9. Prinzipien, Verfahren und Techniken der Stichprobenauswahl

Geht es um die Auswahl von Untersuchungsobjekten, dann besteht folgende Hierarchie an Entscheidungen, die getroffen werden sollten:

  1. Entscheidung für ein Erhebungsprinzip
  2. Entscheidung für ein Auswahlverfahren
  3. Entscheidung für eine Auswahltechnik

Zunächst unterscheidet man die beiden Erhebungsprinzipien der Voll- und der Teilerhebung. Da sich der Abschnitt mit der Ziehung von Stichproben beschäftigt, wird lediglich der Bereich der Teilerhebung betrachtet.

 

Davon ausgehend gelangt man zu den Auswahlverfahren, die sich in Verfahren nach dem Zufallsprinzip oder Verfahren der bewussten Auswahl (nicht nach dem Zufallsprinzip) unterteilen lassen.

Die Auswahl nach dem Zufallsprinzip umfasst die Auswahlverfahren der einfachen Zufallsauswahl, der geschichtet Auswahl sowie der Klumpenauswahl.

 

Axel Glemser – Head of Sampling, TNS Infratest
„Gängige Verfahren der Zufallsauswahl in der Markt- und Sozialforschung sind sogenannte „Adress-Random-Auswahlverfahren“, also Verfahren, die eine Listenauswahl darstellen – basierend auf elektronischen Listen. Das ist die übliche Basis für Untersuchungen der Kundenzufriedenheit, um nur ein Beispiel zu nennen.“

 

Auswahltechniken ersetzen in der Praxis die recht umständliche Vorgehensweise der reinen – d.h. uneingeschränkten Zufallsauswahl. Hierzu gehören die Zufallszahlenauswahl, das Schlussziffernverfahren oder die systematische Auswahl. Diese Auswahltechniken werden später im Detail geschildert.

 

Zufallsauswahlverfahren (Random-Verfahren) beruhen auf wahrscheinlichkeitstheoretischen Überlegungen. Das heißt für jedes Element der Grundgesamtheit ist die Wahrscheinlichkeit in die Stichprobe zu gelangen bekannt und größer Null. Somit ist theoretisch der Stichproben- bzw. Zufallsfehler berechenbar. Da in der Praxis hoher Non-Response besteht, ist diese Voraussetzung aber meist nicht gegeben.

 

Auswahlverfahren, die nicht nach dem Zufall ablaufen, gehört zu den bewussten Verfahren. Hierbei wird die Stichprobe durch die Verantwortlichen subjektiv so gesteuert, dass nur ganz bestimmte Elemente mit bestimmten Eigenschaften in die Stichprobe gelangen können. Das heißt das Sample wird konstruiert und die Auswahl erfolgt gezielt und überlegt nach bestimmten Merkmalen. Später dargestellte Auswahlverfahren, die nicht auf dem Zufall beruhen, sondern bewusst gesteuert werden, sind die Quotenauswahl, die typische Auswahl und die Auswahl aufs Geratewohl.

 

Axel Glemser – Head of Sampling, TNS Infratest
„Wichtig für die Marktforschung sind Quotenauswahlverfahren. Sie sind vor allem in Studien gerne gesehen, die relativ preissensibel sind, weil es für Face-to-Face Befragungen ein eher günstiges Verfahren ist. Man sollte zudem hinzufügen, wenn man eine Zielgruppe hat, die sehr sehr eng beschrieben ist – z.B. evangelische Nichtraucher mit Schuhgröße 45 in Bayern – muss man es eigentlich dem Interviewer ermöglichen, dass er sich durchfragt zu solchen Personen.

Aber Quotenverfahren sind etwas problematischer und vor allem in der wissenschaftlichen Literatur deutlich umstrittener, weil es eben kein systematisches Randomverfahren ist, sondern ein Selektionsverfahren, das dem Interviewer – zumindest im Face-to-Face Bereich mehr Freiheitsgradeerlaubt und der Auswahlprozess somit nicht mehr vollständig kontrolliert werden kann. Wenn man ein Quotenverfahren anwendet, kann die Auswahlwahrscheinlichkeit mathematisch nicht mehr berechnet werden und somit ist streng methodisch betrachtet eine Quotenstichprobe nicht verallgemeinerbar.

Dennoch: in der Praxis ist man meistens bei knappen Marktforschungsbudgets dazu gezwungen solche Verfahren anzuwenden.“