Das Forschungsziel prägt natürlich die gesamte Versuchsplanung und das ganze Forschungsdesign. Dabei kann man zwischen Finden (explorative Forschung) und Prüfen (hypothesenprüfende Forschung) abgrenzen. Im ersten Fall hat man keine Annahmen und fertige Hypothesen. Hier wird man explorativ vorgehen und sich einen Einblick verschaffen. Im Zweiten Fall will man eine bereits getroffene Annahme (Hypothese) überprüfen, man geht konfirmatorisch vor. Hier ein Verglich beider Ansätze. …
In diesem Beitrag:
Das Forschungsziel: Exploration oder Überprüfung von Annahmen?
Forschungsziele kann man in zwei grobe Richtungen unterscheiden, die dann jeweils einen bestimmten Ansatz bedingen.
Exploration als Ziel: Hier ist noch wenig oder nichts über einen Forschungsgegenstand bekannt. Zumindest hat der Forscher keine festen Annahmen oder möchte sich nicht darauf verlassen, dass er nichts wesentliches übersehen hat. Der Forscher möchte ganz unvoreingenommen Einblick gewinnen und den Bereich für sich strukturieren. Dieses Ziel führ dann zu explorativer Forschung als Ansatz. Dafür bieten sich qualitative Methoden wie unstrukturierte Beobachtungen und narrative Interviews an.
Überprüfung von Annahmen als Ziel: In diesem Fall hat der Forscher bereits feste Annahmen und glaubt ein gutes Modell des Forschungsgegenstandes zu haben. Es geht nur noch darum, zu sehen, ob diese Annahmen zutreffen – oder wies sehr sie zutreffen. In dem Fall greift man meist zu quantitativen Ansätzen, die sauber gemessene Daten liefern, die man mit statistischen Verfahren auswertet. Man nennt diesen Ansatz hypothesenprüfende Forschung.
Die folgenden Abschnitte stellen beide Ansätze vor.
Explorative Studien und Forschung
Wann geht man explorativ vor? Explorative Studien und explorative Forschung setzt man ein, wenn wenig über Ursachen und Zusammenhänge bekannt ist und man erst einmal Einblick in unstrukturierte Situationen gewinnen möchte. Ziel ist hier das Finden.
Gerade in der Praxis ist dies die häufigste eingesetzte Forschungsperspektive. Soll beispielsweise herausgefunden werden, was bei Kunden von einem Mobilfunkanbieter zu Vertrauen führt, wird man anfangs sehr breit mit Interviews herangehen und die Forschungsinhalte nicht voreilig eingrenzen. Ziel ist hier das Finden der Treiber von Vertrauen in einer bestimmten Branche, bei einer bestimmten Zielgruppe, in einer Kultur und zu einem Zeitpunkt.
Auch in der Wissenschaft hat explorative Forschung ihre Anhänger, etwa im Bereich der Groundet Theory. In der Wissenschaft ist explorative Forschung aber klar im Hintertreffen, wird vom Mainstream der Wissenschaft abgelehnt, der sich als hypothesenprüfend versteht.
Kritisch lässt sich dazu anmerken: Zumindest implizit wird häufig ein explorativer Prozess verwendet, denn irgendwo müssen die neuen Theorien für Hypothesen ja her kommen. Für die Entwicklung von Theorien kann explorative Forschung sehr fruchtbar und stimulierend sein, denn auch wenn einige Grundlagenforscher das anders sehen mögen, nicht alle Theorien müssen im Ohrensessel entwickelt worden sein, um wissenschaftlich brauchbar zu sein.
Hypothesenprüfende Forschung
Hypothesenprüfende Forschung hat das Ziel, bereits vorhandene Annahmen zu überprüfen. Es geht hier also nicht darum, zu Finden, sondern um das Prüfen von dem, was man glaubt, gefunden zu haben. Ein anderes Wort dafür ist konfirmatorische Forschung.
In der Wissenschaft werden Theorien meist anhand von Plausibilität entwickelt. Forschung hat dann das Ziel, diese Theorien zu falsifizieren bzw. zu überprüfen. Mit der Zeit entstehen dadurch relativ gut überprüfte theoretische Konstrukte, die sich entsprechend auch in der Praxis einsetzen lassen. So hat Forschung beispielsweise gezeigt, das Vertrauen von bestimmten Treibern (wie wahrgenommene Kompetenz und Integrität des Unternehmens) abhängt, die relativ übergreifend wirken.
Kann man das jetzt einfach so in die Praxis übertragen? Ein Problem ist, dass Forschung auch gezeigt hat, dass es deutliche interkulturelle Unterschiede und Unterschiede zwischen Branchen gibt.
Es führt also kein Weg daran vorbei, in der Praxis zumindest explorativ zu untersuchen, welche Treiber besonders wesentlich sind und welche im besonderen Einzelfall noch dazu kommen. Für hypothesenprüfende Forschung wird man an quantitativen Datenerhebungen nicht vorbeikommen. Diese können experimentell erhoben werden, um Ursache-Wirkungs-Hypothesen zu überprüfen oder deskriptive Daten sein, an denen Strukturhypothesen überprüft werden.
Explorative Studie oder hypothesenprüfende Studie?
Soll man jetzt im Einzelfall explorativ oder hypothesenprüfend vorgehen? Hier als Checkliste nochmal die Stärken der verschiedenen Studien je nach Ziel in der Übersicht.
explorative Studie: Anwendung | hypothesenprüfende Studie: Anwendung |
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Ziel ist hier das Finden von Informationen (etwa wesentliche Aspekte zu einem Thema, mögliche Ursachen für eine interessante Variable) | Ziel ist hier das Prüfen von Hypothesen (etwa die Richtung von Zusammenhängen zwischen Variablen oder sogar Ursache-Wirkungs-Annahmen) |
Anwendung, wenn wenig über ein Konstrukt, seine Ursachen (Antezedenzen) und Auswirkungen (Konsequenzen) bekannt ist | Anwendung, wenn schon viel über eine Fragestellung bekannt ist, man aber einen bestimmten Zusammenhang genau prüfen möchte |
verschafft erst einmal Übersicht und groben Einblick in unerforschten Themenbereichen | verschafft Detailwissen in bereits sehr gut erforschten Themengebieten |
in der Praxis ist dies die häufigste eingesetzte Forschungsperspektive | in der Wissenschaft ist dies die am häufigsten eingesetzte Forschungsperspektive |
Als abschließender Gedanke ist hier wichtig: Man kann explorative und hypothesenprüfende Forschung wunderbar miteinander kombinieren. Beispielsweise kann man sich erst explorativ Einblick in einen Bereich verschaffen. Aus den dabei gefundenen Einblicken kann man Annahmen ableiten und in Form von Hypothesen testen, ob diese zutreffen.
Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.
Explorative Studie und hypothesenprüfende Studie: Literatur
Aktuelle Literatur-Tipps zu explorativen Studien und hypothesenprüfenden Studien.
- Sedlmeier, Peter (Autor)
- Schreier, Margrit (Autor)
- Hussy, Walter (Autor)
- Deskriptive Statistik und Explorative Datenanalyse: Eine computergestützte Einführung mit Excel, SPSS und STATA
- Produkttyp: ABIS BOOK
- Marke: Gabler Verlag
- Schafer, Thomas (Autor)
Dem Forschungsziel folgt die Planung – und zwar die Versuchsplanung. Der nächste Beitrag stellt sie vor.