6. Prozess der Stichprobenziehung

Axel Glemser – Head of Sampling, TNS Infratest

„Das Grundprinzip der Stichprobenziehung bedeutet zunächst, dass man sich klar wird, für welche Grundgesamtheit man eine Aussage treffen will. Sprich die Grundgesamtheit muss genau definiert werden – sachlich, zeitlich und örtlich. Das ist der erste Schritt – ein vergegenwärtigen der Grundgesamtheit.
Dann sollte man sich kundig machen, was eine geeignete Auswahlgrundlage ist. Sprich, in welchem Rahmen kann ich meine Probanden für die Stichprobe gewinnen? Kann ich eine Bevölkerungsstichprobe von Bayern aus dem Telefonbuch ziehen? Muss ich mich vielleicht an Behörden wenden, an die bayrischen Ämter, Kommunen, Städte und Gemeinden? Oder gibt es andere Möglichkeiten?
Und man sollte sich drittens noch entscheiden, welches Auswahlverfahren geeignet ist. Das Auswahlverfahren ist mitverantwortlich für die Möglichkeit die Ergebnisse hoch rechnen zu können.
Last but not least sollte auch geschaut werden, welchen Erhebungsmodus man verwendet – d.h. soll z.B. mündlich, persönlich, telefonisch oder online erhoben werden. Das kann eine Konsequenz auf die Stichprobenbildung haben.“

 

Der nachfolgende Auswahlplan zeigt die einzelnen Ablaufschritte bei der Auswahl einer Stichprobe.

Schritte_der_Stichprobenziehung.png
Abbildung: Schritte der Stichprobenziehung (vgl. Böhler, 2004, S. 132)

In einem ersten Schritt findet die Bestimmung der Grundgesamtheit statt, wobei eine exakte Abgrenzung dieser erforderlich ist. Dieser Schritt ist meist bereits vorher im Forschungsprozess geschehen.

Die Grundgesamtheit der Forschungsobjekte vernünftig auszuwählen, ist in der Praxis oftmals recht anspruchsvoll.

Sollen zum Beispiel die Prospekte des Elektronikhandelsriesen Saturn psychologisch optimiert werden, stellt sich die Frage nach derGrundgesamtheit an Personen, bei denen man das testen will. Soll nur die Kernzielgruppe bis zu 40 Jahren analysiert werden, sollen breitere Altersschichten ausgewählt werden, wo ist ein Schnitt sinnvoll? Für welche Region sollen die Ergebnisse gelten? Wählt man nur Personen in Deutschland, nur Personen im Einzugsgebiet der Filialen, nur Personen in Städten?
Schon dieser kleine Einblick verdeutlicht, dass hier sorgfältige Planung und logische Abgrenzungen der Grundgesamtheit erforderlich sind.

Um sicherzugehen, dass später auch nur Personen in die Stichprobe geraten, die zur relevanten Grundgesamtheit gehören, wird man als Projektleiter meist auf der erfolgten Abgrenzung der Grundgesamtheit basierend Screeningfragen definieren. Die Interviewer werden diese Fragen gleich zu Beginn von Interviews stellen und diese ggf. beenden, wenn sich herausstellt, dass eine befragte Person nicht der Grundgesamtheit angehört.

Im zweiten Schritt des Auswahlplans geht es um die Bestimmung der Auswahlgrundlage. Sie sollte eine möglichst hohe Deckung mit der Grundgesamtheit haben. Beispiele für eine Auswahlgrundlage sind Telefonbücher, eine Kundendatenbank oder eine Landkarte mit Planquadraten.

Die Festlegung des Stichprobenumfangs bestimmt, wie viele Personen, Haushalte oder andere Elemente in die Auswahl gelangen sollen.

Axel Glemser – Head of Sampling, TNS Infratest

„Die Wahl der Stichprobengröße ist eine kniffelige Frage. Es hängt im Wesentlichen an der Population, die damit abgebildet werden soll. Für bundesweite Bevölkerungsstudien ist man z.B. mit einer Stichprobengröße von 1000-1100 gut bedient.“

 

Die Festlegung der richtigen Stichprobengröße richtet sich nach praktisch- ökonomischen und statistisch- mathematischen Grundsätzen. Meist wird man nicht alle Personen in der Auswahlgrundlage befragen, sondern ein bestimmtes Verfahren zum Gewinnen einer Stichprobe einsetzen.

Im vorletzten Schritt nimmt man die Entscheidung über Auswahlprinzip, Auswahlverfahren und Auswahltechnik vor, dann folgt die Durchführung.