Selbstwirksamkeit – sie gilt als das, was Menschen unaufhaltsam macht, immer wieder aufstehen und weiter kämpfen lässt. Was ist ist dran an dieser Annahme, was zeigt die Forschung? Darum geht es in diesem Kapitel. Maßgeblich für unsere Motivation ist die Erwartung, dass wir ein Verhalten tatsächlich gut ausführen können. Es geht hier um die feste Überzeugung, etwas zu können. Umgangssprachlich sprechen wir von Selbstvertrauen oder auch Selbstbewusstsein. In der Psychologie hat sich das Konzept der Selbstwirksamkeit entwickelt, das diesen Zustand präziser definieren und beschreiben kann (vgl. Stajkovic und Luthans, 1998). Wie beeinflusst Selbstwirksamkeit die Motivation von Menschen und was ist ihre Definition? Welche Einflüsse und Maßnahmen fördern die Selbstwirksamkeitserwartung und welche Auswirkungen hat sie? Wie hilft man Menschen dabei selbstwirksam zu werden? …

In diesem Beitrag:
Was ist Selbstwirksamkeit? Definition und Übersicht
Die Definition von Selbstwirksamkeit ist:
Selbstwirksam ist man also, wenn man ein entsprechend positives Bild von sich selbst und von der gestellten Aufgabe hat.
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Selbstwirksamkeit hat bedeutende Auswirkungen auf das Verhalten von Mitarbeitern, ist bereits bei der Personalauswahl zu berücksichtigen und kann mit geeigneten Maßnahmen entwickelt werden. Die folgende Abbildung zeigt das im Überblick.

Um diese Themen geht es in den folgenden Abschnitten. Es geht los mit einem Abschnitt zu den Auswirkungen von Selbstwirksamkeit.
Selbstwirksamkeitserwartung: Auswirkungen
Selbstwirksamkeit hat Auswirkungen auf das Verhalten von Mitarbeitern. Personen mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung zeigen Verhaltensweisen, die man am Arbeitsplatz als positiv bewerten kann (vgl. z.B. Stajkovic und Luthans, 1998):
- Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit suchen sich realistische und anspruchsvolle Ziele aus. Sie suchen eine Übereinstimmung ihrer Fähigkeiten mit den Anforderungen von Aufgaben. Personen mit niedriger Selbstwirksamkeit wählen dagegen häufig entweder zu leichte oder auch zu schwere Ziele.
- Diese Personen zeigen eine höhere Ausdauer, verfolgen Ziele hartnäckiger, steigern ihre Anstrengung in schwierigen Situationen und geben nicht auf. Sie halten bei Misserfolg eher an ihren Zielen fest und versuchen es erneut. Dabei suchen sie nach neuen und besseren Strategien und verbessern ihre Leistung.
- Bei negativer Rückmeldung von Führungskräften und Kollegen erhöhen Mitarbeiter mit hoher Selbstwirksamkeit ihre Anstrengung. Sie glauben, dass sie es schaffen können und wollen das den anderen beweisen. Personen mit geringer Selbstwirksamkeit dagegen reduzieren ihre Anstrengung.
- Selbstwirksame Menschen haben eine höhere Resilienz gegenüber negativen Situationen, ein dickeres Fell. Soziale Konflikte, Stress und Misserfolge, haben ihnen nicht so viel an, sie raffen sich auf und versuchen die Situationen zu verändern (Luthans, 2002). Wo andere Mitarbeiter aufgeben (Sweetman und Luthans, 2010) oder sogar Burnout erfahren, kämpfen sie weiter (Bakker, Demerouti und Euwema, 2005).
Die folgende Tabelle stellt hohe und niedrige Selbstwirksamkeit gegenüber.
hohe Selbstwirksamkeit | geringe Selbstwirksamkeit |
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Diese Verhaltensweisen, zu denen Selbstwirksamkeit führt, beeinflussen letztendlich die Leistung der Mitarbeiter positiv (Bandura, 1997). Es ist also erstrebenswert, Mitarbeiter mit hoher Selbstwirksamkeit zu haben – mit folgender Einschränkung: Selbstwirksamkeit darf nicht zu Selbstüberschätzung ohne jeden Realitätsbezug werden. Selbstüberschätzung hat negative Auswirkungen auf die Leistung (z.B. Vancouver et al., 2002), etwa indem zu schwere Aufgaben ausgewählt werden oder zu viele Aufgaben auf einmal.
