Die Psychologie hat erforscht, wie wir wirksam Ziele formulieren und erreichen. „Ich will abnehmen.“, „Lerne mehr in Mathe!“, „Wir brauchen mehr Umsatz.“, „Ich will reich werden.“ … So ähnlich sehen viele „Ziele“ aus, die sich Menschen selbst oder anderen setzen. Die SMART-Methode sagt: So erreichen diese Personen ihre Vorhaben nie. Denn das sind keine starken Ziele, sondern nur schwache Wünsche. Wirksame Ziele formulieren und effektiv erreichen funktioniert nach einer klaren Formel, die in den Buchstaben S, M, A, R und T verborgen liegt. Dieser Beitrag erklärt die SMART-Formel anhand von Beispielen und zeigt, wie wir damit motivierende Ziele setzen. Er stellt aktuelle Erkenntnisse zur Zielsetzung aus der Psychologie vor, diskutiert auch die Kritik daran, SMART-Ziele zu formulieren und betont wichtige Weiterentwicklungen.
Autor: Diplompsychologe Professor Dr. Florian Becker
Konkrete Ziele sind die Brücke zwischen unseren Träumen und der Realität. Wenn wir keine SMART-Ziele haben, dann haben wir vielleicht eine Vision – aber es gibt keinen Weg zur Realität, kein Konzept, um die Vision in die Praxis zu bringen. Unsere Lebensziele werden dann immer nur Träume bleiben. Dazu kommt: Ein Goldfisch wird nur so groß wie das Glas, in dem er lebt. Ähnliches gilt für uns und unsere Ziele. Wir wachsen mit unseren Zielen. Wenn wir mittelmäßige Ziele setzen, dann bleiben auch wir Mittelmaß. Wer klein denkt, bleibt auch klein. Warum also unambitioniert? Irgendwann werden wir uns sonst fragen: „Was für ein Mensch wäre ich geworden, hätte ich mir bloß anspruchsvolle Ziele gesetzt?“ Zeit also für wirksame Ziele!
In diesem Beitrag:
Was versteht man unter SMART-Ziele?
Die SMART-Formel stammt aus den 80er Jahren (Doran, 1981) und hat sich sehr erfolgreich verbreitet. Ihr Erfolgsgeheimnis: Die Formel hat psychologische Forschung zu Zielen in eine griffige Formel mit fünf Buchstaben verdichtet (z.B. Steers und Porter, 1974). SMART ist ein sogenanntes Akronym, jeder Buchstabe steht für ein Prinzip der Zielformulierung. Die Abbildung verschafft einen Überblick.
Das sind die Eigenschaften der SMART-Ziele:
- Spezifisch. Der Buchstabe „S“ bedeutet, dass SMART-Ziele spezifisch sind. Dabei sollte nicht nur das Ziel selbst spezifisch sein, sondern auch ein konkreter Weg formuliert sein, um es zu erreichen.
- Messbar. In der SMART-Formel steht der Buchstabe „M“ für messbar.
- Attraktiv. Der Buchstabe „A“ steht in der Smart-Formel meist für „attraktiv“, mitunter auch für „akzeptiert“, was auf das Gleiche hinausläuft. Attraktiv sind Ziele beispielsweise, wenn wir einen Sinn dahinter sehen, sie uns helfen, stark gewünschte Wirkungen zu erreichen.
- Realistisch. SMART-Ziele sind realistisch erreichbar. Dafür steht der Buchstabe „R“. Wichtig ist hier, dass ein Ziel zudem anspruchsvoll ist, nicht zu einfach. Ansonsten bleiben wir in der Komfortzone und entwickeln uns nicht.
- Terminiert. Ziele brauchen laut SMART-Ansatz einen festen Termin, an dem sie abgeschlossen sind. Dafür steht der Buchstabe „T“.
Die SMART-Methode bewirkt, dass unsere Ziele klar definiert, mit einem konkreten Plan versehen, motivierend und umsetzbar sind. Sie fördert ein gründliches Nachdenken, wenn wir Ziele formulieren. Wir können SMART als Checkliste für jedes Ziel verwenden, wenn wir es motivierend und wirksam gestalten wollen.
Doch was genau ist ein Ziel? Hier die Definition:
Menschen streben also zukünftige Zustände oder Prozesse an. Das bedeutet, grob kann man Ziele unterscheiden in
- zukünftige Zustände (z.B. „Ich wiege in einem Jahr zehn Kilo weniger!“) und
- zukünftige Prozesse (z.B. „Ich gehe Montag, Mittwoch und Freitag gleich nach der Arbeit für eine halbe Stunde joggen!“).
Doch welche Vorteile haben wir, wenn wir SMART-Ziele formulieren?
Vorteile der SMART-Methode
Welche Vorteile bietet die SMART-Methode? Wirksame Ziele verleihen unserem Verhalten Richtung, Intensität und Ausdauer (Locke, 1996). Ziele fördern zudem Lerneffekte und wirken als Belohnung, weil sie Erfolg messbar machen. Wir erkennen durch Ziele Erfolg: „Hurra ich hab’s geschafft!“ oder „Oh, das war nichts. Leider nicht geschafft!“ Und wir können uns dann fragen: „Warum war ich erfolgreich / nicht erfolgreich? Was lerne ich für nächstes Mal daraus?“ Da wir mit wirksamen Zielen unsere Komfortzone verlassen, wachsen wir.
So unterstützen uns Ziele in vielfältigsten Lebensbereichen. Dazu gehören Gesundheit, gute Beziehungen zu Freunden, ein leistungsfähiges berufliches Netzwerk, eine gute Familie, Kompetenzen und Selbstvertrauen, positive Emotionen, Karriere, sozialer Status und materieller Wohlstand. Idealerweise haben wir Träume und Visionen dazu, was wir in diesen wichtigen Bereichen erreichen wollen. Doch oft bliebt es bei den Wünschen und Träumen, wir schaffen es nicht, diese zu verwirklichen. Erst die SMART-Formel macht unsere Ziele konkret und wirksam. Damit ist sie eine Brücke von unseren Visionen zur Praxis, macht „Träume wahr“.
