Wie kann ein integratives Gesamtmodell der Wirtschaftspsychologie aussehen? Hier bietet sich eine Orientierung an Strukturen und Prozessen an.
Das Modell hat vier Strukturebenen: Das Individuum, Gruppen, Organisationen und die weitere Umwelt.
Die unteren Ebenen sind jeweils – aber nur zum Teil – in den oberen Ebenen enthalten (und stehen mit diesen in Wechselwirkung). Zum anderen Teil sind die Ebenen von einander unabhängig. Das bedeutet, dass Individuum ist zwar Teil einer Gruppe und der Organisation, es hat aber auch einen eigenständigen Teil, der nichts mit der Gruppe oder Organisation zu tun hat.
Darüber hinaus sind in der Wirtschaftspsychologie nicht nur die Struktur, sondern auch die Prozesse bedeutsam. Daher ist in dem Modell auch eine Zeitachse enthalten.
Auf der Ebene des Individuums wären wichtige Prozesse beispielsweise die Arbeit oder Lernen. Prozesse auf Individualebene laufen – wie im Modell ersichtlich – sowohl innerhalb der Organisation ab, als auch außerhalb. Ein wichtiger Prozess außerhalb der Organisation ist beispielsweise privates Konsumverhalten.
Bei der Gruppe wären beispielsweise Prozesse wie Teamentwicklungsphasen oder Innovationen auf der Zeitachse.
Im Bereich der Organisation sind hier zum Beispiel Change-Management und Organisationsentwicklung aber auch die Wertschöpfungsprozesse relevant.
Die einzelnen Komponenten des Modells sind im Folgenden detailliert dargestellt:
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Die Basisebene ist das Individuum.
Hier sind auf der Strukturebene die Aspekte Persönlichkeit, Demographie und Kompetenzen von Bedeutung.
Auf der Prozessebene sind wichtige Inhalte Wahrnehmung und Beachtung, Aktivierung, Lernen, Emotionen, Motivation und Entscheidungen. Darüber hinaus sind auch langfristigere Prozesse wichtig, wie etwa die Alterung von Konsumenten oder Mitarbeitern.
Auch Verhaltensweisen wie Informationssuche, Konsum und vor allem Arbeit sind hier wesentliche Themen für die Wirtschaftspsychologie.
An der Schnittstelle zur Umwelt finden sich viele Untersuchungsgebiete wie die Wirkung von sensorischen Reizen (z.B. Beduftung oder Musik), die Gestaltung von Verkaufsräumen, Konsumprozessen oder Arbeitsumgebungen und Arbeitsabläufen.
Auch zwischen Individuum und Gruppe bestehen Beziehungen. Ein wichtiges Untersuchungsgebiet zwischen Individuum und Gruppe ist beispielsweise das Thema Führung. -
Als übergeordnete Ebene, in die die Individuen eingebettet sind, kommt dann als nächstes die Gruppe.
Strukturell ist vor allem die Gruppengröße, die Zusammensetzung der Gruppe, Rollen, Normen und Kohäsion (Zusammenhalt) von Interesse.
Die Wirtschaftspsychologie betrachtet bei Gruppen ebenfalls zahlreiche Prozesse: Teamentwicklungsphasen, Gruppenentscheidungen, Konflikt, Verhandlung, Kommunikation (z.B. Meinungsführer und soziale Strukturen beim Informationsfluss) sind nur einige der wesentlichen Prozesse. -
Über der Gruppe als übergeordnete Ebene steht die Organisation.
Hier sind zum Beispiel die Gebiete Organisationsstruktur, Unternehmenskultur und Anreizsysteme für Mitarbeiter wichtig.
Auf der Prozessebene sind die Gebiete Change-Management und Innovation zu nennen. -
Alle diese Ebenen sind eingebettet in die Umwelt, mit der sie in Wechselwirkung stehen.
In der Umwelt sind allgemeine Trends, sowohl bei den Konsumenten als auch bei potenziellen Mitarbeitern, bedeutsam.
Hier sind sämtliche Entwicklungen enthalten, die für wirtschaftspsychologische Fragestellungen relevant sind. Das sind z.B. politische, wirtschaftliche, technische, ökologische und soziale Trends. Zudem sind hier sich ändernde Kooperationen und Allianzen, der Eintritt in neue Märkte sowie Prozesse in den Beziehungen mit Lieferanten, Investoren oder Vertriebspartnern anzuführen.
Mit diesem Modell ist eine Abbildung der Inhalte von Organisationspsychologie ebenso wie der Inhalte der Marktpsychologie möglich. Wichtige wirtschaftspsychologische Bereiche zwischen Organisation und Umwelt wie Personalmarketing, Beziehungen zu Investoren, Vertriebspartnern und Lieferanten sowie gesamtwirtschaftliche Prozesse können im Modell zugeordnet werden.
Im Folgenden wird die Ebene des Individuums und ihre Rolle für die Wirtschaftspsychologie kurz dargestellt.