Zur Erhöhung der Selbstwirksamkeit bei Mitarbeitern gibt es sowohl Ansatzpunkte bei der Personalauswahl als auch bei der Personalentwicklung. Es folgt ein Abschnitt zur Berücksichtigung von Selbstwirksamkeit bei der Personalauswahl.
Selbstwirksamkeit bekommen: Personalauswahl
Selbstwirksamkeit hängt mit erstrebenswerten Verhaltensweisen zusammen, wie Ausdauer bei der Zielverfolgung und erhöhter Anstrengung, wenn ein Ergebnis nicht befriedigend ist. Daher ist es im Interesse von Führungskräfte, möglichst Mitarbeiter mit hoher Selbstwirksamkeit auszuwählen.
Interessant für die Personalauswahl ist zudem folgender Befund: Selbstwirksamkeit hängt mit relativ unveränderlichen Persönlichkeitseigenschaften zusammen. Zusammenhänge zeigen sich beispielsweise mit der allgemeinen Intelligenz und den Persönlichkeitsdimensionen Gewissenhaftigkeit, Extraversion und emotionale Stabilität (z.B. Judge et al., 2007). Personen mit hohen Werten auf diesen Persönlichkeitsdimensionen sind selbstwirksamer als Menschen mit niedrigen Werten auf diesen Dimensionen. Wegen der hohen angeborenen Anteile dieser genannten Persönlichkeitsdimensionen, ist ein entsprechend hoher unveränderlicher Anteil bei der Selbstwirksamkeit zu erwarten (vgl. z.B. die Übersichten von Asendorpf, 2007, S. 343). In der Zusammenschau sollte also eine Personalauswahl, die auf Mitarbeiter mit hohen Werten bei der allgemeinen Intelligenz und den Persönlichkeitsdimensionen Gewissenhaftigkeit, Extraversion und emotionale Stabilität achtet, zu motivierteren Mitarbeitern führen.
Der angeborene Anteil bei den genannten Eigenschaften macht Personalauswahl umso bedeutsamer. Es gilt, von Haus aus die richtigen Mitarbeiter auszuwählen, um eine gute Basis zu haben. Diese gilt es dann weiter zu fördern und zu entwickeln. Der nächste Abschnitt diskutiert entsprechende Möglichkeiten, um Selbstwirksamkeit zu entwickeln.
Selbstwirksamkeit fördern, lernen und stärken
Selbstwirksamkeit sollte, wie der vorangehende Abschnitt zeigt, unbedingt schon bei der Personalauswahl berücksichtigt werden. Zusätzlich kann sie in der Personalentwicklung noch weiter gefördert werden. Dabei bieten sich folgende Ansatzpunkte zum Fördern und Lernen der Selbstwirksamkeit an (vgl. auch Bandura, 1997):
All diese Maßnahmen helfen. Selbstwirksamkeit also durchaus in gewissem Umfang entwickelt und gelernt werden. Darauf gehen folgende Tipps ein.
Tipps: Die Selbstwirksamkeit der Mitarbeiter stärken
Wie werden Mitarbeiter selbstwirksam? Die Tipps fassen nochmal die Maßnahmen zusammen, mit denen Führungskräfte die Selbstwirksamkeit von Mitarbeitern stärken und fördern können.
Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.
Selbstwirksamkeit: Literatur
Aktuelle Literatur-Tipps zu Selbstwirksamkeit.
- Barouti, Ingrid (Autor)
- 128 Seiten - 07.02.2020 (Veröffentlichungsdatum) - Haufe (Herausgeber)
- Lewrick, Michael (Autor)
- 253 Seiten - 01.07.2019 (Veröffentlichungsdatum) - Vahlen (Herausgeber)
- 416 Seiten - 16.03.2020 (Veröffentlichungsdatum) - modernes lernen (Herausgeber)
- Kuehn, Timo Alexander (Autor)
- 132 Seiten - 23.09.2020 (Veröffentlichungsdatum) - Independently published (Herausgeber)
- Bandura, Albert (Autor)
- 592 Seiten - 15.02.1997 (Veröffentlichungsdatum) - Worth (Herausgeber)
Selbstwirksamkeit ist also eine wesentliche Triebfeder der Arbeitsmotivation. Um Selbstwirksamkeit aufzubauen, kann die Führungskraft Feedback geben – etwa in Form von Lob. Das nächste Kapitel zeigt, wie Führungskräfte Feedback in Form von Lob richtig und wirkungsvoll einsetzen, um Mitarbeiter zu motivieren.