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von Diplompsychologe Prof. Dr. Florian Becker
Umfangreiche empirische Studien belegen klare Vorteile der SMART-Formel bei der Zielerreichung. Zielsetzung nach SMART-Kriterien bewirkt:
- Erfolg bei Bildung und Studium (Moeller, Theiler und Wu, 2012)
- höhere Motivation und Leistung bei der Arbeit (Latham, 2012; Shoaib und Kohli, 2017)
- bessere Ergebnisse bei Verhandlungen (Zetik und Stuhlmacher, 2002)
- mehr Teamerfolg (Kleingeld, van Mierlo und Arends, 2011)
- mehr Bewegung im Alltag und Leistung im Sport (McEwan et al., 2016)
- gesunde Lebensweise (Fredrix et al., 2018)
- besseres Überstehen von Krankheiten (Tabaei-Aghdaei, McColl-Kennedy und Coote, 2022)
Psychologisch optimierte Ziele bieten uns also messbare Vorteile. Das folgende Fallbeispiel zeigt die große Bedeutung wirksamer Ziele für unseren Erfolg im Leben.
Ziele erreichen: Beispiel
Manche Menschen lernen schon von Kindesbeinen an, sich effektive Ziele zu setzen. Ein Beispiel dafür, wie man anspruchsvolle Ziele erreicht, ist die Geschichte von Sara Blakely.
Ihr Vater ermutigte sie und ihren Bruder als Kinder regelmäßig, sich ambitionierte Ziele zu setzen, um daran zu wachsen und zu lernen. Er betonte, dass es normal sei, etwas nicht zu erreichen. Er sagte, das Entscheidende sei, etwas anzustreben, um sich zu entwickeln und zu lernen. Regelmäßig stellte er seinen Kindern daher abends Fragen wie: „Woran bist du diese Woche gescheitert, was hast du versucht? Was hast du daraus gelernt? Was ist dir gelungen?“ Sein Ziel in der Erziehung war die Einstellung: Gescheitert bist du nur, wenn du es gar nicht versucht hast.
Sara studierte Kommunikation und strebte zunächst an, Anwältin zu werden, wie ihr Vater. Sie fiel durch die Prüfung. Sie lernte umso härter – und fiel wieder durch die Prüfung. Offenbar war das nicht ihre Bestimmung. Um sich aufzumuntern, arbeitete sie eine Weile bei Disney, verkleidet als Chipmunk. Danach startete sie als Verkäuferin von Fax-Maschinen: Haustürgeschäft, Kalt-Akquise, Läuten und Verkaufen, fünfzigmal abgelehnt werden, um vielleicht einmal zu verkaufen, nicht entmutigen lassen, nicht aufgeben… Sara lernte zu verkaufen und sie lernte dabei nicht aufzugeben. Sie spürte, dass sie eines Tages ihr eigenes Produkt verkaufen wollte!
Dann kam eine Idee, die ihr Leben veränderte. Es ärgerte sie, dass sie an heißen Tagen Nylonstrumpfhosen tragen musste, weil ihr Arbeitgeber das vorschrieb. Sara wollte offene Schuhe anziehen, die Stümpfe störten dabei am Fuß. So kam sie auf die Idee, die Nylonstrumpfhosen unten abzuscheiden, um die figurbetonenden Vorzüge oben zu erhalten, doch die Füße frei zu machen. Sie zog die abgeschnittene Strumpfhose an und merkte vor dem Spiegel, dass sie durch die unsichtbare Unterbekleidung in ihrer engen weißen Hose eine schön betonte und straffe Figur bekam. Sie spürte: „Das wird mein Produkt sein!“ Heute ist sie deshalb als „Shapewear-Mogulin“ berühmt. Sie hatte die Vision, aus ihrer Idee ein erfolgreiches Produkt zu machen.
Aus ihrer Vision leitete Sara ganz konkrete Ziele ab: ein klar definiertes Produkt entwickeln, patentieren, einen Markennamen finden und schützen, einen Produzenten finden, das Produkt herstellen und auf den Markt bringen. So trieb sie ihr Projekt kontinuierlich neben der Arbeit voran. Sie investierte alle Ersparnisse aus ihrem Job in die Zukunft des Produktes. Sara meldete ein Patent an und schützte den Markennamen Spanx. Sie recherchierte sämtliche Produzenten in ihrem Bundesstaat und rief dort an. Durch ihre Vertriebserfahrung wusste sie, wie das geht. Sie setzte sich konkrete Ziele nach dem Motto: Heute rufe ich x Produzenten an. Ich gebe erst auf, wenn ich eine definitive persönliche Antwort habe. Scheinbar umsonst, sie bekam nur Absagen. Doch Sara rief wieder an, und wieder an, und wieder an… Sie blieb dran, bis sie ihre Zielperson am Apparat hatte. Niemals verließ sie sich auf eine Nachricht am Anrufbeantworter. Das hatte sie im Vertrieb gelernt. Irgendwann stimmte einer der Produzenten zu – offenbar hatte er mit seinen Töchtern über die Produktidee gesprochen und diese hatten ihn überredet.
Jetzt ging es darum, mindestens eine Kleidungskette zu finden, die das Produkt in ihr Sortiment aufnimmt. Sara setzte sich das spezifische Ziel, die verantwortlichen Einkäufer zu erreichen, persönlich zu treffen und ihnen das Produkt zu zeigen. Jemand sagte: „O.k. wenn du extra zu mir fliegst… dann gebe ich dir zehn Minuten.“ Sara flog hin, praktizierte selbst als „Model“ für ihr Produkt, überzeugte die Einkäuferin. Das gelang ihr zunächst mit einer der größten Textil-Einzelhandelsketten der USA, andere folgten.
Auch im Marketing setzte sich Sara konkrete und ambitionierte Ziele. Sie wollte zu Gast in der bekanntesten Talkshow der USA zu sein, bei Oprah Winfrey, mit ihrem Produkt. Sie sandte ein paar ihrer Produkte als Demo zum Team, mit schönen Grüßen. Tatsächlich wurde sie eingeladen. Ab da explodierte die Nachfrage… Spanx wurde zum Millionengeschäft.
