3. Formen der Beobachtung in der Marktforschung

Beobachtungsverfahren lassen sich ähnlich wie Befragungen anhand von mehreren Aspekten abgrenzen.

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Abbildung: Formen der Beobachtung

Zentrale Aspekte zur Abgrenzung von Beobachtungsverfahren sind:

  • Bei den Zugangsweisen lässt sich direkte Beobachtung von indirekter Beobachtung über technische Verfahren oder von indirekter Beobachtung über Verhaltensspuren abgrenzen.
    Direkt
    kann Beobachtung stattfinden, wenn beispielsweise über Einwegspiegel Teilnehmer von Gruppendiskussionen beobachtet werden oder Konsumenten beim Einkauf ohne ihr Wissen von Marktforschern verfolgt und beobachtet werden. Beim Mystery-Shopping tarnen sich Marktforscher als Kunden und Beobachten das Verhalten von Verkäufern und die Situation in Niederlassungen.
    Indirekte Beobachtung über technische Verfahren ist ein gigantisches und zunehmend wachsendes Feld. Dazu zählt einmal die relativ primitive Aufzeichnung von Videos bei Gruppendiskussionen oder von Kunden in Geschäften. Es zählen aber auch alle Apparativen Verfahren dazu die physiologische Indikatoren wie Hautleitwiderstand, Pupillenreaktion, Hirnaktivität oder Atmung erfassen. Diese werden an anderer Stelle im Detail beschrieben. Ein mittlerweile enormes Feld der indirekten Beobachtung ist im Internet. Analysetools tracken das Verhalten von Surfern oder Besuchern von Homepages. Suchmaschinen erstellen umfangreiche Benutzerprofile. Ähnliches gilt für Bonuskartensysteme wie Payback der Firma Loyalty Partner, mit dem sehr umfangreiche Kundenprofile und Nutzungsdaten erstellt werden können. Auch die Scannerkassen in den Geschäften tragen ihren nicht unbedeutenden Teil zur Verhaltensanalyse von Kunden bei.
    Mitunter wird noch ein anderer indirekter Zugang gewählt, die Analyse von Verhaltensergebnissen.
    Verhaltensergebnisse sind Spuren, die Rückschlüsse auf das tatsächliche Verhalten von Marktteilnehmern erlauben. Ein anschauliches Beispiel sind die Mülltonnen von Haushalten. Diese sind eine hervorragende Quelle, um Ernährungsgewohnheiten und anderen Konsum zu erfassen. Das Ganze ohne Reaktivität und vollbiotisch. Wesentlich unspektakulärer und auch verbreiteter ist die Analyse von Verhaltensergebnissen wie beispielsweise Absatzzahlen in bestimmten Regionen.
  • Beobachtung kann anhand der Festlegung von Beobachtungskategorien differenziert werden.
    Häufig sind die Kategorien ganz klar vorgegeben. Es soll zum Beispiel untersucht werden wie lange Zuschauer auf welche Stelle eines Werbespots sehen oder wie häufig sie ein bestimmtes Produkt aus dem Regal nehmen und betrachten.
    Mitunter werden aber keine Kategorien vorgegeben, sondern es geht nur darum, den Kunden kennen zu lernen. Er wird dann z.B. im Geschäft und zu Hause (natürlich mit Einverständnis) beobachtet wie er mit einem Produkt umgeht und in welchen Situationen er es verwendet. Das würde man klassischerweise als qualitative Beobachtung bezeichnen.
  • Auch die Bobachtungssituation kann unterschiedlich festgelegt sein.
    Manchmal interessiert nur Verhalten in einer ganz konkreten Situation, zum Beispiel das Verhalten in der Warteschlange an der Kasse.
    Manchmal interessiert aber auch das Alltagsverhalten von Kunden in jedweden Situationen, um etwa Ideen für effektivere Werbung oder neue Angebote im Produktprogramm  zu bekommen.
  • Beobachtung kann als Sozialform einzelne Personen betreffen aber auch ganze Gruppen. Gruppen werden beobachtet wenn es beispielsweise um sozialen Einfluss beim Einkauf geht. Eine beispielhafte Forschungsfrage wäre: Wie stark beeinflussen Kinder die Eltern bei der Auswahl von Frühstücksflocken?

Eine Sonderform der Beobachtung ist die sogenannte Teilnehmende Beobachtung oder Aktionsforschung. Hier nimmt der Beobachter teil an der sozialen Umwelt der Beobachteten und steht in Interaktion mit diesen. Derartige Ansätze, die oft in der Ethnologie eingesetzt werden, können vertiefte Einblicke gewähren.
Beispielsweise könnte sich ein Marktforscher als Tuning-Fan tarnen und an entsprechenden Events der Szene teilnehmen, Personen begleiten, beobachten und befragen. Entscheidend ist hier darauf zu achten, dass das Verhalten der beachteten Personen durch den anwesenden Forscher möglichst wenig beeinflusst wird.

 

Teilweise wird in Lehrbüchern und in der Praxis auch von Eigenbeobachtung gesprochen. Eigenbeobachtung setzt voraus, dass der Beobachter und die beobachtete Person identisch sind und die Person dem Versuchsleiter das beobachtete Verhalten berichtet. Bei der Fremdbeobachtung wird die zu untersuchende Person von einer anderen Person beobachtet und deren Verhalten von dieser interpretiert.
Diese Form der ‘Beobachtung‘ ist bei genauerem Hinsehen keine Beobachtung, sondern eine simple Befragung. Daher ist dieser verwirrende und unnötige Begriff zu kritisieren und sollte nicht verwendet werden.