Die Spezialisierung der Wirtschaftspsychologie in Teildisziplinen war lange Zeit sinnvoll, da ganz unterschiedliche Nachfrager sich aus der Praxis an die Disziplin wenden. Lehrbücher zur Wirtschaftspsychologie mit einer integrierten Betrachtung sind sehr selten, und die meist lose Sammlung von Inhalten ohne übergreifende Struktur oder die Bezeichnung eines kleinen Teils (etwa nur der ökonomischen Psychologie) als Wirtschaftspsychologie sind symptomatisch. Oft findet man auch ein Buch mit einem kleinen Alibi-Anteil der anderen Disziplinen, das sich aber vor allem auf eine der Strömungen (Mitarbeiterpsychologie, Kundenpsychologie oder Ökonomische Psychologie) fokussiert. Spezialisierung hat aber ihren Preis – und dieser Preis wird immer höher.
Eine Trennung in Teildisziplinen wie Kundenpsychologie und Mitarbeiterpsychologie ist aus mehreren Gründen zunehmend künstlich und praxisfern. Zahlreiche Entwicklungen und Trends fördern den Integrationsbedarf innerhalb der Wirtschaftspsychologie:
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Gutes Personalmanagement braucht kundenpsychologisches Denken. Mitarbeiter und potenzielle Mitarbeiter werden immer stärker als Kunden wahrgenommen. Personalmarketing, Personalmarktforschung und Employer-Branding sind Schlagworte, die diesen Trend widerspiegeln.
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Gutes Marketing bedeutet immer öfter auch gutes Personalmanagement. Markterfolg ohne marktorientierte Mitarbeiter ist oft unmöglich geworden. Das bedeutet Personalmanagement ist häufig von Marketingdenken durchdrungen. Das gilt vor allem im stark wachsenden Dienstleistungssektor, der bereits nahezu 70% der Arbeitsplätze in Deutschland stellt. Hier verschmelzen interne und externe Aspekte. Die Leistung am (externen) Kunden wird direkt durch (interne) Mitarbeiter erbracht.
- Einen Kunden zu haben bedeutet immer öfter auch eng mit diesem Kunden und seinen Mitarbeitern zusammen zu arbeiten. Eine zunehmende Dynamisierung des Umfeldes verlangt eine integrierte Betrachtung von Organisation und Markt, um schnell und flexibel reagieren zu können. Grenzen zwischen Organisation und Umfeld werden mit organischen Strukturen, Outsourcing sowie der zunehmenden Vernetzungen zwischen Zulieferern, Organisation und Vertriebswegen immer undeutlicher. Viele Personen können nicht mehr deutlich als extern oder intern klassifiziert werden. Auch der Trend zur Zeitarbeit fördert diese Dynamik.
Fazit: Erst eine integrierte Betrachtung interner und externer Aspekte von Organisationen ermöglicht eine vernünftige Anwendung in der Praxis. Anstatt eindimensionaler Spezialisten herrscht dabei immer mehr Bedarf an flexiblen Generalisten im Wirtschaftsbereich, die sowohl verstehen, wie Kunden denken als auch, wie Mitarbeiter funktionieren.
Es macht daher Sinn, Wirtschaftspsychologie als Gesamtmodell zu betrachten, in dem sich die Inhalte und Teilströmungen möglichst konkret darstellen, zuordnen und abgrenzen lassen. Das böte die Chance Organisationspsychologie, Marktpsychologie und die anderen Disziplinen der Wirtschaftspsychologie in ihrem Zusammenhang zu erfassen und neue Forschungs- und Anwendungsfelder darzustellen.
So ein Gesamtmodell der Wirtschaftspsychologie fehlt als übergreifendes Dach. Das nächste Kapitel stellt daher ein übergreifendes Modell der Wirtschaftspsychologie dar.