Sara Blakely hat gestartet mit 5.000 Dollar und dem Wissen, wie sie sich erfolgreich Ziele setzt und daran wächst. Sie nutzte Ziele mit SMART-Kriterien, um ihre Vision in die Praxis zu bringen, ihren Traum wahr zu machen. Sie setzte sich große Ziele und wurde damit selbst groß. Sara hat sich mit effektiven Zielen eine andere Zukunft geschaffen: Wie viele andere Menschen wären an ihrer Stelle einfach Telefax-Verkäuferin geblieben, bis es keine Telefax-Geräte mehr gab? Wie viele Menschen bleiben passiv. Wie viele Menschen denken klein – und bleiben klein?
Wenn wir wirksame Ziele definieren wollen, dann sollten wir also immer die SMART-Methode beachten. Diese Positive Psychologie der Ziele sorgt dafür, dass unsere Träume Wirklichkeit werden. Die folgenden konkreten Beispiele zeigen, wie wir Ziele mit SMART-Kriterien klar formulieren.
SMART-Ziele formulieren: Beispiele
Wie formulieren wir Ziele richtig, wie machen wir schwache Alltagsziele zu starken SMART-Zielen? Ein Vergleich ist die beste Methode, um Unterschiede deutlich zu machen. Die Tabelle zeigt Beispiele für SMART-Ziele im Vergleich zu Alltagszielen.
Alltagsziel | SMART-Ziel |
---|---|
Ich will eine schönere Figur haben! | Beispiel für SMART-Ziel: Ich mache ab heute immer montags bis freitags jeden Abend vor dem Abendessen 20 Minuten Ganzkörper-Workout. |
Ich wünsche mir bessere Noten in Mathe. | Beispiel für SMART-Ziel: Ich verbessere meine Noten in Mathematik auf mindestens 3,0. Dafür mache ich jeden Tag nach der Schule eine kurze Entspannungspause und bearbeite dann mindestens 30 Minuten konzentriert Übungsaufgaben. Danach gehe ich ca. 2o Minuten spazieren, damit sich die gelernten Inhalte festigen. Ich höre auf, unter der Woche Computer zu spielen, um mein Gehirn von Reizüberflutung zu entlasten. |
Ich möchte meine Laune verbessern. | Beispiel für SMART-Ziel: Ich höre auf, jeden Tag zwei Stunden Fern zu sehen. Die gewonnene Zeit verbringe ich am Dienstag und am Freitag abends mit Freunden, die mir gut tun. An den anderen Wochentagen nutze ich eine Stunde für Bewegung, eine halbe Stunde für Entspannung und eine weitere halbe Stunde für das Lesen von Büchern, die mir Impulse für meine Entwicklung geben. Nachrichten-Websites besuche ich nur noch einmal am Tag und zwar am Abend. |
Ich will auch mal ein Buch schreiben. | Beispiel für SMART-Ziel: Ich schreibe Montag, Mittwoch und Freitag von 9 Uhr bis mindestens 10 Uhr an Blogbeiträgen zum Thema X. Ich will jeden Monat mindestens sechs neue Blogbeiträge haben. Am Donnerstagvormittag überarbeite ich für eine Stunde bestehende Blogbeiträge. Am Donnerstagnachmittag treffe ich mich mit Experten und Praktikern, um Feedback zu meinen Texten zu holen. Wenn ich 15 hochwertige Blogbeiträge zusammen habe, mache ich daraus Buchkapitel und gewinne einen Verlag für mein Buchprojekt. |
Unsere Ehe soll besser sein. | Beispiel für SMART-Ziel: Jeden Freitagabend übernachten die Kids bei den Großeltern / ein Babysitter passt auf. Mama und Papa machen sich einen schönen Abend mit viel Interaktion. Wir gehen Essen, besuchen Freunde und Kulturveranstaltungen. Das Smartphone bleibt in der Zeit stumm. Der erste Freitag im Monat ist komplett Partnertag. So lange die Kids in der Schule sind, unternehmen Mama und Papa etwas Schönes, das nichts mit Arbeit oder Organisation des Familienlebens zu tun hat. |
Diese Beispiele geben einen Vorgeschmack, wie SMART-Ziele aussehen können. Die folgende Übung gibt Gelegenheit, eigene Alltagsziele mit der SMART-Formel in wirksame Ziele zu übersetzen.
- Sammle Alltagsziele aus wichtigen Lebensbereichen. Denke dabei an Beziehungen, Gesundheit, Karriere, Finanzen, Wissen bzw. Können und Emotionen. Was möchtest Du in diesen Bereichen erreichen? Bei dieser Frage hilft Dir auch das Kapitel zum Entwickeln einer Lebens-Vision.
- Übersetze diese abstrakten Ziele nach der SMART-Methode in konkrete, realistische und motivierende Maßnahmen, die Du umsetzen kannst und willst. Dafür geben die nächsten Abschnitte weitere Impulse.
- Achte darauf, dass Du nicht zu viel auf einmal angehst. Fokussiere auf einzelne, entscheidende Ziele. Wenn Du zu viel auf einmal erreichen willst, dann erreichst Du am Ende oft nichts. Gewohnheiten verändern sich langsam.
- Suche deshalb Ziele aus, die Du wirklich gerne angehen willst und die einen gewissen Anspruch haben. Formuliere die Ziele dafür weder zu einfach noch zu schwer. Du solltest wirklich Lust haben, das Thema voranzubringen. Auf der anderen Seite ist wichtig, die Komfortzone zu verlassen. Nur so kannst Du an Deinen Zielen wachsen. Woran merkst Du, dass Du die Komfortzone verlässt? Im Prinzip ist eine gute Richtlinie: Wenn Du mehr für ein Thema tust als in einer normalen Woche, dann bist Du außerhalb der Komfortzone und wächst.
- Belasse es nicht nur bei dem Ziel. Entwickle einen konkreten Plan, einen Weg mit Zwischenstationen zu diesem Ziel.
