8. Festlegen der erforderlichen Größe von Stichproben

Bei jeder Ziehung von Stichproben stellt sich die Frage: Wie groß soll die Stichprobe am Ende sein?
Die Antwort auf diese Frage ist wie so oft: “It depends.”

 

Der wichtigste Punkt ist erst einmal den Non-Response abzuschätzen. Das kann auf Erfahrung beruhen oder auch aus den ersten Rückläufen geschätzt werden.
Rechnet man mit einer Response-Rate von 25 Prozent und will als Nettostichprobe 1000 Personen, so muss man 4000 Personen als Bruttostichprobe kontaktieren.

 

Dieses ist der einfachere Teil. Doch wie bestimmt man die erforderliche Größe der Nettostichprobe?

 

umfang_von_stichproben.png
Abbildung: Entscheidungskriterien für die Größe von Stichproben

 

Der erforderliche Stichprobenumfang richtet sich nach praktisch- ökonomischen und statistisch- mathematischen Aspekten.

 

 

Gerhild Abler – Sector Head Travel, Transport and Tourism, TNS Infratest

„Die Stirchprobengröße ist im Einzelfall zu entscheiden. Die optimalen Stichprobengrößen sind immer ein Derivat aus: Thema und der erforderlichen inneren Strukturtreue der Stichprobe. Wenn man eine Marktstrukturanalyse über den deutschen Quellmarkt machen will, über die Reisetätigkeit der Deutschen ins Ausland, dann braucht man eine ganz andere Stichprobe als wenn man nur sagen will, welche Burger den Leuten besser schmecken – von Mac Donalds oder Burger King.

Es gibt vielleicht nicht genau die optimale Stichprobengröße. Aber für jede Fragestellung und jedes Budget gibt es eine bestimmte Range, in der eine Stichprobe optimalerweise sein sollte. Es gibt aus meiner Sicht auch jeweils ein optimales Auswahlverfahren, sprich Zufall versus Quote.“

 

Insgesamt gibt es gute Gründe aus sechs verschiedenen Bereichen, anhand derer die Größe einer Nettostichprobe festgelegt wird.

    • Ein Kriterium, das auf der Hand liegt, sind die verfügbaren Ressourcen und die Zeit. Damit liegt zumindest einmal eine Obergrenze fest.
    • Auch die Heterogenität der Population ist entscheidend. Je unterschiedlicher eine Grundgesamtheit ist, desto mehr sollten davon erhoben werden, um einen passenden Eindruck zu erhalten.
      Ist ein Merkmal nur sehr selten in der Grundgesamtheit enthalten und sollen dennoch genaue Angaben dazu gemacht werden, sind größere Stichproben notwendig.
      Ausserdem: Je niedriger die Varianz der interessanten Merkmale sind, desto geringer ist der Standardfehler. D.h. große Stichproben, die homogen sind, schätzen Populationsparameter genauer.
    • Die erforderliche Reliabilität also Genauigkeit der Schätzung hängt eng mit statistischen Kriterien für die Größe der Stichprobezusammen. Je größer die Stichprobe, desto genauer die Schätzung. Eigentlich gilt das nur für Zufallsstichproben. Doch wird diese Regel auch oftmals auf nicht zufällige Stichproben, wie etwa Quotenstichproben angewendet.
      Bei wichtigen Entscheidungen mit großen Risiken (etwa Produkttests bei Medikamenten) sind größere Sicherheiten und damit größere Stichproben erforderlich.
    • Statistische Aspekte der erforderlichen Stichprobengröße liegen in der Auswertung begründet. Um einige statistische Verfahren sinnvoll einsetzen zu können (beispielsweise mehrfaktorielle Varianzanalysen oder strukturvergleichende Modelle) braucht man bestimmte Zahlen von Personen. Es gibt entsprechende Software, die hilft, erforderliche Stichprobengrößen je nach gewünschten Tests und gewünschter Teststärke zu ermitteln.
    • In der Praxis sind Erfahrungen aus Vergleichsstudien oft ein wichtiger Indikator. Hat man in der Vergangenheit zum Beispiel festgestellt, dass in einem bestimmten Bereich die Angaben von ca. 50 Kunden bereits ein relativ klares Bild geben, braucht man zumindest nicht mehr als 100 Kunden befragen.
    • Ein wichtiges Kriterium ist natürlich auch der Wert der Information. Man wird die Stichprobe nicht in einer Größe erheben, die der Wert der gewonnenen Daten nicht rechtfertigt.

 

Neben diesen Kriterien soll auch das politische Kriterium nicht verschwiegen werden. Oftmals haben große Stichproben einfach mehr Überzeugungskraft für Entscheider in Unternehmen. Daher werden in der Praxis oftmals viel größere Stichproben als eigentlich nötig erhoben.