Bei Forschungsdesigns geht es nicht nur darum, sich Gedanken zur Erhebung von Daten zu machen. Mindestens ebenso wichtig sind die Verfahren zur Präsentation bzw. Darbieten des Untersuchungsgegenstandes. Unabhängige Variablen spielen daher eine große Rolle im Forschungsdesign. Sie sind das, was eigentlich untersucht werden soll, dessen Wirkungen erfasst werden. Typische Beispiele in der Psychologie für eine unabhängige Variable sind etwa das neue Design eines Markenlogos im Vergleich zum alten Logo (Fragestellung aus der Marketingpsychologie) oder ein neues Führungsverhalten (Fragestellung aus der Personalpsychologie). Dieser Beitrag zeigt Beispiele aus der Wirtschaftspsychologie und gibt eine Übersicht zu Verfahren, um unabhängige Variablen in Form von Stimulusmaterial bzw. Reizmaterial zu präsentieren.
In diesem Beitrag:
Unabhängige Variable: Definition und Bedeutung
Was ist eine unabhängige Variable? Hier die Definition. Die unabhängige Variable in einem Experiment (einer Untersuchung oder Studie) ist diejenige Variable, die man verändert. Man möchte bei dieser Variable herausfinden, ob ein Wirkzusammenhang mit der unabhängigen Variable besteht.
Ein Beispiel für eine unabhängige Variable in der Psychologie: Man möchte herausfinden, wie stark ein neues monetäres Anreizsystem die Arbeitsleistung von Professoren beeinflusst. In diesem Beispiel ist die unabhängige Variable das monetäre Anreizsystem. Man möchte herausfinden, ob dieses die Arbeitsleistung von Professoren beeinflusst. Dafür verändert man das Anreizsystem (die unabhängige Variable) systematisch und beobachtet, ob sich dadurch Veränderungen bei der Arbeitsleistung (abhängige Variable) ergeben. Beispielsweise führt man an einer Universität das monetäre Anreizsystem ein und beobachtet, ob die Professoren sich dadurch anders verhalten in leistungsbezogenen Bereichen – etwa ob sie mehr Artikel publizieren, mehr Forschungsgeld akquirieren oder zufriedenere Studierende haben.
Bedeutung der unabhängigen Variable: Warum ist die unabhängige Variable so wichtig? Ganz einfach: Wenn es nicht gelingt die unabhängige Variable zutreffend zu präsentieren und zu manipulieren (verändern), dann ist die ganze Studie für den Müll – freundlicher ausgedrückt: sie hat keine Aussagekraft. Es ist also ein Kernaspekt in jedem Forschungsdesign die unabhängige Variable wirksam und valide zu platzieren. Dafür wird einiger Aufwand betrieben, wie spätere Abschnitte in diesem Beitrag zeigen.
Unabhängige Variablen: Beispiele aus der Wirtschaftspsychologie
Oft wird den Versuchspersonen das Stimulusmaterial live vorgelegt. Typische Beispiele aus der Marketingpsychologie sind:
- Werbewirkungsstudien (Flyer, Plakate, Online-Werbung, TV …)
- Usability-Tests (Produkte, Software, Websites …)
- Test von Produkten und deren Bestandteilen (Logos, Verpackungen, Markennamen …)
- Test von Einkaufsumgebungen (Beleuchtung, Beduftung, Musik etc.– natürlich auch online …)
- Veränderungen von Preisen (digitale Preisschilder in Geschäften, Preise auf Websites …)
Typische Beispiele für unabhängige Variablen aus der Personalpsychologie sind:
- Veränderung der Arbeitsgestaltung (Ausmaß an Entscheidungsspielraum, Abwechslung, Feedback …)
- Test von verschiedenen Führungsinstrumenten (Effekte von kritischer Rückmeldung, Arten der Zielvereinbarung, Vorbildverhalten …)
- Veränderung der Zusammenarbeit (Anzahl von Personen in Teams, Zusammensetzung von Teams, Entwicklung von Teams …)
- Anreize (Gestaltung von monetären Anreizen, Reaktion auf Weiterbildungsmöglichkeiten, Wirkung von Lob …)
- Mitarbeiterentwicklung (Wirkung verschiedener Angebote auf die Entwicklung der Mitarbeiter, Auswirkung von direkter Rückmeldung während der Arbeit …)
Auch Geschichten und Beschreibungen (beispielsweise zu Serviceerfahrungen oder Erfahrungen als Mitarbeiter) und Filme können als Stimulus bei Forschungsdesigns dienen.