- Achte darauf, dass Du auch wirklich die Zeit und Möglichkeiten hast, Dein Ziel umzusetzen.
- Schreibe Dein Ziel auf, rede mit anderen Menschen darüber – das erzeugt zusätzlich Verbindlichkeit und Motivation.
- Fange zeitnah an. Warte auf keinen Fall länger als drei Tage, sonst nimmt das Risiko der Prokrastination zu.
- Teste. Wenn einmal etwas nicht klappt: Das ist normal. Vielleicht war das Ziel zu ambitioniert oder der Weg der falsche? Egal. Entscheidend ist, dass Du mit dem Versuch etwas gelernt hast und gewachsen bist. Versuche es wieder oder passe das Ziel und den Weg an. Betrachte es so: Wenn ein Ziel einmal nicht funktioniert, dann kannst Du daraus etwas über Dich und das Setzen von Zielen lernen.
- Selbst wenn Du ein Ziel nicht ganz erreichst: Das Wichtigste ist in Bewegung zu bleiben. Oft hast Du dadurch wesentliche Verhaltensweisen aufgebaut, neue Gewohnheiten entwickelt, bist auf dem Weg gewachsen. Der chinesische Gelehrte Konfuzius hat dazu gesagt: „Es ist nicht wichtig, wie schnell du gehst. So lange du nicht aufhörst zu gehen.“
Ein noch tieferer Blick in die einzelnen Merkmale der SMART-Ziele folgt in den nächsten Abschnitten.
Ziele spezifisch formulieren
Die SMART-Methode setzt spezifische Ziele. „Ich will abnehmen.“ „Wir brauchen mehr Umsatz.“ Das sind abstrakte Ziele. Konkret und spezifisch ist zum Beispiel: „Ich wiege jetzt 81 Kilo. Ich will mein Gewicht in den nächsten fünf Wochen auf 76 Kilo reduzieren. Das ist jede Woche ein Kilo weniger.“ Oder „Wir machen jetzt mit unserem Unternehmen 240.000 Euro Umsatz im Monat. Ich will das auf 300.000 Euro Umsatz innerhalb der nächsten 12 Monate steigern. Das bedeutet, ich brauche jeden Monat 5.000 Euro mehr Umsatz als im Monat davor.“
Ohne konkrete Vorstellungen von Zielen motiviert eine Tätigkeit oft wenig. Entsprechend eindeutig sind hier die empirischen Befunde: Je konkreter die Vorstellung von Prozess und Ergebnis ist, desto stärker motiviert das Menschen. Klassische abstrakte Formulierungen nach dem Motto „Gebt euer Bestes!“ sind weniger wirksam. Das gleiche gilt für „Sie müssen mehr tun!“ oder „Machen sie doch bitte schneller!“. Eine genaue und konkrete Erwartung ist wesentlich effektiver. Ziele können konkret sein, indem sie einzelne Aspekte des Zieles betonen (z.B. „Für mehr Bewegung setzt du auf Joggen, Donkey Kicks, Frog Pumps…“ oder „Ihre Aufgabe für das Umsatzziel ist es Mobilfunkverträge und Datenflatrates zu verkaufen!“) und indem sie diese Aspekte mit Zahlen versehen (z.B. „Gehe Montag, Mittwoch und Freitag 30 Minuten Joggen, mache täglich 25 Donkey Kicks, 15 Frog Pumps…“ oder „Versuchen sie diese Woche 60 Mobilfunkverträge und 35 Datenflatrates zu verkaufen!“). So bekommen Menschen eine ganz klare Vorstellung, woran sich ihre Leistung bemisst.
Um ein Ziel spezifisch zu machen, helfen folgende Fragen:
- Welche ganz konkreten Merkmale hat das Ziel?
- Was ist genau zu tun? Wie sieht der Weg aus, was sind wichtige Teilaspekte bzw. Zwischenschritte?
- Bei Teamzielen: Wer ist für was zuständig?
Ziele messbar formulieren
SMART-Ziele sind messbar. „Ich will Stress reduzieren.“ Das ist als Ziel schwer messbar. Messbar formuliert ist ein Ziel wie z.B. „Ich gehe jeden Nachmittag nach der Arbeit eine halbe Stunde in der Natur spazieren.“ oder „Nach 21 Uhr beschäftige ich mich nicht mehr mit meiner Arbeit.“ Bei guten spezifischen Zielen ist die leichte Messbarkeit gegeben.
Wichtig ist allerdings auch bereits eine Messbarkeit auf dem Weg zum Ziel. Komme ich meinem Ziel näher? Erlebe ich Fortschritt? Ist der Erfolg absehbar? Das motiviert uns, dran zu bleiben, weiter zu machen. Diese Messbarkeit kann unmittelbar sein, etwa indem wir uns erholt fühlen, wenn wir in der Natur sind und nachher am Abend besser einschlafen. Oft ist zur Messbarkeit des Fortschritts ein konkreter Plan hilfreich. Wie reduziere ich konkret Stress? Welche Methoden setze ich ein? Wann setze ich welche Methode wie lange ein? Wir sehen dann z.B. „Super, die ganze Woche habe ich geschafft nach 21 Uhr nicht mehr zu arbeiten und vor 23 Uhr im Bett zu sein und zu schlafen. Ich bin auf einem guten Weg, das den ganzen Monat zu schaffen.“
Zudem ist eine positive Formulierung hilfreich, damit ein Ziel messbar ist. Statt „Vermeiden sie in Zukunft Zeitdruck bei der Vorbereitung von Workshops!“ ist das Ziel „Beginnen sie die Vorbereitung von Workshops in Zukunft zwei Wochen vor dem Termin!“ messbar und lenkt die Aufmerksamkeit gleich auf das Wesentliche. Experimente dazu zeigen: Die Leistung bei positiv formulierten Zielen ist entsprechend höher (Drach-Zahavy und Erez, 2002).
Diese Fragen machen ein Ziel messbar:
- Ist das Ziel positiv formuliert?
- Wie kann ich das Ziel bzw. einzelne Teilaspekte davon genau messen?
