6. Projektive Ergänzungstechniken

Bei den Ergänzungstechniken soll die Versuchsperson ihr vorgelegtes Stimulusmaterial ergänzen und fertigstellen.

  • Satzergänzungstests sind eine wichtige projektive Methode. Die Ergänzung der unvollständigen Sätze wird auf dritte Personen bezogen. So gibt der Proband vermeintlich nicht seine eigene Meinung preis.

    Soll etwa die implizite Einstellung zu schnellem Fahren erhoben werden, könnten folgende Sätze zur Ergänzung vorgelegt werden:

    Die meisten Leute glauben schnelle Autos…!

    Menschen, die schnelle Autos fahren, sind …!

    Jemand, der sehr umweltbewusst ist, denkt schnelle Autos …!

  • Der Handlungsergänzungstest ist komplexer als ein Satzergänzungstest, da eine Handlungssequenz zu Ende erzählt werden soll. Es geht um ganze Handlungsverläufe, die sich die befragte Person überlegen soll. Teilnehmer haben hier umfangreichere Gestaltungsmöglichkeiten als beim Satzergänzungstest. Auch ist das Verfahren weniger leicht zu durchschauen.
    Beispiel: Es wird dem Probanden der Anfang eines Videos gezeigt und dieser soll die nachfolgende Handlung zu Ende entwickeln.
    Geeignete Fragen wären: “Was ist hier los? Warum? Wie geht es weiter? Warum?”
    Ginge es um die Einstellung zu BMW könnte man zeigen, wie ein BMW auf der Autobahn zum Standstreifen fährt und hält. Den Rest der Handlung soll sich die Versuchsperson überlegen.
  • Der Geschichten-Erzähl-Test hat eine verbale Geschichte als Grundlage, auf deren Basis die Versuchspersonen eine Geschichte entwickeln sollen. Damit ist er dem Handlungsergänzungstest sehr ähnlich. Häufig bildet ein Dialog die Ausgangslage des Tests.
    Soll die Einstellung zu einem Bio-Gütesiegel erforscht werden, könnte man diese Geschichte als Stimulus verwenden.
    Stellen Sie sich nun bitte folgende Situation vor und ergänzen Sie die Unterhaltung:
    Zwei Frauen unterhalten sich im Supermarkt über eine neue Biolimonade:
    Frau A: „Mich würde schon immer mal interessieren, was dieses Logo auf den Flaschen dieser neuen Biogetränke aussagt!“
    Frau B: „Das kann ich dir sagen, und zwar ist das folgendermaßen… !“
  • Der Ballontest, auch Sprechblasentest, Comic-Strip-Test oder Cartoon-Test genannt, beruht auf dem Picture Frustration Test, dem PFT, von S. Rosenzweig. Er zeigt dem Probanden meist zwei Personen in einer marketingrelevanten Situation, etwa beim Einkaufen an der Kasse, bei der Beratung im Mobilfunkladen oder vor einem Schaufenster. Die Personen sind ohne Mimik dargestellt, um eine suggestive Wirkung zu vermeiden. Über den Personen befinden sich Sprech- und oder Gedankenblasen. Meist ist in eine der Blasen bereits ein Statement eingefügt. Das bedeutet nur ein Teil des Dialogs ist vorgegeben, meist eine Aussage oder Behauptung einer Figur über den Gegenstand. Der Proband soll die leere Sprechblase ausfüllen. Wobei die Annahme ist, dass der Befragte seine Einstellungen in die gezeigte Situation hinein projiziert.
  • Bei Verfahren der Analogienbildung soll der Proband den Untersuchungsgegenstand zu anderen Objekten in Beziehung setzen. Die Eigenschaften eines Untersuchungsobjektes werden dabei per Analogie auf andere Bereiche übertragen, etwa auf Personen, Tiere, Maschinen.
    So könnte eine Frage sein: „Stellen Sie sich bitte Siemens als Tier vor. Was wäre das für ein Tier?“ Die Antworten sollte der Proband ausführlich erklären. Aus den gewählten Tieren (etwa Elefant) kann auf Eigenschaften, die dem Unternehmen zugeschrieben werden, geschlossen werden.
Thomas Schleicher, Projektleiter, Klare Antworten GmbH / TNS Infratest
„Bei der Untersuchung einer Volksmusiksendung haben wir festgestellt, dass die Menschen die Sendung bei einer Analogienbildung zu Essen zum größten Teil als eine schwere Kost empfinden, deftig mit Fleisch und Knödeln, andere verglichen es mit Leipziger Allerlei, von allem etwas.
Interessant war dann die Frage zum Timeslot. Die Sendung läuft Samstagabend und die Ergebnisse bei der Frage nach Gewohnheiten zu dieser Zeit zeigten, dass der Zuseher überwiegend leichte Unterhaltung erwartet, die so nebenher läuft. Hier wurde sichtbar, dass an dem Konzept der Sendung etwas geändert werden sollte.
Wäre direkt gefragt worden: Wie empfinden Sie diese Sendung, wäre eventuell das Wort „schwer“ nicht so klar genannt worden.“