7. Projektive Konstruktionstechniken

Bei den Konstruktionstechniken wird den Teilnehmern ein Stimulus vorgelegt, um den herum sie eine Aussage konstruieren sollen. Konstruktionstechniken verlangen vom Befragten mehr Motivation, Kreativität und Phantasie als andere Methoden. Der Forscher sollte sich vorher gut überlegen, was die Probanden schaffen können – und was sie auf der anderen Seite überfordern könnte. Bei den meisten Formen dieser Befragungstechnik hat die Interpretation einen großen subjektiven Spielraum und es ist unbedingt nötig, sich vom Probanden ausführliche Erklärungen für dessen Ergebnisse geben zu lassen.

  • Der Klassiker unter den projektiven Verfahren ist die Projektive Frage.
    Die Idee der Projektion ist, dass eigene Motive, Emotionen, Gedanken und Einstellungen anderen Personen zugeschrieben werden. Die Projektive Frage soll so beantwortet werden, wie der Befragte glaubt, dass sie jemand anders beantworten würde. Dadurch fällt Menschen die Beantwortung intimer oder tabuisierter Fragen wesentlich leichter. Letztendlich enthält die Antwort dann die Meinung des Befragten.
    Beispiele: „Was denkt Ihr Nachbar von den Ausländern hier in der Stadt?“ „Warum glauben Sie, schauen so viele Frauen die Sendung X an?“
    Häufig wird auch nach dem typischen Verwender eines Produktes gefragt. „Stellen Sie sich den typischen Verwender der Marke „Nivea“ vor und beantworten Sie bitte folgende Fragen: Warum kauf diese Person Produkte von Nivea? Wie alt ist die Person? Welchem Geschlecht gehört sie an? Welchen Berufswunsch oder Beruf hat die Person? In welches Restaurant geht die Person regelmäßig? Wo kauft die Person ihre Pflegeartikel ein? …?“
  • Beim Einkaufslistenverfahren werden zwei fiktive Einkaufslisten vorgelegt, die bis auf das zu untersuchende Produkt identisch sind. Die Versuchsperson soll den Mensch, der diese Einkaufsliste geschrieben hat, charakterisieren. Unterschiede in der Beschreibung der Personen weisen auf Einstellungen zur Marke oder dem Produkt Marke hin.
    In einer Untersuchung (Haire, 1950) stellte sich durch diese Methode zu fragen heraus, dass eine Person, die Instant-Nescafé kauft, als bequem und faul empfunden wird, im Gegensatz zu einer Person, die normalen Filterkaffee kauft. In der folgenden Werbung von Instant-Nescafé wurde auf die Vermittlung von Qualität gesetzt und nicht mehr auf die Einfachheit der Zubereitung.
    Außer Einkaufslisten können hier auch Lebensläufe oder normale Personenbeschreibungen genommen werden, die sich in einem Detail unterscheiden.
  • Im Sceno-Test gestaltet der Proband Szenen mit Hilfe von biegsamen menschlichen Figuren, Tierfiguren, Bausteinen, Bäumen, etc. Die Annahme ist dabei, dass unbewusste Inhalte dargestellt werden, da Projektionen und Identifikationen einfließen. Der Spielverlauf und die fertige Szene müssen zur richtigen Interpretation vom Probanden kommentiert und vom Versuchsleiter protokolliert werden.
  • Mit der Familienbildung werden verschiedene Produkte oder Marken gruppiert. So kann erkannt werden, welche Wettbewerber ein ähnliches Image haben. Es handelt sich um eine subjektive Clusterung, die sich der Forscher zur richtigen Interpretation unbedingt von der befragten Person zusammenfassend erklären lassen sollte.
  • Die Wunschprobe lässt sich in der Marktpsychologie anwenden, um beispielsweise herauszufinden, welche Aspekte einer Marke für die Konsumenten bedeutsam sind und welche Bereiche Veränderungspotenzial bieten.
    Bei einer Variante der Wunschprobe soll versucht werden, sich direkt in den zu untersuchenden Gegenstand (eine Marke, ein Produkt, ein Unternehmen, eine Dienstleistung, etc.) hinein zu versetzen. Hier wird den Probanden keine Auswahl an Wörtern vorgegeben (vgl. Neumann, 2003).
    „Angenommen, Sie könnten in die Rolle eines bestimmten Produkts (z.B. eines Autos) schlüpfen: Welches Modell möchten Sie gerne sein? Wie würden Sie sich dabei fühlen? Was würden Sie erleben? Warum möchten Sie gerade in dieses Modell schlüpfen? Welches Modell möchten Sie auf keinen Fall sein? Warum nicht?“
    In einem weiteren Schritt können die Probanden gebeten werden, sich in die Rolle des, für das zu untersuchende Produkt, zuständigen Werbetexters, Grafikers oder Produktmanagers hinein zu versetzen.
  • Der Bildererzähltest (in Anlehnung an den TAT) beruht auf dem thematischen Apperzeptionstest, dem TAT, von H. Murray. Die Probanden sollen Geschichten zu absichtlich uneindeutigen Bildvorlagen erzählen. Die Herausforderung bei der Bildauswahl und Gestaltung ist, dass die Bilder einerseits die Projektion eigener Einstellungen in die erzählte Geschichte ermöglichen sollen, andererseits müssen diese Bilder noch so spezifisch und problemorientiert sein, dass sich die Geschichten im thematisch interessierenden Rahmen abspielen (vgl. v. Rosenstiel & Neumann, 2002). Beim Bildererzähltest werden vier Bilder vorgelegt, wobei aber höchstens zwei der Bilder vieldeutig sind. Die anderen Bilder stehen in konkreter Beziehung zum Konsum des zu untersuchenden Produkts.