- Ist eine Messung auf dem Weg zum Ziel möglich, die idealerweise Rückmeldung über die Annäherung zum Zielzustand gibt? Wie kann ich Fortschritt spüren, erleben?
- Wie sieht der konkrete Plan mit Zwischenschritten aus, um das Ziel zu erreichen?
Attraktive und akzeptierte Ziele formulieren
SMART-Ziele sind attraktiv und akzeptiert. Idealerweise haben wir eine attraktive Lebensvision, aus der sich die SMART-Ziele ableiten und begründen. Entscheidend damit unsere Ziele akzeptiert sind ist, dass diese nicht unseren inneren Werten entgegenstehen. Das Ziel „Wir werden reich, indem wir alten Menschen ihre Immobilien 30 Prozent unter Marktwert abkaufen!“ wird bei vielen Personen inneren Werten widersprechen und sie demotivieren.
Dabei geht es gar nicht so sehr um die objektive Bedeutung eines Ziels. Je bedeutsamer wir eine Aufgabe subjektiv erleben, desto motivierter sind wir (May, Gilson und Harter, 2004). Je attraktiver ein Verhalten und die daraus folgenden Ergebnisse sind, desto eher führen wir das Verhalten aus.
Und nicht nur die einzelne Person entscheidet über die Attraktivität eines Ziels – zusätzlich spielt es eine große Rolle, ob ein Ziel bei den anderen Menschen im Umfeld sozial akzeptiert ist (Ajzen, 1987; Ajzen, 1991). Wenn unsere Familie, unsere Freunde oder Kollegen ein Ziel oder das zugehörige Verhalten ablehnen, dann wird es schwer. Ein persönlich für uns noch so attraktives Ziel scheitert dann daran, dass andere es blockieren. Es gilt daher, andere demokratisch einzubeziehen, ein gemeinsames attraktives Ziel zu definieren und die Richtung zu „verkaufen“.
Auch für Führungskräfte oder Eltern wird es schwer, wenn Mitarbeiter oder Kinder Ziele ablehnen. In westlichen Kulturkreisen ist daher insbesondere eine Einbindung der Mitmenschen bei der Zielsetzung und bei Entscheidungen wichtig. Das findet im Alltag bei Entscheidungen zu Arbeitsabläufen, Meetings oder in Zielvereinbarungsgesprächen statt. In anderen Kulturen sind oft auch fremdbestimmte Ziele gut akzeptiert – etwa in China (Ma und Becker, 2015).
Wenn wir als Führungskraft oder Elternteil dennoch mal ein Ziel autoritär vorgeben wollen, ohne die Betroffenen einzubeziehen, dann hilft ein tell-and-sell-Ansatz (Latham, Erez und Locke, 1988). Wir nennen dann sehr überzeugende Gründe für das Ziel, „verkaufen“ dieses.
Folgende Fragen führen zu attraktiven Zielen:
- Was erreiche ich mit diesem Ziel, warum ist es bedeutsam?
- Warum ist das Ziel für andere wichtige Personen bedeutsam, warum sollten sie es unterstützen?
- Wie macht das Ziel mein (und unser) Leben besser?
- Warum kann ich stolz auf meinen Erfolg bei diesem Ziel sein? Warum kann mein soziales Umfeld stolz sein?
- Welche weiteren positiven Konsequenzen (Anreize) hängen mit dem Ziel zusammen, welche Chancen eröffnet das Ziel – auch für andere Menschen?
- Gibt es Nachteile und negative Konsequenzen, die das Ziel unattraktiv machen? Wie lassen sich diese Nachteile abstellen oder reduzieren?
Realistische Ziele formulieren
Optimismus hat viele Vorteile im Leben. Er wird allerdings zum Problem, wenn er übertrieben ist. Blinder Optimismus ist weit verbreitet (Weinstein, 1980). Menschen gehen dann unverhältnismäßig große Risiken ein in Management (Hmieleski und Baron, 2009), Investment oder Glücksspiel (Gibson und Sanbonmatsu, 2004) – und verlieren. Zudem führt ein Scheitern bei Zielen zu einem Gefühl der Hilflosigkeit und demotiviert.
Daher ist das Setzen anspruchsvoller, aber realistischer Ziele ein wichtiges Element der SMART-Methode. Hierbei ist wichtig, dass wir uns ein Verhalten auch zutrauen und als nicht zu schwierig wahrnehmen (Ajzen, 1987; Ajzen, 1991). Dafür ist neben der objektiven Schwierigkeit einer Aufgabe vor allem die Psychologie wichtig. Unsere Selbstwirksamkeit, das Gefühl, dass wir einer Aufgabe gewachsen sind, entscheidet (Latham und Locke, 2007).
Wir wachsen mit unseren Zielen. Doch gerade deshalb gilt oft: Lieber starten wir zunächst mit einem eher leichten Ziel, das wir erreichen, das uns durch Erfolg motiviert – als dass wir mit einem zu extremen Ziel scheitern und damit negative Auswirkungen auf unsere Motivation bekommen. Nach dem Erfolg setzen wir uns dann als nächstes ein anspruchsvolleres Ziel, gehen auf eine höhere „Treppenstufe“. So verlassen wir unsere Komfortzone und wachsen systematisch mit unseren Zielen: setzen, erreichen, wachsen, anspruchsvoller setzen, erreichen, wachsen, usw.
Das sind die entscheidenden Fragen für realistische Ziele:
- Ist das Ziel objektiv anspruchsvoll, aber realistisch?
- Verlasse ich mit dem Ziel meine Komfortzone, ohne mich jedoch zu überfordern?
- Habe ich bzw. die ausführende Person (oder Gruppe) die nötige Selbstwirksamkeitserwartung?
- Was ist ein gutes Einstiegs-Ziel, mit dem ich starte, um Selbstvertrauen aufzubauen und meine Kompetenzen zu trainieren? Was wird dann das nächste, anspruchsvollere Ziel sein?
