3. Non-Response als Herausforderung bei Stichproben

Die Repräsentativität einer Befragung hängt stark ab von der Rücklaufquote, auch Response-Rate genannt. Diese Rate sinkt global kontinuierlich.

Hier unterscheidet man nach Item Non-Response (Nichtbeantwortung einer oder mehrerer einzelner Fragen) und Unit Non-Response(Nichtbeantwortung des kompletten Fragebogens). Letztere wird nun explizit behandelt. Ein Unit Non-Response setzt sich zusammen aus zwei Komponenten. Dem Non-Contact (also der Nicht-Erreichbarkeit der Zielperson) und der Verweigerung einer Teilnahme durch die Zielperson.

Die Rücklaufquote beschreibt das Verhältnis von tatsächlich abgeschlossenen Befragungseinheiten zu allen insgesamt versuchten Befragungen, also der Rücklauf geteilt durch die (evtl. um Irrtümer bereinigte) Stichprobe.

 

Insgesamt ist die Entwicklung bei Rücklaufquoten besorgniserregend. Gerade bei der schriftlichen, unpersönlichen Befragung ist eine sehr geringe Teilnahmebereitschaft typisch. Laut einer Metaanalyse (de Leeuw & de Heer, 2001), die Untersuchungen mit verschiedenen Erhebungsmethoden in 16 europäischen Ländern und Nordamerika berücksichtigt, steigen die Noncontact-Rate sowie die Verweigerungs-Rate jährlich um 0,3 Prozent an. Andere Forscher geben sogar einen Wert von insgesamt 1,5 Prozentpunkten pro Jahr für den Rückgang der Ausschöpfungsquoten seit 1996 an (Curtin, Presser & Singer, 2005).

 

Gerhild Abler – Sector Head Travel, Transport and Tourism, TNS Infratest

„Wir erleben das Phänomen, das die Teilnahmebereitschaft stetig abnimmt. Es gibt eine Überfischung des Marktes und man erkennt auch eine Polarisierung, dass es Zielgruppen und Teile der Bevölkerung gibt, die von vornherein nicht für bestimmte Fragestellungen zur Verfügung stehen. Dann gibt es auch andere, besonders Leute, die relativ marketingnah sind und verstehen, dass sie durch die Teilnahme an der Studie auch eine Hebelwirkung haben und das Aussehen oder Eigenschaften des Produkts beeinflussen können.“

 

Warum sind sinkende Ausschöpfungsquoten ein Problem für die Markt- und Sozialforschung? Die Antwort ist, weil die Repräsentativität der Umfrage leidet. Denn durch Personen, die nicht erreicht werden wollen bzw. nicht antworten wollen, gerät das Modell der Zufallsauswahl ins Wanken. Zufallsauswahl bedeutet, dass jedem Element der Grundgesamtheit vor der Stichprobenziehung eine Wahrscheinlichkeit zugeordnet werden kann, in die Stichprobe zu gelangen, die bekannt und größer Null ist. Nur dann lassen sich nach der Erhebung mittels Hochrechnung Rückschlüsse von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit ziehen. Für den Fall, dass ein oder gar mehrere Elemente der Grundgesamtheit nicht erreicht werden, verliert das Modell seine Gültigkeit, weil die Wahrscheinlichkeit eines Interviews im Nachhinein bei Null liegt (obwohl dem Element vor der Ziehung eine positive Ziehungswahrscheinlichkeit zugeordnet wurde).

Ausfälle bei einer Stichprobe können daher zu Unterschieden zwischen Befragten und Non-Respondern führen. Somit weicht eine Schätzung der Mittelwerte auf Basis der tatsächlich Befragten vom tatsächlich realen Mittelwert ab. Dieses Phänomen wird erklärt durch den so genannten Non-Response Bias. Dieser wird tendenziell umso größer, je höher der Anteil der Nichtantworter ist und je deutlicher sich Antworter und Nichtantworter in ihrer mittleren Antworttendenz unterscheiden. Ist der Unterschied zwischen Antwortern und Nichtantwortern gleich Null, so wird auch der Non-Response Bias gleich Null.

Es können sich auch bereits wenige Nicht-Befragte sehr stark von den Befragten unterscheiden. Demnach können auch geringe Ausfälle dafür verantwortlich sein, dass das Ergebnis verzerrt wird, bzw. nicht korrekt auf die Grundgesamtheit übertragbar ist. Da in der Praxis Ausschöpfungsquoten von 100% so gut wie nie erreicht werden können, gibt es keine Garantie für Repräsentativität, auch bei vergleichsweise hohen Rückläufen. Höherer Response bringt nichts für die Repräsentativität, wenn sich die zusätzlichen Teilnehmer genauso wie die bisherigen von der Grundgesamtheit unterscheiden.

Bei einer hohen Rücklaufquote ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass die Ergebnisse auf die Grundgesamtheit verallgemeinerbar sind. Aus diesem Grund sollte diesen Entwicklungen unbedingt entgegengewirkt werden.

 

Non-Response gefährdet nicht nur die Repräsentativität von Untersuchungen und damit die Validität der Ergebnisse überhaupt.

Er führt auch zu Kostensteigerung bei Telefon, schriftlichen und anderen Befragungen. Versunkene Kosten entstehen bei einer postalischen Befragung schon beim Erstversand. Die Kosten, die in eine Befragung investiert werden steigen zusätzlich mit jeder Nachfassaktion. Das sind Kosten, die einmal ausgegeben, nicht mehr zurückerstattet werden können.

Zusammengefasst bedeutet dies, das alles dafür getan werden sollte, einen möglichst hohen und unverzerrten Rücklauf zu erhalten.