1. Die Gruppendiskussion in der Marktforschung

Im Folgenden werden die Methode der Gruppendiskussion und ihre unterschiedlichen Formen näher beschrieben. Gängig sind heutzutage zwei Bezeichnungen für dieses Verfahren, die europäische, nämlich die „Gruppendiskussion“ und die amerikanische, die „Focus Groups“.

 

Man kann die Gruppendiskussion definieren, als gezielt hervorgerufenes Gespräch einer Gruppe von Untersuchungspersonen zu einem bestimmten Thema mit dem Ziel der Informationsgewinnung.
In einer Gruppendiskussion diskutieren meist vier bis zehn Teilnehmer unter Leitung eines erfahrenen Moderators. Der normalerweise übliche Zeitrahmen beträgt zwei bis zweieinhalb Stunden. Herausstechender Unterschied zu anderen Verfahren der Marktforschung ist die Interaktion der einzelnen Befragten. Die Besonderheit der sozialen Interaktion ist auch meist mit den Zielen einer Gruppendiskussion verbunden.


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Abbildung: Gruppendiskussion

 

Bei der Gruppendiskussion geht es darum, tiefer liegende oder latente Einstellungen, Werte und Meinungen zu erfassen, die erst auftreten können, wenn das Individuum in Zusammenarbeit mit der Gruppe dazu angeregt wird, den gemeinsamen, gruppenspezifischen Standpunkt heraus zu arbeiten. Einstellungen sind häufig so stark in soziale Zusammenhänge eingebunden, dass sie nur in Gruppendiskussionen erhebbar sind. Hier auch kollektive Einstellungen erhoben werden (vgl. Berekoven, Eckert & Ellenrieder, 2001, S. 92).

 

Konkrete Einsatzbereiche von Gruppendiskussionen sind häufig:

  • Entwürfe einem ersten „Quickcheck“ zu unterziehen (Konzepte, Produkte, neues Produktfeld eines Unternehmens, Verpackungen, Werbemittel, etc.),
  • Produktevaluationen durchzuführen,
  • Pretests von Fragebögen,
  • Aspekte einer neuen Thematik zu sammeln,
  • Hinweise auf Änderungsbedarf und konkrete Verbesserungsmöglichkeiten für Werbemittel, Produkte und Fragebögen zu gewinnen.

 

Anke Bathelt – Projektleiterin, klare Antworten GmbH / TNS Infratest

“Typische Vorteile gegenüber Einzelinterviews sind die schnellere Realisierbarkeit, man erhält Ergebnisse in kürzerer Zeit als bei Einzelinterviews. Ein Vorteil ist auch die anregende Interaktivität in den Gruppen. Durch den Meinungsaustausch der Teilnehmer untereinander, kann ein breiteres Verständnis von Bedürfnissen, Einstellungen, Auswahlmotiven etc. erhalten werden. Die Erkenntnistiefe, sowie die Aufdeckung von Aspekten, deren Einfluss vorher nicht bekannt ist, d.h. von denen man noch nicht ahnt, dass sie relevant sind und in welcher Hinsicht sie wirksam werden, stellen eine große Chance dar.

Zudem kann qualitative Marktforschung durch eine Gruppendiskussion einen wichtigen Beitrag für die Operationalisierung von zielführenden, quantitativen Fragen liefern.

Es gibt aber auch Grenzen. So sind Einzelinterviews besser geeignet, wenn die Anwesenheit von anderen, fremden Personen das Antwortverhalten beeinflusst oder ganz hemmt und wenn Zielpersonen befragt werden sollen, die nur sehr schwer für einen gemeinsamen Termin zusammengebracht werden können.
Weiterhin sind Gruppendiskussionen natürlich nicht von Vorteil, wenn man Quantifizierungen benötigt, etwa für Kosten-Nutzen-Modelle oder für die Überprüfung von Business-Modellen, bei denen man die Größe von Kundenpotenzialen sehr genau kennen muss, um zu ermitteln, welche Szenarien sich rechnen und welche nicht.“