Ziele mit Terminen formulieren
Was nutzt ein Ziel, ohne einen konkreten Zeitpunkt? Das Ziel „Ich erreiche jetzt alles in allem 120.000 Euro Einnahmen im Jahr. Das will ich auf 200.000 Euro steigern.“ ist so nicht optimal. Es fehlt ein verbindlicher Zeitpunkt, zu dem das Ziel erreicht ist. Soll das in 20 Jahren so sein oder schon in fünf? Terminierte Ziele bieten daher Vorteile. Wir sollten also einen Endzeitpunkt und idealerweise auch klare Zwischenziele festlegen. Beispiel: „Ich generiere jetzt alles in allem 10.000 Euro Einnahmen im Monat. Das will ich auf mehr als 20.000 Euro innerhalb der nächsten vier Jahre steigern. Das bedeutet jeden Monat 200 bis 250 Euro mehr verdienen.“
Wirksame Ziele haben einen Zeithorizont, bis wann das Ziel und idealerweise auch Teilschritte davon als Zwischenziele erreicht sind.
Sollten wir die Termine eher eng und ambitioniert setzen? Ja. Zeitdruck wirkt auf die meisten Menschen motivierend und leistungssteigernd (Crawford, LePine und Rich, 2010). Doch wie fast überall gibt es ein zu viel des Guten. Führungskräfte und Eltern sollten daher den Zeitdruck nicht zu extrem machen, sonst können dadurch langfristige Erschöpfung und Müdigkeit eintreten (Beckers et al., 2004; Bakker, van Emmerik und Euwema, 2006).
Wichtige Fragen zur Terminierung von Zielen sind:
- Bis wann kann und sollte unser Ziel realistisch erreicht sein?
- Welche sinnvollen Teilschritte lassen sich abgrenzen? Bis wann sollten diese Zwischenziele (Meilensteine) jeweils erreicht sein?
- Wie bekommen wir „sanften“ Zeitdruck bei den einzelnen Schritten hin?
Trotz aller Vorteile der SMART-Methode bei der Zielsetzung: Es gibt auch Kritik und Verbesserungen.
Kritik an der SMART-Formel
Die SMART-Formel ist ein hoch effektiver Ansatz der Zielformulierung – doch mittlerweile über 40 Jahre alt. Welche neuen Erfahrungen und Einwände gibt es? Die Kritik an SMART-Zielen zeigt der Schaukasten.
- Mangelnder Fokus. Menschen haben nicht nur ein Ziel, sondern es gibt ein Portfolio aus verschiedenen Zielen. Die SMART-Methode beschreibt, wie wir Ziele wirksam formulieren. Sie beschäftigt sich nicht mit der Frage, ob diese Ziele wirklich sinnvoll sind. Sie fragt nicht danach, welche Ziele wir verfolgen, ob wichtige Themen vergessen sind. Was, wenn wir falsche Ziele sehr effektiv verfolgen oder wichtige übersehen – etwa unsere Gesundheit oder soziale Beziehungen vernachlässigen? Im schlimmsten Fall bewegen wir uns dann sehr schnell voran – aber in die komplette falsche Richtung.
- Fördert Micro-Management. Die Forderung nach spezifischen Zielen führt bei manchen Personen zu einem Detail-Fetischismus. Sie wollen alles bis ins kleinste Detail definieren und regulieren. Sei es bei sich selbst oder bei ihren Mitarbeitern und Kindern. Das bindet viel Aufmerksamkeit und Energie, behindert und bremst mehr als es nutzt. Zudem demotiviert es die Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, da wir ihnen allen Freiraum nehmen. Und zu rigide Strukturen verhindern, dass wir flexibel auf eine spontane Gelegenheit reagieren können.
- Übersieht Zielkonflikte. Kritik erfahren SMART-Ziele auch deshalb, weil nicht geprüft ist, ob die Ziele zueinander im System sinnvoll und ergänzend sind – oder gar Zielkonflikte bestehen. Das könnte beispielsweisen zwischen beruflichen Zielen und Zielen im Bereich Familie der Fall sein.
- Zu wenig Anspruch. Die Smart-Methode konzentriert sich darauf, ob ein Ziel realistisch ist. Es besteht die Gefahr, dass wir uns realistische aber viel zu wenig ambitionierte Ziele auswählen. So bleiben wir bestenfalls Mittelmaß, in unserer Komfortzone, und wachsen nicht.
- Ressourcen nicht im Blick. Um Ziele zu erreichen, brauchen wir die nötigen Mittel und Kompetenzen. Die SMARTesten Ziele nutzen wenig, wenn wir nicht die Ressourcen haben oder bekommen, um ein Ziel zu verfolgen und keine Entwicklung der notwendigen Kompetenzen stattfindet. Bei vielen Tätigkeiten liegt unsere Leistung weniger an der Motivation und mehr an intellektuellen Ressourcen wie fachlichen Kenntnissen und dem Verständnis einer geeigneten Strategie. Diese Tätigkeiten erfordern in erster Linie Lernen und Kompetenzaufbau und erst in zweiter Linie Motivation (Seijts und Latham, 2005). Deshalb ist es oft sinnvoll, dass wir uns zunächst Ziele beim Aufbau von Erfahrung und Kompetenz setzen und nicht nur bei der direkten Leistung an einer bestimmten Aufgabe.
- Ablenkung von emotionalen Aspekten. Die SMART-Methode ist ein sehr rationaler Blickwinkel auf Ziele, aus dem „Kopf“ heraus. Es gibt daneben noch eine andere Welt der Ziele. Die Welt der Emotionen. Emotionalisierte Visionen einer möglichen Zukunft können eine enorm starke Zugkraft entfalten. Die SMART-Methode eignet sich wunderbar für das „operative“ Tagesgeschäft, kurzfristige Ziele, die Umsetzungsebene. Doch unsere langfristigen Ziele, die eine starke Kraft entfalten, die große Richtung vorgeben, sollten dann als emotionalisierte und mit allen Sinnen erlebbare Visionen formuliert sein. Dafür brauche wir Emotionen, Kopfkino.
Die Kritikpunkte haben auch zu Weiterentwicklungen der Theorie bei der Zielsetzung geführt. Diese zeigt der nächste Abschnitt.
