Die Forschungsfrage ist entwickelt. Wie kommt man jetzt zum konkreten Versuchsdesign? Dabei ist die Versuchsplanung als Vorarbeit entscheidend. Sowohl für praktische Studien als auch für wissenschaftliche Forschung der Psychologie ist es zunächst erforderlich, einen Versuchsplan zu entwickeln. Es geht zunächst darum, genau zu klären, was für die Fragestellung relevant ist und untersucht werden soll. Erst dann können weitere Schritte sinnvoll erfolgen, wie die Auswahl von Probanden und der konkreten Forschungsansätze. …
In diesem Beitrag:
Versuchsplanung erstellen: Was muss rein?
Wie kann man einen konkreten Versuchsplan erstellen? Ein Versuchsplan beschreibt folgende Inhalte:
- den Untersuchungsgegenstand bzw. Forschungsgegenstand, um den es geht, exakt beschreiben und abgrenzen (beteiligte Konstrukte)
- die Hypothesen formulieren (falls man hypothesenprüfend und nicht explorativ arbeitet)
- alle Variablen, die Teil des Versuchs sein sollten (zum Beispiel Variablen von Personen – etwa ihre kulturelle Herkunft, Variablen von Gruppen oder Teams – etwa die Gruppenkohäsion, Variablen aus dem Kontext / der Umwelt – etwa ein bestimmter Führungsstil der Vorgesetzten und Variablen in Form von Reaktionen und Verhalten – etwa veränderte Arbeitsleitung oder andere Entscheidungen.
- Klassifikation der wichtigen Variablen: welche Variablen man als unabhängige Variable, abhängige Variable, Störvariable, Moderatorvariable oder Mediatorvariable betrachtet
- das konkrete Forschungsdesign
- genaue Beschreibung des Vorgehens und der Protokollierung
Im folgenden geht der Text auf die einzelnen Punkte vor der Entwicklung des Forschungsdesigns ein.
Untersuchungsgegenstand herausarbeiten: Klarheit schaffen
Untersuchungsgegenstände (auch Forschungsgegenstand, Forschungsobjekt oder Erkenntnisobjekt genannt) der Psychologie finden sich eigentlich immer in folgenden Bereichen.
- Eigenschaften von Personen oder Personengruppen
- Eigenschaften der Umwelt (Kontext) von Personen oder Gruppen
- Reaktionen und Verhalten (von Personen)
Es geht jetzt darum diesen Untersuchungsgengenstand klar herauszuarbeiten. Oft grenzt man ihn dafür mit einer Kombination aus diesen Aspekten ab. Es geht darum genau zu beschreiben, welche Eigenschaften der Umwelt mit welchen Eigenschaften der Personen und welchen Reaktionen der Personen zu untersuchen sind.
Folgendes Beispiel macht die Herausforderung konkret, einen Forschungsgegenstand wirklich wissenschaftlich herauszuarbeiten.
Im nächsten Abschnitt geht es um das Formulieren der Hypothesen.
Hypothesen formulieren
Hypothesen sind in der Wissenschaft Annahmen, die sich wissenschaftlich überprüfen lassen. Hier die Definition:
Es gibt folgende Arten von Hypothesen:
- ungerichtete Hypothesen postulieren lediglich einen Unterschied oder Zusammenhang, geben aber keine Richtung an.
Beispiel: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Körperlänge und Nettoeinkommen je geleisteter Arbeitsstunde bei Angestellten. - gerichtete Hypothesen postulieren einen Unterschied oder Zusammenhang mit Richtung.
Beispiel: Es gibt einen positiven Zusammenhang zwischen Körperlänge und Nettoeinkommen je geleisteter Arbeitsstunde bei Angestellten. - spezifische Hypothesen machen im Gegensatz zu unspezifischen Hypothesen zusätzlich eine Aussage zur Stärke eines Unterschiedes oder Zusammenhanges.
Beispiel: Das Nettoeinkommen je geleisteter Arbeitsstunde bei Angestellten hängt noch stärker mit Körperlänge zusammen als mit den Geschlecht.
