14. Kulturelle Diversität in Deutschland

Häufig hängen Trends miteinander zusammen. So führt die politische Öffnung von Märkten, schnelle und günstige Transport- und Reisemöglichkeiten auch zu sozialen Effekten.
Bevölkerungen und Mitarbeiter werden im Zuge des Schlagwortes “Globalisierung” zunehmend kulturell divers. In Deutschland kommt zu den Migrationsströmen aus anderen Kulturen verschärfend die Abschmelzung der emischen Bevölkerung dazu. Das Schlagwort “Diversität” beschreibt diese Entwicklung.

Diversität
behandelt heterogene Zusammensetzungen der Belegschaft in Hinblick auf Kultur, Alter und Geschlecht.
Die Herausforderung des „Diversity Management“ besteht weltweit. Westliche Industriegesellschaften sind durch Immigration geprägt. Insbesondere multi-ethnische Nationen wie die USA, Australien oder südamerikanische Länder aber auch Länder mit sehr hohen Anteilen an Migranten wie England sind betroffen.
In Australien sind beispielsweise zunehmend Mitarbeiter mit asiatischem Hintergrund zu integrieren, in Südafrika wegen neuer Gesetze immer mehr Schwarze in den Betrieben.

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Abbildung: Werbung von McDonald’s für einen Arbeitsmarkt mit hoher Diversität (im Kleingedruckten: “We hire individuals.”)

 

Das Statistische Bundesamt liefert Daten für Deutschland (Statistisches Bundesamt, 2006):

  • So waren in Deutschland 2005 bereits 9 Prozent der Bevölkerung Ausländer, weitere 10 Prozent eingebürgerte Personen mit Migrationshintergrund. Jeder fünfte stammt also nicht aus dem deutschen Kulturkreis.
  • Die neun wichtigsten Herkunftsländer sind die Türkei (mit 14,2% aller Zugewanderten), die Russische Föderation (9,4%), Polen (6,9%), Italien (4,2%), Rumänien sowie Serbien und Montenegro (jeweils 3,0%), Kroatien (2,6%), Bosnien und Herzegowina (2,3%) sowie Griechenland (2,2%).
  • Personen mit Migrationshintergrund sind geringer qualifiziert: Fast 10 Prozent haben keinen allgemeinen Schulabschluss (dagegen Personen ohne Migrationshintergrund 1,5%) und 51% keinen beruflichen Abschluss (gegenüber 27%), wobei in allen Fällen diejenigen nicht berücksichtigt sind, die sich noch in Ausbildung befinden.
  • Das niedrige Qualifikationsniveau wirkt sich natürlich direkt auf die Beschäftigungszahlen aus. Menschen mit Migrationshintergrund im Alter von 25 bis 65 Jahren sind seltener erwerbstätig (62% gegenüber 73%) als Personen ohne Migrationshintergrund und häufiger erwerbslos (13% gegenüber 7,5%) oder stehen dem Arbeitsmarkt überhaupt nicht zur Verfügung (25% gegenüber 19,5%).
  • Ebenfalls wirkt die die geringe Qualifikation auf die Arten der Beschäftigung aus. Erwerbstätige mit Migrationshintergrund üben ihre Tätigkeit vor allem im Produzierenden Gewerbe sowie im Handel und Gastgewerbe aus. Hier sind zusammen 64 Prozent aller Menschen mit Migrationshintergrund tätig. Hochqualifizierte Tätigkeiten in Forschung und Management sind kaum vertreten.

Entgegen den Erwartungen zahlreicher Politiker behalten die meisten Einwanderer ihre Werte und Kultur.
Einwanderer assimilieren sich häufig nicht, sondern behalten ganz eigene Lebensgewohnheiten.
Wie überall sind nicht alle Personen gleich. Arten von Einwanderern können grob abgegrenzt werden:

  • Akkulturierte Einwanderer haben sich vollständig in die aufnehmende Kultur integriert und assimiliert und die ursprüngliche Kultur aufgegeben. So gibt es in Deutschland zahlreiche Personen, bei denen nur noch der Familienname auf eine fremdländische Herkunft hinweist. Die ursprüngliche Kultur und Sprache ist verloren gegangen.
    Weder im Marketing noch im Personalbereich sind hier besondere Eigenheiten gegenüber der übrigen Bevölkerung zu berücksichtigen.
  • Bikulturelle Einwanderer haben sich vollständig in die neue Kultur integriert, doch die eigene Kultur und Sprache behalten. So kann man etwa bei chinesischen Immigranten häufig beobachten, dass diese die Sprache, die Regeln und Gesetze des Einwanderungslandes bestens beherrschen und sich beruflich sehr erfolgreich in der aufnehmenden Kultur bewegen. Dennoch heiraten diese Gruppen häufig noch unter sich und kennen und respektieren auch noch nach Generationen die ursprüngliche Sprache und Kultur.
    Diese Personen haben durchaus Besonderheiten, die im Marketing (z.B. Ernährungsgewohnheiten und Feste) oder Personalbereich (z.B. berufliche Ziele, Werte und Motive) bedeutsam sind.
  • Unintegrierte Einwanderer halten an der importierten Kultur fest, ohne sich auf die neue Umgebungskultur einzulassen. Das Schlagwort “Parallelgesellschaft” beschreibt den Zustand. Häufig entwickelt sich die importierte Kultur ebenfalls nicht mehr weiter und entfremdet sich auch mit der Entwicklung im ursprünglichen Herkunftsland.
    Sowohl im Marketing (Ethno-Märkte) als auch im Personalbereich (niedrige Qualifikation, schwere Integration in Teams, mangelnde Offenheit für Neues) sind die Auswirkungen auf das Verhalten und Erleben stark.

Diese Situation hat deutliche Auswirkungen auf wirtschaftspsychologische Fragestellungen. Davon handelt das nächste Kapitel.