Weiterentwicklung der SMART-Methode
Wie hat sich der Ansatz weiterentwickelt? Psychologische Forschung hat grundlegende Regeln für die Formulierung von Zielen identifiziert und bestätigt (vgl. z.B. Locke, 1996). Diese Forschungsergebnisse gehen weit über die SMART-Regeln hinaus. Mit diesen Leitgedanken für Zielformulierung hat sich die SMART-Methode weiterentwickelt:
Konkret aber nicht überreguliert. Spezifisch ist gut bei Zielen, sollte aber nicht zu sehr ins Detail gehen. Konkret bedeutet bei Zielen, dass sie den richtigen Abstraktionsgrad haben. Manche Menschen verwechseln leider konkret mit detailliert. Unsere Ziele sollten kein Micro-Management auslösen. Es gilt zu vermeiden, dass wir selbst, Mitarbeiter, Kinder, Schüler etc. gar keine Autonomie für eigene Entscheidungen mehr haben oder vor lauter Details den Blick auf das Wesentliche verlieren. Die meisten Menschen reagieren mit Demotivation auf zu viel Regulierung und mit erhöhter Motivation auf Eigenverantwortung (vgl. Christian, Garza und Slaughter, 2011).
Repräsentativ. Ziele geben uns Richtung, Energie und Ausdauer. Schlimm, wenn das in die falsche Richtung geht. Tatsächlich fragt die SMART-Methode zu wenig danach, ob Ziele überhaupt repräsentativ oder sinnvoll sind, ob wir überhaupt die richtigen Ziele verfolgen. Was, wenn ein Professor sich nur für Veröffentlichungen interessiert, aber nicht für gute Lehre? Was, wenn ein Mann sich nur für Karriere interessiert und seine Gesundheit, Ehe, Kinder, Freunde ausblendet? Was, wenn Mitarbeiterinnen in einem Kleidungsgeschäft nur verkaufen wollen, aber niemand sich um Reklamationen, Ordnung, Aufräumen anprobierter Kleidung oder Diebstahl kümmert? Wichtig ist daher, dass Ziele repräsentativ sind. Bestehen beispielsweise nur für manche Aufgaben Ziele und für andere nicht, führt das zu einem Verschieben der Aufmerksamkeit. Der Bereich, in dem es keine konkreten Ziele gibt und in dem nicht gemessen wird, bleibt dann auf der Strecke.
Harmonisch und konfliktfrei. Idealerweise sind Ziele in einer positiven Synergie, so dass wir mit dem Verfolgen eines Zieles auch anderen Zielen näher kommen. Befinden sich verschiedene Ziele dagegen in einem Konfliktverhältnis, lässt häufig die Leistung bei allen diesen Zielen nach (Locke et al., 1994; Crawford, LePine und Rich, 2010). Zielkonflikte sind also unbedingt zu vermeiden. Besteht ein Zielkonflikt, dann ist zu klären, wie wir damit umgehen und welches Ziel im Zweifel Vorrang hat. Beispiele für (scheinbare) typische Zielkonflikte gibt es zuhauf: Kinder und Karriere der Eltern, schulische Bildungsziele und andere Interessen, Profit und Kundenzufriedenheit, … Es gilt sich daher systematisch und ganz persönlich mit seinen Zielen zu befassen, eine Vision zu entwickeln und die Ziele in ein Gesamtsystem zu bringen, das sich zumindest nicht widerspricht. Das könnte dann individuell so aussehen: „Ich fokussiere mich jetzt stark auf die Karriere, damit ich meinen Kindern jedem ein Kinderzimmer, einen Garten und beste Bildung und Gesundheit bieten kann!“ oder „Die Zufriedenheit meiner wichtigen Kunden ist für mich immer Ziel Nummer eins. So werde ich langfristig am erfolgreichsten sein als Berater.“ oder „Ich investiere jetzt in gute Schulnoten, damit ich dann meine anderweitigen Interessen besser in einem Studium und im Beruf ausleben kann.“ oder „Ich unterbreche mein Studium auf unbestimmte Zeit, um mich voll auf mein Unternehmen zu fokussieren, das sehr gut gestartet ist.“
Anspruchsvoll aber erreichbar. Studien zeigen, dass anspruchsvolle aber erreichbare Ziele wesentlich effektiver sind, als wenig ambitionierte Ziele (Latham und Locke, 2007). Naturgemäß passen Menschen ihre Anstrengungen dem Anspruchsniveau von Zielen an: Warum sollten wir uns anstrengen, wenn ein Ziel sehr einfach zu erreichen ist? Wir brauchen also ambitionierte Ziele, um zu wachsen, aus der Komfortzone zu gehen, zu lernen und uns zu entwickeln.
Anspruchsvolle Ziele signalisieren hohe Erwartungen an uns und andere Menschen. Das wirkt positiv auf unsere Motivation und Entwicklung. Ein Erreichen dieser Ziele fördert zudem Stolz, Anerkennung durch andere und Selbstwirksamkeit.
Natürlich sollte der Anspruch je nach Person unterschiedlich hoch sein, damit er realistisch ist. Personen mit hoher Kompetenz sollten anspruchsvollere Ziele bekommen.
Doch auch anspruchsvolle Ziele sollten unbedingt erreichbar sein. Sobald Ziele das Kompetenzlimit übersteigen, sinkt unsere Motivation wieder (Locke et al., 1984). Dazu kommt dann oft Misserfolg, der uns ebenfalls wieder weiter demotiviert.
Zur Erreichbarkeit von Zielen gehört auch, dass diese möglichst nicht von anderen Personen abhängen, sondern von uns selbst. Menschen wollen sehen, dass sie selbst die Ziele erreichen können und für den Erfolg verantwortlich sind.
