In der Praxis haben sich zahlreiche Formen und Arten als Konzepte für Gruppendiskussionen heraus entwickelt und für verschiedene Ziele bewährt.
Abbildung: Konzepte für Gruppendiskussionen
Bei der kombinierten Gruppendiskussion werden Einzelinterview und Gruppendiskussion kombiniert. Im ersten Schritt wird ein Interview zur Erkenntnis der subjektiven Meinung durchgeführt, daraufhin eine Gruppendiskussion, um die Standhaftigkeit der subjektiven Meinung unter Einfluss der Gruppe zu erkennen. Abschließend wird im Einzelinterview die eventuelle Änderung der subjektiven Meinung hinterfragt. Besonders ergiebig ist diese Methode wenn die spontane Einstellung wie auch die Veränderung dieser Einstellung im sozialen Spannungsfeld von Interesse sind (vgl. Salcher, 1995, S. 52). Innerhalb einer kombinierten Gruppendiskussion kann es zum Einsatz von Paper-Pencil-Material kommen. Dabei handelt es sich um einen kurzen Fragebogen, der in der Gruppe ausgeteilt und von jedem Teilnehmer individuell beantwortet wird. Die Auswertung erfolgt dann bei Fragen, mit geschlossener Fragestellung, quantitativ. Durch Paper-Pencil können den Teilnehmern auch Werbetexte oder Beschreibungen eines Produkts vorgelegt werden. Es werden zwei verschieden farbige Stifte ausgeteilt (am besten rot und grün), mit denen positiv bzw. negativ empfundene Aspekte durch die entsprechende Farbe im Text markiert werden sollen.
Anke Bathelt – Projektleiterin, klare Antworten GmbH / TNS Infratest |
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„Paper-Pencil Material wird immer dann eingesetzt, wenn man von der Gruppendynamik unbeeinflusste Ergebnisse haben möchte. So kann man Effekte von Meinungsführern kontrollieren. Außerdem hat P&P den Vorteil, dass sich die Teilnehmer aktiv ein Urteil bilden (müssen). Dieses können sie in der Gruppe dann auch leichter vertreten, weil sie sich schon Gedanken gemacht haben. P&P sollte wohl dosiert eingesetzt werden, d.h. immer dann, wenn man beispielsweise ein neues Konzept zur Bewertung vorlegt und diskutieren möchte. Wohl dosiert meint ebenfalls, dass man auch zu viel P&P einsetzen kann, d.h. es bleibt nicht genügend Zeit für eine ausführliche Exploration, die aber ist nötig, um zu verstehen, welche Beweggründe und Motive einen Teilnehmer antreiben. (Sonst könnte auch eine quantitative Umfrage durchgeführt werden). Bei einigen Projekten konnte anhand des P&P-Materials bei der Auswertung ein interessanter Zusammenhang zwischen verschiedenen Gruppendiskussionen und den dort hervorgegangenen Meinungen entdeckt werden. Handelte es sich in der einen Gruppe um Light-User des Produkts und in der anderen um Heavy-User, so konnten klar erkennbare Unterschiede im Ausfüllen der Fragebögen gefunden werden. So konnte vor allem erkannt werden, wo Unterschiede in der Toleranzgrenze für Werbung zwischen Viel-Verwendern und Wenig-Verwendern eines Produktes liegen. Je nachdem, welche Zielgruppe der Auftraggeber mit Werbung ansprechen will, können dann geziehlt Handlungsempfehlungen gegeben werden.“ |
Durch einen vom Marktforschungsinstitut eingeschleusten Advocatus Diaboli gibt es bei der kontradiktorischen Gruppendiskussion in der Gruppe eine Person, die zu widersprechen beginnt, sobald sich eine Gruppenmeinung heraus zu bilden scheint. Das Prinzip ist dabei, durch Provokation mehr Motivation zur Beschäftigung mit dem Thema hervorzurufen. So sollen Entscheidungsautomatismen und Gruppendenken verhindert werden. Das Ziel ist hier, zu erkennen, welche Vor- und Nachteile eine Produktidee hat und wie leicht der Verbraucher seine Meinung ändert oder mit welchen Argumenten er seine Meinung verteidigt. Wird die Einstellung einer Gruppe auch bei starker gegenteiliger Beeinflussung bei-behalten, ist die kollektive Einstellung also nicht zu erschüttern, so lässt sich auf eine wirklich stabile Einstellung schließen (vgl. Salcher, 1995, S. 55).
Eine exzessive Gruppendiskussion geht über einen normalen und auch ertragbaren zeitlichen Rahmen hinaus. Oft dauern diese Diskussionen bis zu acht Stunden. Ziel ist es, kognitive Kontrollinstanzen auszuschalten und so nur mehr emotionale, nicht aber rationale Meinungen zu erhalten.
Bei der Two Way Focus Gruppendiskussion wird in der ersten Hälfte der Gruppendiskussion wird bei dieser Variante frei unter den Teilnehmern diskutiert und die Auftraggeber können die Gruppe dabei ohne aktive Teilnahme beobachten. In der zweiten Hälfte kommt der Auftraggeber aktiv hinzu und diskutiert aufgrund der in der vorhergehenden Runde gewonnenen Eindrücke mit. Diese Variante sollte jedoch nur nach reichlicher Überlegung gewählt werden, da hier ethische Probleme entstehen.
Bei den zunehmend populären Mini-Groups handelt es sich um Gruppendiskussionen mit einer geringen Teilnehmerzahl, meist vier Personen. Vorteile sind hier, die schnelle Organisation und die Möglichkeit für den Moderator, sich intensiv mit einzelnen Teilnehmern auseinandersetzen zu können. Anwendung finden sie vor allem bei sensiblen und tabuisierten Themen, aufgrund höherer Intimität bei geringerer Zuhörerschaft. Auch eignen sie sich gut für Expertengespräche aufgrund eines offenen und selbstbewussten Umgangs mit dem Thema. Hinzu kommt der Vorteil einer flexiblen organisatorischen und finanziellen Ausgestaltung. Des Weiteren eignet sich diese Form der Diskussion durch eine intensive und individuelle Zuwendung und Führung durch den Moderator besonders bei Kindern (vgl. Kepper, 1994, S. 71).
Die Kreative Gruppendiskussion und die Kumulative Gruppendiskussion werden in einzelnen Kapiteln behandelt.