Technologien beeinflussen das Erleben und Verhalten in Organisationen und auf Märkten massiv.
Durch neue Technologien verändern sich Arbeitsprozesse in den Organisationen zunehmend:
- Maschinen übernehmen zunehmend die ehemaligen Tätigkeiten von Menschen (Automatisierung)
- Informationstechnologie strukturiert und kontrolliert Termine, Räume, Verantwortlichkeiten und vieles mehr
- Kommunikation und Teamarbeit ist virtuell und über große Distanz möglich
- Geschäftsreisen sind schnell und über große Distanz möglich
- Es erfolgt ein deutlicher und langfristiger Abbau von gering qualifizierter Tätigkeit
- Wachsender Qualifikationsdruck wirkt auf die Mitarbeiter: „Kompetenz“ und “lebenslanges Lernen”
Wie diese Punkte schon zeigen, sind nicht alle Auswirkungen von technologischen Fortschritt von jedem Betroffenen als positiv zu sehen.
Wirkungen, die oftmals als negativ empfunden werden, sind:
- Information-Overload für die Mitarbeiter (E-Mails und andere Kommunikationswege)
- Arbeitslosigkeit der niedrig-qualifizierten und Polarisierung der Gesellschaft
- Kontrolle und gläserne Mitarbeiter
- durch Telearbeit Entfremdung von der Unternehmung, soziale Verarmung und erschwerte Teamkoordination
- Wissensmanagement enteignet Experten
- Verlagerung der Entscheidungen in die Technologie (z.B. bei Aktienkäufen)
- Cyberloafing der Mitarbeiter
Dem stehen natürlich meist als positiv gewertete Effekte gegenüber:
- Kommunikation und Information werden beschleunigt und verbessert
- Die Arbeit wird generell sauberer, weniger körperlich belastend und oft interessanter
- Arbeit wird auch flexibler in Zeit und Raum
Bsp: Telearbeit, „Working from Home“ in D 8%, in Finnland 17%, die bereits zwei oder mehr Tage die Woche von zu Hause aus arbeiten.
Das führt meist zu höherer Produktivität, weniger Fluktuation und Fehlzeiten und mehr Bewerbern auf freie Stellen. - Insgesamt besteht durch Automatisierung für Gesellschaften weniger Arbeitsbelastung und mehr Freizeit
- Die klare Trennung von Kopf- und Handarbeit geht zurück
- Kontrolle, Effizienz und Präzision wird in vielen Bereichen und Prozessen verbessert
Herausforderungen für die Organisationspsychologie ist es, die positiven Konsequenzen von neuen Technologie für die Arbeitnehmer und die Unternehmen zu fördern und negative Folgen vermindern. Dafür sollten Organisationspsychologen bereits in der Planungs- und Vorbereitungsphase eingebunden werden, um die entsprechenden Herausforderungen anzugehen.
Im Vorfeld sind Organisationspsychologen wie bei jedem Change gefragt, die Akzeptanz bei den Betroffenen zu fördern.
Insbesondere vor der Einführung und während der Einführung sind die damit verbundenen Wirkungen auf Erleben und Verhalten der Mitarbeiter bedeutsam. z.B. Usability, Motivation auf Distanz, soziale Beziehungen (Vertrauen, Bindung) und Kommunikation auf Distanz (neue Bedeutung von sozialer Kompetenz).
Hierzu sind technologische und betriebswirtschaftliche Zusatzqualifikationen wesentlich, um das Gesamtsystem zu verstehen und „mitreden“ zu können.
Auch an der Schnittstelle von Organisation und Markt zeigen sich deutliche Herausforderungen für die Wirtschaftspsychologie. Der Trend von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft ist vor allem durch die wachsende Automatisierung vieler bislang arbeitsintensiver Prozesse getrieben.
Diese Entwicklung setzt sich weiter fort. Im Jahr 2004 waren laut statistischem Bundesamt in Deutschland über 70 Prozent der Arbeitnehmer im Dienstleistungssektor beschäftigt, in den USA über 80 Prozent.
Personal wird dadurch zunehmend zur zentralen Marketingvariable: Gerade im Dienstleistungsbereich ist die Person dessen, der die Leistung erbringt, besonders wichtig für die Kundenzufriedenheit und die Markenwahrnehmung. Relevant sind hier die Personalauswahl und die Kommunikation, die bei Dienstleistern über den Mitarbeiter als zentralen Kundenkontaktpunkt erfolgt. Gestaltung von langfristigen Kundenbeziehungen und Vertrauen stellen eine zentrale wirtschaftspsychologische Herausforderung in diesem Bereich dar.
Die technologische Entwicklung beeinflusst auch das Verhalten von Konsumenten.
Ein digitaler Lebensstil, bei dem der Medienanteil zunehmend in den Onlinebereich verschoben wird, kennzeichnet immer breitere Schichten der Bevölkerung.
So verbringen zahlreiche Menschen viel Zeit in digitalen Sozialen Netzwerken oder in Onlinespielen.
Auch die Suche von Informationen zu Angeboten und Kaufprozesse haben sich stark in die digitale Welt verlagert.
Wichtige Forschungsgebiete für die Wirtschaftspsychologie sind entstanden:
- Ablauf, Messung und Optimierung von Informationssuchprozessen im Internet
- Usability und Optimierung von Homepages
- Präsentation von Produkten und Dienstleistungen im Internet
- Psychologische Optimierung von Geschäftsprozessen auf Onlineplattformen
- Marktforschung und psychologische Datengewinnung in Onlinemedien
Das nächste Kapitel beschreibt die sozio-kulturellen Trends.