Daneben bestehen spezialisierte technische Verfahren, um Stimuli und Reize zu präsentieren. Im Folgenden eine Übersicht.
Forschung und Experimente in virtueller Realität
Virtuelle Umwelten und Animationen werden zunehmend eingesetzt, um vorweg vielfältige Produkte zu testen und sich teure Entwicklungskosten für Prototypen zu sparen.
Ein Beispiel dafür ist der Automobilbereich, wo sich in virtuellen Umwelten kostengünstig vielfältige Entwürfe von Automobilen entwickeln und testen lassen, aus denen dann eine kleine Auswahl tatsächlich als Prototyp gebaut wird, um diesen erneut weiter mit Kunden zu testen.
Ein anderes Beispiel ist der virtuelle Test von Einkaufsumgebungen. Hier können Architektur von Gebäuden, Layouts von Geschäften, Design, Aufbau der Regale und Produktplatzierungen vorab getestet werden.
Häufig werden auch Point-of-Sale Konzepte wie Verkaufsstände bestimmter Marken virtuell vor getestet und optimiert.
Tachistoskop: Zeitlich verkürzte Präsentation
Das Tachistoskop ist ein Verfahren zur technischen Verkürzung der Präsentation von Reizen. Es können grob drei Arten von Tachistoskopen unterschieden werden: das Einblicktachistoskop, das Projektionstachistoskop und Monitordarstellungen.
- Bei einem Einblicktachistoskop blicken die Versuchspersonen in einen dunklen Kasten in dem einer oder mehrere Stimuli (etwa Prototypen von Dosen für einen neuen Softdrink) platziert sind. Ein Lichtblitz erleuchtet diese Stimuli für eine meist sehr kurze vorgegebene Zeit.
Dieses Verfahren ermöglicht es erste Eindrücke zu Stimuli zu erheben, wie Emotionen oder Wahrnehmungen.
Häufig wird damit erhoben, welche Verpackung am schnellsten richtig erkannt wird, der richtigen Marke zugeordnet wird und von Anfang an positive Emotionen weckt. - Ein Projektionstachistoskop projiziert Material auf eine Leinwand. Hiermit können Werbeentwürfe, Markenlogos oder Abbildungen von Produkten auf ihre ersten Reaktionen hin überprüft werden.
- In jüngerer Zeit setzen Wissenschaftler und Forscher aus der Praxis zunehmend Computermonitore zur zeitlichen Verkürzung der Präsentation von Stimuli ein.
Das ermöglicht insbesondere in der Onlineforschung Tachistoskopuntersuchungen.
Tachistoskope ermöglichen je nach Typ eine Darstellung von einigen tausendstel Sekunden bis hin zu kontinuierlicher Präsentation. In der Praxis werden dabei oftmals unterschiedliche Darstellungszeiten innerhalb einer Untersuchung eingesetzt. In aufsteigenden Verfahren wird dabei die Präsentationszeit kontinuierlich erhöht, um beispielsweise zu sehen, welcher von verschiedenen Entwürfen für ein Markenlogo schneller erkannt werden kann.
Perimeter: Seitliche Wahrnehmung
Perimeter dienen dazu, Stimuli in der seitlichen Wahrnehmung zu untersuchen.
Eine Abbildung oder ein Objekt werden dabei in festem Abstand kreisförmig horizontal über das Gesichtsfeld bewegt.
Mit diesem Verfahren können Marktpsychologen untersuchen, ob beispielsweise ein Produkt im Geschäft auch beim Vorbeigehen aus dem Augenwinkel erkannt wird.
Daneben besteht eine Vielzahl von weiteren Verfahren zur Schwächung des Reizmaterials, die Stimuli zersetzen und abschwächen.
Vertreter dieser Verfahren sind die Verdunkelung, die Verunschärfung und die Verkleinerung oder im akustischen Bereich Verzerrung und Lautstärke.
Alle dieser Verfahren helfen dabei festzustellen, wie prägnant und durchsetzungsfähig Stimuli in der menschlichen Wahrnehmung sind.
Der nächste Beitrag behandelt den Ort einer Untersuchung: Feld oder Labor – Feldstudie oder Laborstudie?
Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.
Unabhängige Variablen: Literatur
Aktuelle Literatur-Tipps zum Thema Variablen.
- Döring, Nicola (Autor)
- Sedlmeier, Peter (Autor)
- Sedlmeier, Peter (Autor)
Das nächste Kapitel behandelt Laborstudien und Feldforschung.