Hypothesen in der Psychologie sind in der Regel gerichtet und unspezifisch.
Variablen benennen und klassifizieren
Neben den bereits in den Hypothesen benannten Variablen, gilt es mögliche weitere Variablen zu benennen und zu klassifizieren.
Schnell geht das meist bei abhängigen Variablen und unabhängigen Variablen, denn die sind in den Hypothesen bereits benannt.
Abhängige Variablen. Nimmt man an, dass Einkommen und Karriere von der Körpergröße abhängt, dann nennt man diese beiden (Einkommen und Karriere) abhängige Variablen. Sie hängen eben ab von etwas anderem.
Unabhängige Variablen. Unabhängig sind dann logischerweise diejenigen Variablen, die wir in unseren Hypothesen als Ursachen sehen.
Interessieren wir uns beispielsweise für den Zusammenhang von Körpergröße und Einkommen, dann sind weitere Konstrukte und entsprechende Variablen für uns interessant: Unter anderem Selbstbewusstsein, Intelligenz und der Kulturraum. Warum? Weil sie für die Forschungsfrage wichtig sind. Auch hierfür gibt es Bezeichnungen.
Mediatorvariablen. Es ist anzunehmen, dass große Menschen selbstbewusster sind und daher Vorteile bei Karriere und Einkommen haben. Etwa weil sie sich beruflich eher eine Führungsposition zutrauen und das ihren Vorgesetzten auch signalisieren. Selbstbewusstsein wäre dann eine Mediatorvariable (oder intervenierende Variable), sie vermittelt also den Zusammenhang zwischen Körpergröße und Karriere.
Moderatorvariablen. Möglicherweise ist der angenommene Zusammenhang zwischen Körpergröße auf der einen Seite und Einkommen und Karriere auf der anderen Seite stärker in individualistischen Kulturen als in kollektivistischen Kulturen. Es handelt sich schließlich um ein individuelles Merkmal. In kollektivistischen Kulturen (bspw. China) hängt die Akzeptanz von jemandem als Führungskraft vielleicht weniger von seinen individuellen Merkmalen ab und mehr von seinem sozialen Netzwerk und seiner Familie. Wir würden also in individualistischen Kulturen einen stärkeren Zusammenhang finden zwischen Körpergröße und Einkommen als in kollektivistischen. Die Kulturdimension Kollektivismus wäre dann eine Moderatorvariable.
Konfundierende Variablen. Es gibt Hinweise darauf, dass große Menschen im Schnitt auch etwas intelligenter sind. Was, wenn große Menschen nur deswegen schneller Karriere machen und mehr verdienen, weil sie auch intelligenter sind? Eine Variable, die mit der abhängigen Variable und gleichzeitig mit der unabhängigen Variable zusammenhängt, ohne eine Wirkung zwischen den beiden Variablen zu vermitteln oder zu moderieren, nennt man konfundierende Variable. Sie führen zu einer Scheinkausalität.
Störvariablen. Sowohl Moderatorvariablen als auch konfundierende Variablen können die wahren Beziehungen zwischen zwei Variablen stören – beispielsweise indem sie diese verstärken oder verdecken. Man sollte sie unbedingt kontrollieren (z.B. ausschließen oder konstant halten), damit es keine konkurrierenden Erklärungen für die Ergebnisse einer Forschung gibt.
Zum Versuchsplan gehört auch eine genaue Beschreibung des Vorgehens beim Versuch und eine Beschreibung, wie das Vorgehen protokolliert wird.
Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.
Versuchsplanung: Literatur
Aktuelle Literatur-Tipps zur Versuchsplanung.
- Sedlmeier, Peter (Autor)
- Hussy, Walter (Autor)
- Schreier, Margrit (Autor)
- Sedlmeier, Peter (Autor)
- Dempster, Martin (Autor)
In psychologischer Forschung geht es immer auch um Variablen bei Personen. Der nächste Beitrag gibt daher eine Übersicht zu Personenvariablen bei Probanden.