6. Ökonomische Psychologie

Die Ökonomische Psychologie (auch Psychologie gesamtwirtschaftlicher Prozesse genannt) ist die empirische Wissenschaft vom Erleben und Verhalten der Menschen auf volkswirtschaftlicher Ebene.

Letztendlich sind die Entscheidungen und das Verhalten von Individuen die Basis für gesamtwirtschaftliche Ereignisse. Klassische ökonomische Ansätze waren weder in der Lage jüngere Entwicklungen wie die fehlende Bereitschaft zur privaten Altersvorsorge oder die Kreditblasen am Immobilienmarkt in den USA vorher zu sagen, noch diese zu erklären und wirksame Handlungsstrategien abzuleiten. Vor diesem Hintergrund erleben wir eine bisher nie da gewesene Öffnung der Ökonomie für psychologische Ansätze. Daher erlebt die Ökonomische Psychologieauch unter dem Titel Behavioral Economics einen Aufschwung.

Wichtige Themenfelder der ökonomischen Psychologie sind die Bereiche Konsum, Investition, Steuern, Arbeit, Unternehmertum oder auch Steuern.

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Abbildung: Themenfelder der ökonomischen Psychologie

 

Klassische angewandte Fragestelllungen der Ökonomischen Psychologie wären etwa:

  • Wie kann Schwarzarbeit eingedämmt werden und mehr Steuerehrlichkeit erreicht werden?
  • Von welchen Faktoren hängt die Konsumbereitschaft ab?
  • Wie kann die Bereitschaft bei Unternehmen zum Schaffen von Arbeitsplätzen gesteigert werden?
  • Wie kann private Altersvorsorge angeregt und gefördert werden?
  • Wie kann die Entscheidung zu studieren erhöht werden?

Ein gesamtwirtschaftlicher Bereich in dem Psychologie bereits länger als wesentlicher Faktor im Wirtschaftsgeschehen bekannt und akzeptiert ist, ist der Konsumbereich. Mit dem Optimismusindex von George Katona (Katona, 1960) kann exemplarisch gezeigt werden, dass die Beachtung psychologischer Aspekte wichtig zur Verbesserung von ökonomischen Modellen ist. So hat der Optimismusindex unter vielen Bezeichnungen, wie etwa Konsumklima, breiten Einzug in die Anwendung und öffentliche Aufmerksamkeit gefunden und beeinflusst letztendlich selbst stark Entscheidungen, etwa an der Börse.

Der Optimismusindex selbst ist ein vergleichsweise sehr simples psychometrisches Instrument, das in der Ursprungsform aus lediglich acht Fragen zu vier Themengebieten aufgebaut ist. Dies soll kurz dargestellt werden.

 

Der Optimismusindex
Insgesamt werden vier Themengebiete mit jeweils zwei Fragen erhoben.

Einstellungen zur eigenen finanziellen Lage:

  • Besser oder schlechter als vor einem Jahr.
  • Erwartung einer Verbesserung oder Verschlechterung in den nächsten 12 Monaten.

Einstellungen zur allgemeinen Wirtschaftslage:

  • Erwartete Wirtschaftslage in den nächsten 12 Monaten.
  • Erwartete Wirtschaftslage in den nächsten 5 Jahren.

Einstellungen zur Marktlage:

  • Günstige oder ungünstige Zeit zum Kauf von Haushaltsgegenständen.
  • Preiserwartungen für die nächsten 12 Monate.

Kaufabsichten:

  • Absicht, während der nächsten 12 Monate ein Automobil zu kaufen.
  • Absicht, während der nächsten 12 Monate ein Eigenheim zu kaufen.

Die Fragen des Optimismusindex können jeweils mit “ja” oder “nein” beantwortet werden.
Trotz dieser vergleichsweise einfachen Form ist der Optimismusindex in der volkswirtschaftlichen Masse gut geeignet, Vorhersagen über künftiges Konsumverhalten zu treffen.

Die bisher geschilderten Teildisziplinen der Wirtschaftspsychologie (Marktpsychologie, Konsumentenpsychologie, Marketingpsychologie, Werbepsychologie, Ökonomische Psychologie) lassen sich unter den Bereich des Marktes zusammenfassen.  Der zweite große Bereich der Wirtschaftspsychologie ist der Bereich der Organisationspsychologie. Hier lassen sich die Teildisziplinen Arbeitspsychologie und Personalpsychologie zuordnen.
Nachfolgende Kapitel stellen diesen Bereich dar.