4. Stichproben als Teilerhebungen

Das Ziehen von Stichproben ist dann erforderlich, wenn eine Vollerhebung nicht möglich, nicht ökonomisch oder nicht sinnvoll ist. Unter einer Vollerhebung wird dabei die Untersuchung aller Elemente einer Grundgesamtheit verstanden. Die letzte Volkszählung im Jahre 1987, eine weitgehend vollständige Erfassung der Bevölkerung, kostete etwa 250 Millionen Euro (vgl. Buttler & Fickel, 2002, S. 26).

Axel Glemser – Head of Sampling, TNS Infratest

„Stichproben werden immer dann erhoben, wenn man Primärforschung betreibt. In den seltensten Fällen kann man alle potentiell interessierenden Personen befragen. Die so genannte Totalerhebung scheidet im Normalfall schon aus Kostengründen aus. Ein ganz simples Beispiel: Wenn sie Aussagen über die Bevölkerung treffen wollen, können Sie im Normalfall nicht 80 Millionen Deutsche befragen. Ganz klar, sie brauchen eine Auswahl, also eine Stichprobe.“

 

Teilerhebungen sind naturgemäß wesentlich kostengünstiger als Vollerhebungen und die Ergebnisse von Teilerhebungen liegen zudem wesentlich schneller vor. Das kann am Beispiel von Wahlabsichten der Bevölkerung gut gezeigt werden: Eine Umfrage unter den 60 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland wäre nicht nur immens teuer, sondern auch so zeitraubend, dass die Ergebnisse erst dann bekannt gegeben werden könnten, wenn sie überholt wären.

Vollerhebungen sind nur dann sinnvoll, wenn die zu befragende Grundgesamtheit klein und überschaubar, individuell sehr unterschiedlich (heterogen) und vor allem zugänglich ist. Ein Beispiel dafür wäre ein B2B Unternehmen mit 15 sehr wichtigen Kunden. Hier ist es bei einer Untersuchung der Kundenzufriedenheit sinnvoll, eine Vollerhebung mit allen Kunden anzustreben.

Auch wird man in der Praxis keine Stichproben einsetzen, wenn Personengruppen sehr klein und zudem schwer zu finden sind. Beispielsweise Personen mit einer bestimmten Krankheit für Pharmamarketingforschung. Hier wird man über Inserate versuchen überhaupt Teilnehmer zu finden. Man kann auch mit bestimmten Screeningverfahren versuchen, nach einer Art Rasterfahndung potenzielle Kandidaten einzugrenzen, mit einem ersten Fragebogen die kritischen Kriterien zu erheben und dann erst anhand der kritischen Kriterien ausgewählte Personen zu befragen (vgl. dazu die mehrstufigen Verfahren).

 

Die Grundgesamtheit stellt den vollständigen Personen- oder Objektkreis dar, über den aussagekräftige Informationen gewünscht sind. Mit einer Stichprobe – als Auswahl aus der Grundgesamtheit – wird also das Ziel verfolgt, am Ende sichere Rückschlüsse über das Verhalten und die Struktur der Grundgesamtheit zu ziehen. Die Stichprobe der Grundgesamtheit kann u.a. aus Kundenadressen (Datenbank des Auftraggebers), öffentlichen Adressdateien (Einwohnermeldeamt für Personenbefragungen) oder aus den eigenen Datenbanken des Marktforschungsinstituts gezogen werden (z.B. Access Panels für Personenbefragungen).

Da Stichproben nur einen Teil der Grundgesamtheit darstellen, stellt sich die Frage nach der Repräsentativität. Diese wird im folgenden Kapitel diskutiert.