Die empirische Wissenschaft, vor allem die Psychologie, hat wissenschaftliche Gütekriterien für Forschungsergebnisse entwickelt. Diese gelten gleichsam für Messverfahren wie Tests und dienen zur Bewertung von Messungen, Messinstrumenten und Ergebnissen. Dieses Kapitel gibt eine Übersicht der Hauptgütekriterien und Nebengütekriterien und zeigt, an welchen Stellen im Forschungsprozess die Bewertung und Interpretation von Ergebnissen eine Rolle spielt. …
In diesem Beitrag:
Gütekriterien: Definition und Anwendungen
Worauf beziehen sich wissenschaftliche Gütekriterien? Typische Anwendungen für (und damit auch Einflüsse auf) Gütekriterien in der Psychologie sind:
- Messverfahren. Dazu gehören psychologische Tests, Fragebögen, Beobachtungsmethoden und auch Kombinationen aus Messverfahren wie etwa Assessment Center.
- Versuchsbedingungen. Versuchsbedingungen beeinflussen die Güte von Daten. Sind Versuche schlecht geplant und Störvariablen vorhanden und unkontrolliert (etwa, dass Probanden einen Versuch durchschauen, den sie nicht durchschauen sollten), dann nutzt das beste Messverfahren nichts.
- Auswahl der Versuchsteilnehmer. Sind Probanden systematisch und nicht repräsentativ ausgewählt, leidet die Interpretierbarkeit der Ergebnisse. Man kann sie dann nicht auf die Grundgesamtheit übertragen.
- Auswertungsverfahren. Auch wenn ein Messverfahren gut ist, kann die Güte von Daten bei der Auswertung beschädigt werden. Bestimmte Auswertungen, etwa durch ungeschulte Datencodierer, ohne klare Auswertungspläne oder mit ungeeigneten statistischen Methoden sind typische Fehlerquellen.
- Interpretation der Ergebnisse. Die vorangegangenen Punkte bestimmen die Güte der Ergebnisse. Aber auch bei der Interpretation passieren Fehler, die dann die Güte der Botschaft, die aus den Daten gelesen wird beeinträchtigt. Es ist in der Praxis nicht selten, dass genau hier Fehler passieren, nicht objektiv und sauber Schlüsse aus den Daten gezogen werden. Ein typischer Grund ist Unvermögen, etwa weil viele Menschen keine Ahnung von Statistik haben und beispielsweise rein statistische Zusammenhänge und Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge verwechseln. Ein anderer Grund sind politische Absichten. Man möchte Bestätigung für eine bestimmte Annahme oder These haben oder eine anderen widerlegt haben – und das wird dann auch so hin-interpretiert, bis es passt.
Aus diesem Überblick lässt sich für Gütekriterien diese Definition ableiten:
Gütekriterien helfen Praktikern dabei, Ergebnisse wissenschaftlich begründet zu hinterfragen und Wissenschaftlern dabei, wissenschaftlich sauber zu arbeiten. Die Abbildung gibt einen Überblick zu den wichtigsten Gütekriterien.
Die nächsten Abschnitte und Kapitel beschreiben die einzelnen Gütekriterien im Detail.
Klassische Gütekriterien bzw. Hauptgütekriterien
Um Ergebnisse interpretieren zu können und Forschung planen zu können, gibt es Qualitätsindikatoren. Die sogenannten klassischen Gütekriterien (auch Hauptgütekriterien) fokussieren rein auf die Entstehung der Ergebnisse und deren Qualität. Es sind im einzelnen:
- Objektivität. Sind die Ergebnisse unabhängig von ungewollten Einflüssen durch die erhebenden Personen entstanden?
- Reliabilität. Wie genau ist die Messung?
- Validität. Wird wirklich das gemessen, was man messen möchte?
Naturgemäß legt man in der wissenschaftlichen Forschung ein stärkeres Augenmerk auf die klassischen Gütekriterien, es geht sozusagen um die Wahrheit – in der Praxis bei Projekten, die Mitarbeiter oder Kunden erforschen, fokussiert man eher auf die Nebengütekriterien, es geht um Effizienz und Nützlichkeit. Darum geht es im nächsten Abschnitt zu den Nebengütekriterien.
Nebengütekriterien
Die klassischen Gütekriterien wurden ergänzt mit Nebengütekriterien, die sich auf Aspekte rund um die Qualität der Ergebnisse und die verwendeten Erhebungsmethoden konzentrieren.
- Akzeptanz. Wird ein Verfahren, mit dem Daten erhoben werden sollen, überhaupt akzeptiert – sei es in rechtlicher oder gesellschaftlicher Hinsicht oder auch von den Teilnehmern und Entscheidern? Ist eine bestimmte Art von Daten akzeptiert – etwa genetische Profile von Mitarbeitern?
- Nützlichkeit. Kann aus Ergebnissen irgendetwas sinnvolles abgeleitet werden, werden Entscheidungen besser, wenn diese Ergebnisse verfügbar sind? Bezieht man beispielsweise die Nutzer der mit einer Untersuchung gewonnen Information zu wenig ein und berücksichtigt deren Informationsbedarf zu wenig, dann ist die Nützlichkeit gefährdet.
- Ökonomie. Welches Vorgehen ist am schnellsten und günstigsten, um die benötigten Ergebnisse in der benötigten Qualität zu liefern?
Naturgemäß legt man in der wissenschaftlichen Forschung ein stärkeres Augenmerk auf die klassischen Gütekriterien, es geht sozusagen um die Wahrheit – in der Praxis bei Projekten, die Mitarbeiter oder Kunden erforschen, fokussiert man eher auf die Nebengütekriterien, es geht um Effizienz und Nützlichkeit.
Gütekriterien der Forschung im Forschungsprozess
In der Praxis gilt es in vielen Situationen Ergebnisse zu bewerten und zu interpretieren, beispielsweise Ergebnisse aus Mitarbeiterbefragungen und Kundenbefragungen. Folgende Abbildung stellt Schritte im Forschungsprozess dar, die für die Bewertung von Forschungsergebnissen mit wissenschaftlichen Gütekriterien entscheidend sind.
Hier erfolgt schon ein kleiner Überblick, ein eigenes Kapitel zu Fehlern im Forschungsprozess betont nochmal die Risiken in den einzelnen Phasen im Detail. Orientiert man sich am Ablauf eines Forschungsprozesses, dann gibt es Phasen, die für die Güte von Ergebnissen besonders relevant sind:
Was bedeuten die Ergebnisse tatsächlich für die Fragestellung, wie verlässlich sind die Daten und gibt es systematische Verzerrungen? Die zutreffende Bewertung und Interpretation von Ergebnissen ist vielleicht der anspruchsvollste Teil im gesamten Forschungsprozess. Mit diesem Schritt steht und fällt, ob auf die Ergebnisse richtig reagiert wird, und Maßnahmen erfolgreich sind.
Der letzte Abschnitt gibt Literaturhinweise zur weiteren Vertiefung.
Gütekriterien: Literatur
Aktuelle Literatur-Tipps zu Gütekriterien wissenschaftlicher Forschung.
- Döring, Nicola (Autor)
- Sedlmeier, Peter (Autor)
- Priebe, Janosch A. (Autor)
- Rentzsch, Katrin (Autor)
Als nächstes folgt ein Kapitel zur Objektivität als Gütekriterium.