Polaritätenprofil und Semantisches Differential

Dieses Kapitel stellt das Polaritätenprofil (auch Polaritätsprofil genannt) als Teil von Fragebögen und Messinstrument vor. Es zeigt die Eigenschaften an einem Beispiel, erklärt worauf es bei der Anwendung ankommt und diskutiert die Vorteile und Nachteile. Zudem geht es auf die Sonderform Semantisches Differential ein. …

Polaritätenprofile als Frageform spannen Antwortalternativen zwischen zwei Gegenpolen: z. B. kalt vs. warm

Polaritätenprofil: Definition und Eigenschaften

Polaritätenprofile haben folgende Eigenschaften: Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass zwei entgegengesetzte verbale Pole die Endpunkte einer Skala darstellen: zum Beispiel „eckig“ versus „rund“ oder „langweilig“ versus „aufregend“.
Dazwischen sind meist fünf oder sieben Kategorien, auf denen die Befragten den beurteilten Meinungsgegenstand verorten sollen. Entsprechend reichen diese Skalen meist von zwei über null bis zwei (fünfer Skala) oder von drei über null bis drei (sechser Skala).

Semantisches Differential, Polaritätenprofil oder Polaritätsprofil: Ein Beispiel

Entsprechend ist die Definition:

Ein Polaritätenprofil ist eine Frageform, bei der Antwortalternativen als Kontinuum zwischen zwei (scheinbar) entgegengesetzten Polen aufgespannt sind.

Ein Ursprung von heute eingesetzten Polaritätenprofilen ist das Semantische Differential. Dazu der nächste Abschnitt.

Semantisches Differential

Das wohl bekannteste Polaritätenprofil ist das Semantische Differential. Dieses wurde von Psychologen entwickelt (Osgood, Suci und Tannenbaum, 1957), um indirekt die Einstellung von Meinungsgegenständen zu erheben. Dabei sollen die Befragten einen Meinungsgegenstand auf Skalen bewerten, die zwischen zwei Wortpaaren aufgehängt sind – etwa zwischen „warm“ und „kalt“. So sollen verdeckte Einstellungen zu den Meinungsgegenständen zu Tage treten, die man nicht direkt abfragen kann.

Diese verdeckten Einstellungen wurden in drei grobe Dimensionen abgegrenzt:

  • Valenzdimension: Wirkt etwas angenehm oder unangenehm?
  • Potenzdimension: Wirkt etwas klein und schwach oder groß und mächtig?
  • Aktivierungsdimension: Wirkt etwas schnell und aktiv oder langsam und passiv?

Was ist bei der Anwendung von Polaritätenprofilen zu beachten? Das zeigt der nächste Abschnitt.

Anwendung von Polaritätenprofilen

Bei der Anwendung von Polaritätenprofilen ist zu beachten:

  • Polaritäten können denotativ (relativ abstrakt) sein: z.B. „billig – teuer“. Polaritäten können konnotativ (relativ konkret) sein: z.B. „weiblich – männlich“. Man sollte beide Arten nicht mischen, denn das verwirrt die Befragten.
  • Bei der Dateneingabe wird natürlich die linke Hälfte der Profile jeweils mit negativem Vorzeichen versehen, um die Zahlen auseinander halten zu können.
  • Sofern eine mittlere Kategorie existiert, bekommt diese den Wert 0. Bei der Berechnung bestimmter Auswertungen kann die 0 zu Problemen führen (z.B. Teilen durch 0 nicht zulässig, Multiplikation mit 0 erzeugt immer 0) und eine Umkodierung notwendig sein.

Der nächste Abschnitt zeigt kompakt die Vorteile und Nachteile bei der Anwendung von Polaritätenprofilen.

Polaritätenprofil: Vorteile und Nachteile

Polaritätenprofile sind in der Praxis beliebt und werden von Befragten gut aufgenommen und akzeptiert. Neben diesen Vorteilen gibt es aber auch gravierende Nachteile aus wissenschaftlicher Sicht.

Problematisch ist beim Polaritätenprofil:

  • Wie soll die mittlere Kategorie zwischen den beiden Polen interpretiert werden?
    Bedeutet sie weder noch, sowohl als auch oder „keine Ahnung“.
  • Wird wirklich nur eine Dimension pro Frage gemessen – oder eher Äpfel Birnen gegenübergestellt?
    Zwar sind Worte wie „warm“ und „kalt“ logisch entgegengesetzt aber nicht psychologisch.
    Die bei den Befragten im Gedächtnis mit dem Begriffen assoziierten Kognitionen, Emotionen und Motive sind allerdings nicht entgegengesetzt voneinander.
    Bei „warm“ könnte man zum Beispiel an nette Menschen oder eine Katze denken, bei „kalt“ an Schnee oder blau.
    In so fern besteht die Gefahr, dass Inhalte als Gegenpole verwendet werden, die eigentlich nicht entgegengesetzt sind.
    Damit ist die Eindimensionalität der Skalen bei Polaritäten zweifelhaft.
  • Mangelnde Ökonomie: Der Befragte muss jeweils zwei Begriffe lesen, wo es einer auch schon täte.

Dies spricht insgesamt dafür, dass man das Polaritätenprofil, wenn möglich, nicht verwenden sollte.
Wesentlich zweckmäßiger erscheint es, in solchen Fällen nur einen Pol zu verankern und die Skala mit einer negativen Seite zu versehen.

Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.

Polaritätenprofil in Fragebögen: Literatur

Aktuelle Literatur-Tipps zum Thema Polaritätenprofil in Fragebögen.

Im nächsten Kapitel geht es um Skalen aus mehreren einzelnen Frage-Items, sogenannte Multi-Item-Skalen.