regelmäßig selbst ein (Anseel et al., 2015). Deine Aufgabe als Führungskraft ist, dieses Verhalten als Selbstverständlichkeit zu entwickeln.

Reagiere positiv, am besten mit Lob, auf Anfragen für Feedback von Deinen Mitarbeitern. Lasse sie nicht abblitzen, nimm Dir Zeit und liefere ihnen qualitativ hochwertiges, fundiertes Feedback. Ansonsten frustrierst Du sie und sie fragen nicht wieder.

Tatsächlich ist es auch eine gute Idee für Dich selbst auch als Führungskraft Feedback einzuholen – von Deinen Mitarbeitern (etwa mit strukturierten Aufwärtsfeedbacks auf anonymen Fragebögen) aber auch von Deinen eigenen Vorgesetzten. So wirkst Du als Vorbild für Deine Mitarbeiter und motivierst diese zusätzlich. Für denjenigen, der Feedback einholt, hat das auch einen zusätzlichen attraktiven Nebeneffekt. Er hinterlässt einen positiven und leistungsorientierten Eindruck (Ashford und Northcraft, 1992).

Ein weiterer wesentlicher Ansatzpunkt ist folgender: Mitarbeiter holen dann besonders Feedback ein und profitieren auch überdurchschnittlich davon, wenn sie motiviert sind. Achte also auch aus diesem Grund darauf, dass Du insbesondere Mitarbeiter mit hoher Leistungsmotivation und Lernbereitschaft einstellst. Und achte dann auf die Passung zwischen Mitarbeitern und ihren Aufgaben – idealerweise lässt Du Mitarbeiter möglichst stark mitentscheiden, welche Aufgaben ihnen mehr Freude bereiten und welche sie weniger machen.

In den vorangehenden Kapiteln hast Du Dir zentrale Instrumente der Kommunikation angeeignet: Sympathie und Vertrauen aufbauen, Zuhören, Fragen stellen, Rückmeldung geben. Das nächste Kapitel verdichtet das alles in ein weiteres zentrales Führungsinstrument: Das Mitarbeitergespräch.