16. Soziale Klassen und soziale Schichten

Jede Gesellschaft ist durch eine Hierarchie geprägt. Diese wird oft als soziale Schichten oder soziale Klassen bezeichnet.
Diese Struktur und deren Veränderung sind für das Erleben und Verhalten von Menschen im Wirtschaftskontext sehr relevant.

Das gilt einmal für das Verhalten auf Märkten. Soziale Klassen haben ein unterschiedliches Prestige in der sozialen Wahrnehmung, unterschiedliche soziale Macht und verfügen über unterschiedliche Ressourcen.
Mitglieder einer Klasse zeigen zudem meist ein ähnliches Verhalten und haben ähnliche Werte und Lebensstile.
Das alles macht es bedeutsam, diese Gruppen zu identifizieren, abgrenzen und in der Entwicklung vorhersagen zu können, da ähnliche Konsummuster vorhanden sind.

Soziale Interaktion findet zudem überwiegend innerhalb einer Klasse statt. Hier ist ein starker Bezug zur Personalpsychologie gegeben.
Soll etwa jemand als Verkäufer eine bestimmte Zielgruppe erreichen können, muss er sich in dieser Schicht bewegen können. Gleiches gilt für Führungsaufgaben.
Hier liegt auch einer der verdeckten Gründe für die oftmals von Idealisten beklage “soziale Undurchlässigkeit” der Gesellschaft. Eine fachliche Qualifikation alleine reicht nicht aus, um sich in einer gehobenen Gesellschaftsschicht bewegen zu können. Herkunft und damit Sozialisation sind wichtige, oft übersehene, Prädiktoren für den beruflichen Erfolg.

Wie kann überhaupt die soziale Schicht festgelegt werden? Für die soziale Schicht gibt es mehrere Indikatoren:

  • Berufstätigkeit: Ist ein Hauptindikator für soziale Schicht in westlichen Nationen. Je hochqualifizierter die Tätigkeit, desto höher das Prestige.
  • Bildungsstand: Das Ausbildungsniveau ist der beste Prädiktor für zukünftigen Status, Einkommen und Konsumverhalten.
    Personen mit Studium verdienen in den USA über das doppelte und sind im Vergleich mehr als dreimal häufiger in Managementpositionen als Personen ohne Studium.
  • Soziale Herkunft: Beeinflusst über Kontakte, Besitz und Sozialisation den Status.
  • Einkommen und Geld: Ist für sich allein gestellt weniger wesentlich als oft angenommen für die soziale Klasse. Auch Menschen mit wenig Geld, haben oftmals einen hohen sozialen Status. Einkommen und Geld steigen mit dem Alter, dennoch steigt der Status nicht automatisch mit. Das zeigt sich auch in der Konsumrelevanz. Das Einkommen bestimmt zwar, was man sich leisten kann, den konkreten Konsum beeinflusst aber viel stärker die soziale Schicht.

 

Was ist über die Struktur sozialer Schichten bekannt?
Es gibt natürlich erhebliche Unterschiede zwischen Kulturen und Gesellschaften, doch meist kann grob zwischen Oberschicht, Mittelschicht und Unterschicht abgegrenzt werden. Die Oberschichten verschiedener Kulturen sind sich meist ähnlicher als zu den anderen Schichten im eigenen Kulturkreis. Sie sind global und kosmopolitisch orientiert. Je niedriger die soziale Klasse, desto lokaler das Verhalten (etwa Ernährung). Dabei zeigen sich massive internationale Unterschiede in der Spanne der sozialen Schichten.
So kann man im (marktwirtschaftlichen) Deutschland gar nicht wirklich von einer Unterschicht im internationalen Maßstab sprechen. Durch enorme Sozialtransfers wird ein ökonomisch vergleichsweise sehr hoher Lebensstandard für niedrigst-qualifizierte und beruflich untätige Personen geschaffen.
Anders ist die Situation im (kommunistischen) China. Ein Ingenieur hat hier ein Gehalt, das netto oftmals durchaus mit europäischen Maßstäben konkurrenzfähig ist, von der Kaufkraft ohnehin weit überlegen ist. Dafür bekommt eine Haushälterin oder Putzfrau in China weniger als einen Euro in der Stunde.

 

Ein weiterer Punkt von Interesse ist die Durchlässigkeit der sozialen Schichten, die soziale Mobilität.
Die Befunde sind hier eindeutig. Bildung ist das Zauberwort für sozialen Aufstieg. Herausforderung für die Unteren Schichten ist aber, dass die familiäre Herkunft sowohl in Deutschland als auch den USA auch mit entscheidend beim Bildungserfolg ist. Angehörige der Unterschicht erreichen wesentlich seltener Hochschulabschlüsse und Anstellungen mit hohem sozialem Status. Neben vererblichen Einflüssen werden hier auch sozialisatorische Einflüssen zur Erklärung des schlechteren Bildungsverhaltens genannt. Weniger beachtet aber für westliche Industrienationen wesentlich aktueller ist der soziale Abstieg. Dieser nimmt in den westlichen Industrienationen dramatisch zu. Gründe: dafür sind Offshoring von Arbeitsplätzen, Technologie und Automatisierung sowie die Verschlankung von Führungsstrukturen.
Welche Schicht beeinflusst die anderen Schichten auf welche Art?
Einflüsse auf die anderen Schichten sind wechselseitig.
Trickle-Down-Effect: Das Verhalten der Oberschicht wird von anderen Schichten nachgeahmt und sickert die soziale Leiter nach unten. Beispielsweise werden beliebte Namen der Oberschicht übernommen.
Status Float: Verhalten der unteren Schichten wird aber auch von anderen Schichten übernommen, z.B. Blue-Jeans und Tattoos.
Das nächste Kapitel beschreibt den Einfluss der sozialen Schicht auf den Konsum.