17. Bewusste Verfahren: Schneeballverfahren

Das Schneeballverfahren ist ebenfalls ein bewusstes Auswahlverfahren. Im ersten Schritt werden eine Personen der Grundgesamtheitbefragt. Der Interviewer bittet die Befragten nach Abschluss des Interviews, um weitere potentielle Personen, die bereit wären, an der Untersuchung teilzunehmen. Im zweiten Schritt wird dann auch mit diesen Personen ein Interview geführt.

In der Praxis könnte dies beispielsweise so aussehen, dass man einen begeisterten Sportkletterer befragt und ihn nach Beendigung des Interviews um die Telefonnummern von Bekannten bittet, die ebenfalls klettern. Nachdem diese Bekannten interviewt wurden, werden auch diese nach weiteren Bekannten gefragt. Auf diese Weise kommt man relativ schnell zu einer Stichprobe. Insbesondere bei Onlinebefragungen kann mit dem Schneeballverfahren per E-Mail mit Bitte um Weiterleitung relativ schnell eine große Personengruppe erreicht werden.

Schematisch zeigt folgende Abbildung den Prozess eines Schneeballverfahrens. Die Abkürzung „VP“ bezeichnet die Versuchsperson, durch die weitere Interviewpartner gewonnen werden sollen.

 

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Abbildung: Schneeballverfahren

 

Mitunter werden Schneeballverfahren zu Unrecht und an Stelle von wesentlich geeigneteren Verfahren eingesetzt – insbesondere im semi-professionellen Bereich. Es gibt aber Situationen, in denen Schneeballverfahren die beste Möglichkeit sind, überhaupt eine Studie durchzuführen.

Schneeballverfahren sind besonders dann geeignet, wenn man an eine Grundgesamtheit sehr schwer herankommt und keine brauchbare Auswahlgrundlage zur Verfügung hat (Menschen mit sehr seltenen Hobbys oder Berufen wie zum Beispiel Zucht von Tropenfischen oder bestimmten Krankheiten) und die Personen in der Grundgesamtheit gut vernetzt sind. Hier wäre eine Befragung breiter Bevölkerungsschichten mit Filterfragen sehr teuer und ineffizient.

In dieser Situation dreht sich die Perspektive um: Anstatt aus einer Unzahl an Fällen mit geeigneten Verfahren einige als Stichprobeauszuwählen, müssen erst einmal Fälle gesucht werden. Das kann über Inserate in Zeitungen geschehen. Von diesen Fällen kann man sich dann mit dem Schneeballverfahren immer weiter zu neuen Fällen hangeln.
Die Repräsentativität beim Schneeballverfahren leidet insofern, als das man die Teilnehmer auf Grund persönlicher Beziehungen auswählt und dadurch Gefahr besteht, sich hauptsächlich innerhalb einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zu bewegen, was allerdings bei spezifischen Fragestellungen auch erwünscht sein kann.