Rückmeldung gebend. Feedback ist ein „Turbolader“ für die Wirkung von Zielen. Wir brauchen möglichst zeitnah Rückmeldung zum Fortschritt und Leistungsniveau bei unseren Zielen, um die Motivation zu maximieren: Wie weit haben wir uns einem Ziel bereits angenähert? Wie gut sind wir im Vergleich mit anderen? Nähern wir uns überhaupt einem Ziel an? Feedback macht jeden Fortschritt sichtbar, was unmittelbar belohnend ist und die Leistung steigert (Stajkovic und Luthans, 2001). Diesen Idealzustand im Feedback bei unseren Zielen verdeutlicht das Mähen von Rasen: Wir sehen dabei in Echtzeit, wie weit wir sind, was noch vor uns liegt und welche Fehler wir gemacht haben – z.B. was wir übersehen haben oder aus Versehen abgemäht haben.
So führt allein das Messen und Sichtbarmachen von Ergebnissen und Fortschritt häufig dazu, dass Menschen sich selbst spontan ambitionierte Ziele stecken. Sie sehen ihre Leistung und nehmen sich vor, nächstes Mal noch besser zu sein. Beispielsweise die Leistung von Mitarbeitern steigt in Feldexperimenten um etwa 20 Prozent – wohlgemerkt allein durch das Sichtbar-machen des Fortschritts. Bei manchen Tätigkeiten ist unser Fortschritt ohne Weiteres direkt sichtbar – etwa beim Streichen einer Wand oder Rasenmähen. Häufig ist das aber leider nicht der Fall, gerade bei komplexeren Tätigkeiten. Hier sind technische Hilfsmittel sinnvoll, um den Fortschritt anzuzeigen (am besten mit möglichst engen Updateintervallen, z.B. auf Tages- oder Wochenbasis). Das findet sich Beispielswie in Fitness-Apps gut umgesetzt, die uns genau auswerten, was wir diese Stunde, diesen Tag, diese Woche, diesen Monat erreicht haben. Auch To-do-Listen können ein Ansatz sein, der Fortschritt für uns sichtbar macht und uns motiviert: Was habe ich heute schon umgesetzt, was steht noch an?
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Weiter geht es mit einer Übung für SMART-Ziele bei der Mitarbeiterführung.
Beispiel: SMART-Ziele bei der Führung
SMART-Ziele sind nicht nur für unseren eigenen persönlichen Erfolg bedeutsam. Die SMART-Methode gibt uns einen mächtigen Ansatz, mit dem wir wirksame Ziele für Mitarbeiter und Kinder formulieren können. Mit der folgenden Übung können Führungskräfte und Mitarbeiter gemeinsam motivierende Ziele nach der SMART-Methode formulieren.
- Verschaffe einen Überblick. Was sind die wirklich zentralen Ziele für einen Mitarbeiter, ein Team oder bei einer Aufgabe? Sind diese Ziele repräsentativ für die Aufgaben und decken diese gut ab – bestehen wesentliche Lücken?
- Reduziere die Menge an Zielen auf den entscheidenden Kern zurück. Stelle Dir immer wieder die Frage: Was passiert wirklich Schlimmes, wenn es dieses Ziel nicht gibt? Manchmal werden bestimmte Ziele und Verhaltensweisen auch aus Gewohnheit mitgeschleppt, waren früher einmal sinnvoll und haben längst ihren Zweck verloren. Es lohnt sich also regelmäßig zu fragen: Warum haben wir eigentlich dieses Ziel, warum muss dieser Prozess so eingehalten werden?
- Mache die Ziele konkret. Sind die Ziele ausreichend konkret und positiv formuliert? Ist die Formulierung der Ziele so, dass diese messbar sind? So ist klar, wann diese erreicht werden und damit Transparenz möglich.
- Sorge für Anspruch. Achte darauf, dass Ziele je nach Kompetenz Deiner Mitarbeiter anspruchsvoll, aber realistisch sind. Können die Mitarbeiter die Ziele überhaupt selbständig erreichen, hängen die Ziele zentral von deren Verhalten ab? Mitarbeiter erleben anspruchsvolle Ziele als Vertrauensbeweis und sehen, dass Du als Führungskraft an sie glaubst.
- Verhindere Micro-Management. Sind diese Ziele wirklich übergeordnet und lassen Mitarbeitern genug Freiraum für eigene Entscheidungen auf dem Weg zu diesen Zielen – oder regulieren die Ziele zu sehr im Detail, was Mitarbeiter sehr gut selbst entscheiden können und wollen?
- Schaffe Synergie. Wie lassen sich die Ziele möglichst konfliktfrei und harmonisch formulieren? Das gilt für den einzelnen Mitarbeiter selbst, zwischen einzelnen Mitarbeitern, bei Teams aber auch bei ganzen Abteilungen und Bereichen des Unternehmens. Wo keine Harmonie möglich ist: Welche Ziele haben im Zweifel Priorität?
- Achte auf Akzeptanz. Haben die Mitarbeiter ausreichend Möglichkeiten, sich bei der Zielsetzung einzubringen, damit sie diese als eigene Ziele erleben und nicht als von außen diktiert? Decken sich die Ziele mit dem Selbstbild und den Werten der Mitarbeiter? Sind die Ziele bei den Mitarbeitern und deren sozialem Umfeld akzeptiert? Sind es Ziele bei langweiligen Aufgaben oder bieten die Aufgaben wirklich ein Wachstumserleben für die Mitarbeiter?
- „Verkaufe“ die Ziele. Verlasse Dich nie darauf, dass Mitarbeiter automatisch verstehen, warum ein Ziel wichtig ist. Formuliere die Ziele so, dass auch Deine Mitarbeiter erkennen, dass diese bedeutsam sind. Begründe die übergeordnete Bedeutung der Ziele.
- Stelle Feedback her. Wo und an welchen Stellen kann Rückmeldung zum Fortschritt bei den Zielen erfolgen? Lassen sich die Aufgaben so gestalten, dass diese von alleine Rückmeldung geben?
Eine Vision und konkrete Ziele sind gut – viele Menschen leiden aber darunter, dass sie ihre Komfortzone nicht verlassen, ihre Ziele nicht umsetzen und vor sich herschieben. Sie prokrastinieren. Das nächste Kapitel zeigt, wie wir Prokrastination überwinden.